"Gewicht von Schultern genommen": Johann Zarco feiert ersten MotoGP-Sieg

Nach 119 MotoGP-Rennen ohne Sieg triumphiert Johann Zarco auch für ihn überraschend auf Phillip Island und zeigt nach sieben Jahren wieder den "Backflip"

(Motorsport-Total.com) - Im 120. Anlauf hat es Johann Zarco endlich geschafft, ein MotoGP-Rennen als Sieger zu beenden. Im spannenden Grand Prix von Australien 2023 auf Phillip Island, der ausnahmsweise schon am Samstag stattfand, setzte sich Zarco durch, nachdem Pramac-Ducati-Teamkollege Jorge Martin vom Start bis in die letzte Runde hinein in Führung gelegen hatte.

Titel-Bild zur News: Johann Zarco

Erlösung: Johann Zarco bejubelt seinen ersten MotoGP-Sieg Zoom

Die Reifenwahl und das Abwarten Zarcos über weite Strecken des Rennens gaben letztlich den Ausschlag, dass er es war, der als Sieger auf dem Podium jubelte. Bevor es zur Siegerehrung ging, zeigte Zarco aber erstmals seit seinem Sieg beim Moto2-Saisonfinale 2016 in Valencia wieder sein Markenzeichen: den Rückwärtssalto, besser bekannt als "Backflip".

Wie ordnet Zarco seinen Triumph nach 119 sieglosen Rennen in der Königsklasse ein? "Das ist wirklich sehr emotional und ehrlich gesagt im ersten Moment schwer zu realisieren. Es ist wie wenn ein Gewicht von meinen Schultern genommen wird", sagt der 33-jährige Franzose, dessen Zeit im Pramac-Team in wenigen Wochen nach drei Saisons zu Ende geht.

"Wenn du das beste Motorrad fährst, du aber nicht das perfekte Gefühl damit hast, dann fällt es schwer, Chancen zu finden und nutzen, weil der Wettbewerb so hart umkämpft ist. Wenn dann mal ein Tag kommt, an dem du glaubst, dass du gewinnen kannst, ist vielleicht ein anderer Fahrer noch einen Tick stärker als du", erklärt Zarco und weiter: "Du musst einfach immer dranbleiben und darfst nie aufgeben. Das ist nicht einfach, aber heute war mein Tag."

Überholmanöver in letzter Runde: Nicht an Jorge Martin gedacht

Dabei dachte Zarco im Verlauf des 27-Runden-Rennens auf Phillip Island lange Zeit gar nicht an den Sieg. "Jorge ist vorne auf und davon gefahren", spricht er auf das hohe Tempo seines Teamkollegen Jorge Martin an. Der Spanier aber war als einer von nur drei Fahrern mit dem weichen Hinterreifen unterwegs. Damit gelang es ihm zwar, einen Vorsprung von mehr als drei Sekunden herauszufahren. In der Schlussphase aber ließ der Grip derart nach, dass Martin nur auf P5 ins Ziel kam.

"Ich war überrascht, wie viel langsamer er in den letzten fünf Runden wurde", sagt Zarco und bekennt: "Erst ab fünf Runden vor Schluss begann ich zu verstehen, dass ich heute etwas Fantastisches erreichen kann." Eingangs der letzten Runde hatte Martin nur noch 0,4 Sekunden Vorsprung. Zarco fuhr an zweiter Stelle, nachdem er kurz zuvor Francesco Bagnaia überholt hatte.

Johann Zarco, Jorge Martin, Francesco Bagnaia, Brad Binder, Fabio Di Giannantonio

Vor Kurve 4 der letzten Runde: Zarco greift Teamkollege Jorge Martin an Zoom

Das Manöver, mit dem Zarco schließlich von seinem Teamkollegen die Führung übernahm, kam in der letzten Runde in der engen Rechtskurve, die nach Jack Miller benannt ist (Kurve 4). Dachte er in diesem Moment kurz daran, dass Martin gegen Bagnaia um den WM-Titel kämpft?

"Nein", sagt der Rennsieger ganz klar und erklärt: "Ich war wirklich darauf konzentriert, ihn zu überholen. Sicher, ich habe darüber nachgedacht, ihn vielleicht in einer anderen Kurve zu überholen, wo ich mehr Schwung habe. Aber ich musste mich auch nach hinten verteidigen."

Johann Zarco, Jorge Martin, Francesco Bagnaia, Brad Binder, Fabio Di Giannantonio

Nach Kurve 4 der letzten Runde: Zarco in Führung und auf dem Weg zum Sieg Zoom

Damit spricht Zarco darauf an, dass er in dieser letzten Runde nicht nur WM-Spitzenreiter Bagnaia, sondern auch Fabio Di Giannantonio und Brad Binder direkt im Nacken sitzen hatte. "Deshalb habe ich in diesem Moment angegriffen. An die WM [für Martin] habe ich nicht gedacht. Es ging einfach darum, was ich für mich selber tun musste", so Zarco.

Nach sieben Jahren endlich wieder der Salto

Und nach sieben Jahren Durststrecke, denn so lange fährt Zarco schon in der Königsklasse MotoGP, durfte er endlich mal wieder seinen "Backflip", den Rückwärtssalto mit Landung auf den Füßen, zeigen.

"Das war eigentlich gar nicht mein Gedanke, aber auf der Auslaufrunde dachte ich mir dann, dass ich es einfach machen muss", sagt Zarco. Im Bereich der schnellen Passage zwischen Siberia und Lukey Heights war es soweit. Der Sieger kletterte auf die Streckenbegrenzung, feuerte die Zuschauer an und vollführte seinen Salto.

"Ich habe einen guten Platz dafür gefunden, aber der Salto selber war nicht perfekt. Ich musste mich bei der Landung mit den Händen abstützen", meint Zarco und grinst: "Ich denke aber, es ist normal, dass man in einem Zeitraum von sieben Jahren ein bisschen aus der Übung kommt. Immerhin bin ich auf meinen Füßen gelandet und die Zuschauer hatten ihren Spaß."

Was Zarco auf der Ehrenrunde nach seinem ersten MotoGP-Sieg noch aufgefallen ist: "Nicht alle, aber viele Fahrer haben mir gratuliert. Sie hatten ihr Helmvisier geöffnet und ich konnte sehen, wie sie sich für mich freuen. Das war ein sehr schönes Gefühl."

Und in Anspielung darauf, dass sein erster Sieg gelungen ist, nachdem der Australien-Grand-Prix ausnahmsweise auf Samstag verlegt wurde, sagt Zarco abschließend: "Vielleicht sollten wir für mich das lange Rennen immer schon am Samstag fahren. Da bin ich offenbar noch ein bisschen frischer als am Sonntag. Heute jedenfalls werde ich gut schlafen."

Johann Zarco

Phillip-Island-Sieger Johann Zarco Zoom

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