• 25.05.2016 13:56

  • von Sebastian Fränzschky & David Emmett

Elektronik: Bis wann holt Honda den Rückstand auf?

Bisher ohne Erfolg: Seit der Umstellung zur Einheitselektronik arbeiten die HRC-Ingenieure fieberhaft daran, den Erfahrungsrückstand aufzuholen

(Motorsport-Total.com) - Honda tritt bei der Entwicklung der Magneti-Marelli-Elektronik auf der Stelle. Seit Saisonbeginn hecheln die Japaner der Konkurrenz von Ducati und Yamaha hinterher und versuchen fieberhaft, ein besseres Verständnis für die Einheitselektronik zu erlangen. In den vergangenen Jahren verfügte HRC laut Experten über die beste Elektronik und kaschierte damit einige Problemzonen der RC213V. Doch seit der Umstellung zur einheitlichen Software haben die Honda-Piloten einen schweren Stand.

Titel-Bild zur News: Marc Marquez

Honda fehlen die Erfahrungswerte mit der Magneti-Marelli-Elektronik Zoom

Marc Marquez bringt seine Honda durch unerbittlichen Einsatz immer wieder an die Spitze. Der Spanier möchte den Mut nicht verlieren und hofft auf neue Ideen der Honda-Ingenieure: "Wir machen Fortschritte. HRC arbeitet mit Hochdruck, um auf das beste Level zu kommen. Es ist trotzdem schwierig. Wenn so viele Dinge verändert werden, ist es keine einfache Situation. Bis zum dritten Rennen haben wir deutliche Fortschritte gemacht, aber auch die anderen Hersteller haben sich gesteigert. Wir sind etwas im Hintertreffen, aber ich hoffe, dass wir früher oder später vorne dabei sind."

Obwohl die Honda RC213V über einen der potentesten Motoren im Feld verfügt, verlieren die Honda-Piloten beim Beschleunigen viel Zeit. "Wir haben die Motorleistung, aber im Vorjahr konnten wir die Power mit unserer Elektronik kontrollieren. Das Bike war stabiler und angenehmer zu fahren. Mit dieser Elektronik können wir die Leistung nicht kontrollieren, weshalb wir die Power reduzieren mussten. Wir können die Kraft aus irgendeinem Grund nicht komplett nutzen", grübelt Marquez.

Defizite bei der Traktionskontrolle

Teamkollege Dani Pedrosa ist überzeugt, dass die Traktionskontrolle die größte Problemzone ist: "Wir wissen im Moment nicht, wie wir die Software perfekt nutzen können. Es gibt noch ziemlich viel Raum für Verbesserungen, wie wir das Motorrad sanfter und stabiler machen können. Besonders bei der Traktionskontrolle haben wir noch viel Spielraum", erklärt der MotoGP-Routinier.

"Wir konnten den Motor und das Chassis verbessern. Wir müssen einfach weiter daran arbeiten, die Elektronik besser auf unser Motorrad abzustimmen. Wir liegen weit zurück, was das Verständnis für die neue Elektronik angeht", ist Pedrosa überzeugt. Doch die 2016er-Honda hat auch unabhängig von der Elektronik einige Defizite. Der Motor ist nach wie vor zu aggressiv. Dieses Manko konnte Honda in der Vergangenheit mit der eigenen Elektronik ausgleichen.

Marc Marquez

Marc Marquez kompensiert die Probleme mit seinem riesigen Talent Zoom

Ein Test mit der HRC-Elektronik deckte Mängel auf: "Ja, wir haben das Motorrad mit der alten Software probiert. Die alte Software ist natürlich besser, doch einige Bereiche des Motorrads waren auch mit der alten Software nicht perfekt", stellt Pedrosa klar und bemerkt: "Mit der alten Software konnten wir ein paar Nachteile beim Motor ausgleichen, was uns mit der neuen Software nicht gelingt."

Vom Klassenprimus zum Problemfall

In der Saison 2014 verfügte Honda über das beste Motorrad im Feld. Marc Marquez gewann in der ersten Saisonhälfte alle Rennen und spazierte in beeindruckender Manier zu seinem zweiten WM-Titel. In nur zwei Jahren verspielte Honda die Führungsposition, weil sie einen zu aggressiven Motor heranzüchteten und der neuen Elektronik zu wenig Beachtung schenkten. Im Gegensatz zu Ducati und Yamaha behandelten die HRC-Verantwortlichen das Open-Projekt sehr halbherzig und verpassten damit die Chance, wertvolle Erfahrungen mit der Magneti-Marelli-Einheitselektronik zu sammeln.

"Zwischen 2013 und 2014 wurde das Motorrad viel besser. 2015 war es zu Beginn etwas schlechter, aber ich hatte mich in Malaysia auch für das falsche Chassis entschieden. Dann habe ich zu spät auf das Standardchassis gewechselt. Jetzt ist es besser, aber es ist schwierig zu sagen, weil sich Elektronik, Chassis, Reifen und Motor verändert haben. Das Problem ist, dass sich auch unsere Gegner weiterentwickelt haben", fasst Marquez zusammen.

"Für alle ist die Situation gleich. Vielleicht war Ducati am cleversten, weil sie lange mit dieser Elektronik gearbeitet haben. Auch im Vorjahr sind sie mit dieser Elektronik bei einem offiziellen Bike gefahren", schildert der zweimalige MotoGP-Champion. "Honda verwendet diese Elektronik erst seit Valencia. Dort haben wir viele Probleme gesehen. Wir arbeiten daran. Ein Hersteller kann sehr groß sein, aber am Ende arbeitet eine Person daran."


Fotos: Honda, MotoGP in Mugello


"In Le Mans konnten wir die Power wegen der Wheelies nicht nutzen. Wegen der Wheelies mussten wir die Leistung reduzieren", berichtet Marquez, der in Mugello den Sieg verlor, weil seine Honda beim Beschleunigen nicht mit der Yamaha von Jorge Lorenzo mithalten konnte. "Unser größtes Problem ist die Stabilität am Kurvenausgang. Die Elektronik kann uns da nicht helfen. Deswegen müssen wir die Leistung reduzieren, um sanfter beschleunigen zu können", bedauert er.

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