Einheits-ECU: Fahrer sorgen sich um Sicherheit

Die geplante Einheits-ECU sorgt nach wie vor für viel Gesprächsstoff - Honda stellt sich weiterhin quer, während die Fahrer unterschiedliche Meinungen haben

(Motorsport-Total.com) - Es scheint beschlossene Sache zu sein, dass die Einheits-ECU ab 2014 kommen wird. Den Claiming-Rule-Teams steht das Steuergerät von Magneti-Marelli bereits ab der kommenden Saison zur Verfügung. Mit Ausnahme von Aspar haben in Aragon die meisten CR-Teams Interesse an dieser ECU bekundet. Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta will den kleinen Teams damit helfen. Auf der einen Seite sinken die Kosten und auf der anderen Seite sollen sie somit konkurrenzfähiger werden. Im Elektronikbereich kann die meiste Zeit gefunden werden. Soweit zur Theorie. Bei den Prototypen sieht die Sache anders aus. Ducati hat mittlerweile die Bereitschaft gezeigt, dass man mit einer Einheits-ECU einverstanden ist.

Titel-Bild zur News: Start in Indianapolis

Ab 2014 soll die Einheits-ECU für alle Hersteller zur Pflicht werden Zoom

Speziell Honda legt sich quer. Die Japaner wollen die MotoGP auch weiterhin als Entwicklungsplattform nutzen. Eine Einheitselektronik kommt gar nicht in den Sinn. Es soll sogar soweit gekommen sein, dass HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto die Honda-ECU als neue Einheitselektronik angeboten hat. In so einem Fall würde Honda die Kontrolle behalten. Generell hat Honda viel Einfluss, wie zum Beispiel die Einheitsmotoren in der Moto2 zeigen. Auch die Drohung, dass sich Honda aus der MotoGP zurückziehen und die Jetons auf die Superbike-WM legen könnte, ist in die Kategorie Machtspiele einzuordnen.

Die Einheits-ECU von Magneti-Marelli wird ab 2014 auch bei den Prototypen kommen. Ezpeleta orientiert sich an der Moto3. Es gibt unterschiedliche Fahrwerkshersteller und Motoren, eine Einheitselektronik und ein Drehzahllimit. Die Kosten sind überschaubar und auf der Strecke werden spannende Rennen geboten. "Ich möchte eine MotoGP nach Moto3-Stil", wird der Spanier von der 'AS' zitiert. "Es gibt aber mehr technische Freiheiten, so wie es statt einem vier Zylinder gibt."

"Revolutionen sind limitiert. Wir wollen in der MotoGP die gleiche Elektronik für alle." Wenn die Kosten unter Kontrolle sind, hofft Ezpeleta auch auf die Rückkehr weiterer Hersteller. "Suzuki war in Brünn und Aprilia arbeitet daran. Es ist aber noch nichts konkret. Wenn wir zeigen, dass es eine Meisterschaft ist, in der die Kosten nicht unlimitiert sind, dann werden weitere Hersteller kommen. Ich hoffe auf 2014."


Fotos: MotoGP in Aragon, Sonntag


Am kommenden Wochenende wird Ezpeleta mit den Honda-Bossen in Japan sprechen. Die Weichen für 2014 werden gestellt. Im kommenden Jahr wird bei den Prototypen alles gleich bleiben. "Ich glaube, die Drehzahlen werden für 2014 gesenkt. Nicht für 2013, weil die Motoren schon fertig sind. Es wird weiterhin zwei Motorräder pro Fahrer geben. Wir haben uns mit Magneti-Marelli darauf geeinigt, dass sie eine Topelektronik bauen, die im nächsten Jahr jeder in der MotoGP einsetzen kann", bestätigt Ezpeleta.

Lorenzo sorgt sich um Sicherheit

Die Fahrer sehen der Einheitselektronik mit gemischten Gefühlen entgegen. So sorgt sich Jorge Lorenzo um die Sicherheit. "Wenn alle die gleiche Elektronik haben, ist es für alle positiv, speziell für die Leute, die jetzt nicht über die beste Elektronik verfügen. Natürlich müssen wir abwarten wie es um die Sicherheit bestellt ist, denn aktuell können wir viele Highsider verhindern. Ob die Motorräder mit der Einheitselektronik gefährlicher werden, müssen wir abwarten."

"Unsere Motorräder sind sehr kräftig und haben mehr als 250 PS. Wir müssen sorgfältig mit diesen Dingen umgehen", mahnt der Spanier. Auch Superstar Valentino Rossi, dessen Meinung im Fahrerlager bei Themen wie diesen hoch geschätzt wird, sieht es ähnlich. "Es ist noch zu früh etwas zu sagen, denn es hängt vom Endprodukt ab. Ich finde es gut, dass jeder die gleiche Elektronik hat. Man muss aber sehen, ob die Sicherheit noch gewährleistet ist."

Daniel Pedrosa

Die Fahrer sehen der Einheits-ECU mit gemischten Gefühlen entgegen Zoom

"Vielleicht werden die Rennen spannender und wir sehen mehr Zweikämpfe. Als das Thema in der Formel 1 aufkam, gab es viele Stimmen, die es für unmöglich hielten. Es war aber möglich und die Rennen sind spannender geworden." Als in der Formel 1 die Einheitselektronik zum ersten Mal diskutiert wurde, war der Aufschrei groß, speziell weil die Technologie von McLaren stammt. Heute spricht niemand mehr über die Elektronik. An diesem Beispiel orientiert sich Honda-Ass Dani Pedrosa.

"Derzeit ist es schwierig zu sagen, denn es ist etwas Neues. Niemand ist damit gefahren und weiß wie es ist. In der Formel 1 funktioniert es seit einiger Zeit sehr gut. Ich weiß nicht, wer daraus Vorteile zieht, aber sie bemängeln es kaum. Ein Auto ist natürlich etwas anderes als ein Motorrad. Es ist noch alles ungewiss", meint der Spanier. Sein Landsmann Alvaro Bautista findet, dass die Rennen spannender werden könnten. "Wenn alle die gleiche Elektronik nutzen, dann werden die Rennen spannender. Es ist aber die Frage, wie sicher es sein wird."

"Man muss aber sehen, ob die Sicherheit noch gewährleistet ist." Valentino Rossi

"Ich weiß nicht wie es werden wird, aber aus Fahrersicht ist die Sicherheit am wichtigsten." Andrea Dovizioso, der ab der kommenden Saison für Ducati fahren wird, will sich noch nicht festlegen. "Es hängt davon ab wie es sein wird. Das steht noch nicht fest. Davon wird abhängen, ob es enger zugehen und es mehr Zweikämpfe geben wird. Wenn sie entscheiden, dass sie die Traktionskontrolle und die Anti-Wheelie-Kontrolle stark limitieren, dann kann es einen Unterschied machen" schätzt der Italiener. "Dann wird es schwierig, das Motorrad und die Reifentemperatur zu kontrollieren. Vielleicht liegen dann alle viel näher beisammen. Es ist aber schwierig zu sagen."

Die gleichen Fahrer werden gewinnen

Dovizioso deutet damit an, dass die Regelhüter über die ECU die Show steuern könnten. Man kann die Motorräder einfacher oder schwieriger zu fahren machen. Unter dem Strich würde das für Cal Crutchlow aber nichts ändern, denn die gleichen Fahrer würden ohnehin gewinnen. "Es wird für alle gleich sein. Deshalb habe ich keine große Meinung darüber. Ich finde es ist eine gute Idee, aber es werden trotzdem die gleichen Fahrer vorne sein. Die schnellen Fahrer sind aus einem bestimmten Grund schnell und nicht wegen der Elektronik. Ich glaube nicht, dass dadurch ein Hinterbänkler ein Rennen gewinnen wird. Generell finde ich es für die Meisterschaft gut."

Nicky Hayden rätselt, wie sich die Einheits-ECU in der Praxis auswirken würde. "Den Gedanken an sich mag ich. Es ist aber schwer zu sagen, wie es sich in der Praxis tatsächlich auswirken würde. Wie stark wären die Einschränkungen? Das müssen wir abwarten. Früher oder später wird sich eine Einheitselektronik nicht vermeiden lassen, aber es dürfte schwierig werden, einen solchen Schritt für alle fair und angenehm zu gestalten", meint der Weltmeister des Jahres 2006.


Fotos: MotoGP in Aragon, Girls


"Da braucht es wohl ein paar schlauere Leute als mich (lacht; Anm. d. Red.). Mit der heutigen Elektronik wirken die Motorräder fast schon so gutmütig wie Autos. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man schnell den Eindruck gewinnen, dass jeder mit diesen Bikes schnell fahren kann. So ist es aber nicht. Eines ist auch klar: Ohne Elektronik wären die heutigen Bikes mit 250 PS auf einer Strecke wie Laguna Seca nahezu nicht beherrschbar."

Spies würde die Reifen ändern

Eine komplett andere Meinung hat Ben Spies. Für den US-Amerikaner sind die Reifen der entscheidende Faktor. Die Superbike-WM und die Moto2 zeigen wie Reifen sein müssen, damit es viele unterschiedliche Sieger gibt. Die Bridgestone-Reifen sind zu hochgestochen und extrem. Fahrer wie Spies, Crutchlow oder auch Jonathan Rea hatten ihre Umstellungsprobleme, als sie von der Superbike-WM (Pirelli) in die MotoGP kamen.

"Es ist schwierig, weil was will man wirklich mit der Elektronik einschränken?", fragt sich Spies. "Wenn man so viele unterschiedliche Motorenkonzepte hat, dann ist es schwierig. Ich habe schon oft gesagt, dass es meiner Meinung nach der einfachste Weg ist, die Motorräder so zu lassen wie sie sind. Es ist Prototypen-Rennsport. Die Leute wollen es sehen. Sie wollen ihre Teile entwickeln. Die Reifen sind die einzige Einschränkung."

"Wenn dann die Motorräder bis zum Maximum ausgereizt sind, dann macht der Fahrer den Unterschied. Das sehen wir derzeit in der Moto2 und der Superbike-WM. Wenn bei uns die Abstimmung perfekt ist, dann kann man jedem davonfahren. Die Peak-Performance der Reifen ist etwas geringer und das sorgt für enge Rennen. Das wäre der einfachste Weg", meint Spies. Die Reifen sind bei den Diskussionen für das neue Reglement ab 2014 aber kein Thema.

Rea durfte nun an zwei Wochenenden MotoGP-Luft schnuppern. Seiner Meinung nach muss die MotoGP die Königsklasse bleiben. "Für mich geht es in der MotoGP nicht um eine Einheits-ECU. Es ist der beste Prototypensport. Mich zu fragen ist aber sinnlos, denn ich habe keine Meinung darüber. Für mich macht es keinen Unterschied. Für eine Firma wie Honda ist es sicherlich wichtig, dass sie neue Dinge entwickeln, die sie später an die Kunden weitergeben. Die MotoGP ist ein Testumfeld. Wenn es eine Einheitselektronik gibt, dann gehen sie vielleicht in die Superbike-WM."