Crutchlow: "Unser Material ist nicht schlecht"

Cal Crutchlow möchte in diesem Jahr der beste Privatfahrer werden - Der Brite über die technischen Unterschiede zwischen der Werks-Yamaha und Tech 3

(Motorsport-Total.com) - Bei den Wintertestfahrten hat sich bislang herauskristallisiert, dass sich Tech 3 hinter den vier Werksfahrern von Honda und Yamaha in der Hackordnung einreiht. So belegte Cal Crutchlow auch am ersten Tag der Probefahrten in Jerez den fünften Rang. Auf die Spitze fehlten neun Zehntelsekunden. Zwischen der Werks-Yamaha von Jorge Lorenzo und Ben Spies und der Kundenversion für Tech 3 gibt es aber kleine Unterschiede. "Das Motorrad ist ähnlich den Werksmaschinen, aber nicht gleich. Es wäre falsch zu sagen, dass wir die Saison mit dem gleichen Material starten."

Titel-Bild zur News: Cal Crutchlow

Der Brite Cal Crutchlow geht 2012 in seine zweite MotoGP-Saison

"Sie haben ein Upgrade beim Motor und beim Chassis. Die Bremsen sind etwas anders. Es gibt Unterschiede. Ich bin trotzdem zufrieden mit meinem Material", sagt Crutchlow. "Ich frage nicht, was sie haben, weil es sinnlos ist. Wir sind ein Privatteam. So ist das eben. Unser Material ist nicht schlecht. Wir sind zwar einen Schritt zurück, aber es ist kein Werksmotorrad." Lorenzo und Spies erhalten immer die neuesten Spezifikationen. Erst wenn sie ausgetestet sind, werden sie an Tech 3 weitergegeben.

"Das Motorrad ist derzeit nicht perfekt. Es neigt zu Wheelies und bewegt sich stark, aber wir haben unsere gute Form von Sepang fortgesetzt", meint der Rookie des Jahres 2011. "Das Motorrad ist hier aber aggressiver und schwieriger zu fahren, weil man in Sepang aufgrund der Hitze weniger PS hatte. Jerez ist wie eine Go-Kart-Strecke und viel zu klein für die 1.000er. Es scheint aber okay zu funktionieren."

"Wir setzen unsere Arbeit fort. Einige Jungs, die genau so schnell wie ich sein könnten, sind hinter mir. Ich bin aber in dem Bereich, in dem ich sein möchte. Ich habe einige Werksmotorräder geschlagen. Ich bin zufrieden. Es ist schwierig, die Werksfahrer herauszufordern, weil sie Dinge haben über die wir nicht verfügen", sagt Crutchlow über den aktuellen Stand der Dinge. "Wir haben keine Teile zu testen. Wir fahren mit den Einstellungen, die wir haben und fahren einfach. Es gibt nichts Neues. Trotzdem gibt es viel zu arbeiten. Je mehr man fährt, desto mehr Erfahrung gewinnt man."

Umgang mit den Reifen entscheidend

Jerez ist für die neuen 1.000er nicht die perfekte Strecke, weil es eng, winkelig und langsam ist. "Selbst in Valencia ist es nicht so kurvig wie hier. Dort fährt man noch im hohen Drehzahlbereich. Hier fährt man viel niedrigere Drehzahlen. Die Beschleunigung ist schwieriger, weil wir ein unglaublich hohes Drehmoment haben. Die Wheelies sind ein Problem, aber auch die Bridgestone-Reifen sind nicht einfach zu handhaben. Wenn sie abbauen, wird es am Kurveneingang schwierig. Vielleicht sorgt das aber für bessere Rennen."

Speziell die neue Reifengeneration im Zusammenspiel mit dem Drehmoment und der Kraft der neuen Motoren werden in den Rennen entscheidend sein. "Man muss das Paket so gut wie möglich für das Rennende abstimmen. Am Start muss man zwar ebenfalls schnell sein, aber von der Rennmitte bis ins Ziel ist es entscheidend", streicht der Tech-3-Fahrer heraus. "Es wird Leute geben, die dann zwei Sekunden langsamer als zu Beginn fahren, weil die Reifen nicht durchhalten. Hier geht das Rennen über 27 Runden. Einen neuen Reifen kann man in vier Runden zerstören. Das kann die Rennen aber spannend machen. Ich schätze, dass wir in diesem Jahr etwas anderes sehen werden."


Fotos: MotoGP-Tests in Jerez, Freitag


Generell kommt die Hubraumvergrößerung Crutchlow entgegen, weil er auf Superbikes groß geworden ist und sich nicht über die kleinen Zweitaktklassen hinaufgearbeitet hat. "Ich glaube, mir passen die größeren Motorräder, alleine schon weil ich ein schwerer Fahrer bin. Sie passen mehr zu meinem Fahrstil. Der Kurvenspeed ist im Vergleich zur 800er nicht so anders, aber jetzt habe ich die Kraft in meiner Hand. Im Vorjahr hatte ich im Sommer eine schlechte Zeit. Jetzt bin ich zum zweiten Mal hier und es läuft viel besser."

"Die Fahrer, die schon lange dabei sind, haben so ihre Tricks. Das ist schwierig zu schaffen. Ich bin aber in keiner schlechten Situation. Man kann gute und schlechte Rennen haben. Das ist einfach so. Ich wäre zufrieden, wenn ich der beste Privatfahrer bin. Andrea ist auch kein langsamer Fahrer, auch Alvaro ist schnell. Es ist schwierig, aber im Moment laufen die Dinge gut." Aufgrund seiner Vergangenheit pflegt Crutchlow einen aggressiveren Fahrstil als Stoner und Lorenzo, die beide über die Zweitaktklassen nach oben gekommen sind.

Anderer Fahrstil mit der 1.000er

Stoner und Lorenzo fahren viel präzisere Linien und können ihre Runden wie ein Uhrwerk abspulen. Mit den neuen Motorrädern muss nicht ganz so genau gefahren werden. Manche Piloten gehen davon aus, dass man sich bei einem kleinen Fahrfehler durch das höhere Drehmoment retten kann und im Zweikampf keine wertvollen Meter einbüßt. "Zu einem gewissen Teil, aber man muss auf die Reifen aufpassen."

"Wenn man in einer Kurve von der Linie abkommt und man sich mit der Power retten will, dann beschädigt man schnell die Reifen", mein Crutchlow. "Fahrer, die aus der 125er und der 250er-Klasse kommen, sind viel präziser. Sie treffen die Linie in jeder Runde. Das ist der einzige Unterschied. Bei den Superbikes musste man nicht präzise sein, sondern konnte machen was man wollte. Der Konkurrenzkampf ist ebenfalls nicht so heftig. Man kann sich also viel erlauben."

In Jerez waren auch alle Claiming-Rule-Fahrer zum ersten Mal dabei, die mit getunten Superbike-Motoren fahren. Crutchlow vergleicht die Leistung der verschiedenen Motoren: "Bei der Beschleunigung ist der Unterschied nicht so groß. Auch die CRT-Motorräder beschleunigen gut. Anders ist es im fünften, sechsten Gang. Da kann man einfach vorbeifahren. Ihre Beschleunigung ist aber gut."

"Als ich von den Superbikes kam, sagte ich, dass die Superbikes mehr Power als die 800er hatten. Sie hatten mehr Drehmoment. Jetzt ist der Unterschied nicht mehr so groß. Im Vergleich zu Sepang ist Jerez eine Go-Kart-Strecke. In Sepang konnte ich viel Vollgas fahren, aber hier muss man sehr ruhig und vorsichtig sein. Man muss mit dem Gas spielen. Andrea ist nur an zwei Stellen bei 100 Prozent Gasstellung. Bei mir sind es mehr Passagen. Es ist aber schwierig dorthin zu kommen. Früher war man fast ständig bei 100 Prozent geöffnetem Gas."