Aegerter: Für den ersten Sieg gibt's ein gelbes Motorrad

Dominique Aegerter erlebte am Sachsenring ein turbulentes Wochenende, an dem er seine erste Pole und seinen ersten Sieg holte und ein gelbes Motorrad "gewann"

(Motorsport-Total.com) - Es gibt Tage, die vergisst man in seinem Leben nie mehr. Für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft war so ein Tag zum Beispiel der 13. Juli 2014, der Tag des WM-Finals. Auch Dominique Aegerter wird diesen Sonntag wohl nie mehr vergessen, allerdings nicht deshalb, weil der Schweizer ein Fan der deutschen Fußballer ist, sondern weil er an diesem Tag seinen ersten Sieg in der Motorrad-Weltmeisterschaft holte.

Titel-Bild zur News: Dominique Aegerter

Dominique Aegerter schnappte sich durch seinen Sieg mehr als nur den Pokal Zoom

Fast acht Jahre musste der im schweizerischen Rohrbach geborene Aegerter auf diesen Tag warten, seit er am 15. Oktober 2006 in Estoril erstmals an einem Rennen in der damaligen 125er-Klasse teilgenommen hatte. "Ich bin super happy, das Wochenende ist super gelaufen. Erste Pole-Position, erster Sieg, super", freute sich der 23-Jährige unmittelbar nach dem Rennen.

Dabei war Aegerters erster Sieg eigentlich sowieso nur eine Frage der Zeit gewesen. Die Formkurve des Schweizers zeigte in dieser Saison stark nach oben, bereits zuvor hatte er es im Jahr 2014 zweimal auf das Podium geschafft. Beim vorherigen Rennen in Assen hätte es nach Startplatz zwei im Qualifying dann bereits mit dem ersten Sieg klappen können, doch Aegerter verzockte sich bei schwierigen Bedingungen bei der Reifenwahl - und ging leer aus.

Schlaflosigkeit vor dem großen Tag

Doch Aegerter wandelte seine Enttäuschung über diese verpasste Chance am Sachsenring in positive Energie um und setzte am Samstag mit der ersten Pole-Position seiner Karriere bereits ein erstes Ausrufezeichen. "Ich habe erst um 0:00 oder 1:00 Uhr geschlafen, das ist eigentlich nicht normal", erinnert sich Aegerter zurück.

"Es ist mir viel durch den Kopf gegangen, aber ich habe immer noch sechs oder sieben Stunden schlafen können, das reicht eigentlich. Die 40 Minuten, die ich für das Rennen brauche, kann ich mich schon konzentrieren", sagt der Schweizer mit einem Lachen. Am Ende konnte er sich nicht nur konzentrieren, er bewies auch unfassbare Nervenstärke.


Fotostrecke: Die Höhepunkte vom Sachsenring

Erst in der letzten Runde zog er an Mika Kallio vorbei und blockte anschließend den möglichen Konter des Finnen geschickt ab. "Ich wusste, dass ich ihn auf der Bremse überholen kann. Das habe ich gemacht und in der letzten Kurve alles schön zugemacht", berichtet Aegerter. Kallio konnte nicht mehr attackieren, Aegerters erster Sieg war perfekt.

Damit erfüllte sich der Schweizer nicht nur selbst einen Traum, ganz nebenbei beendete er auch noch die Durststrecke von Suter, die bis zu diesem Zeitpunkt in der gesamten Saison noch kein einziges Rennen gewinnen konnten. "In dieser Saison hat Suter vielleicht ein paar Probleme, aber wir sind immer da und ich denke, dass wir gewinnen können", so Aegerter.

Warum die Suter jetzt gelb wird

"In dieser Saison haben einige sehr starke Piloten eine Kalex und ich habe gehört, dass man die Kalex einfacher abstimmen kann. Bei der Suter ist es da vielleicht etwas schwieriger." Trotzdem jubelte am Sachsenring am Ende der Mann mit der gelben Startnummer 77. Das kommt übrigens nicht von ungefähr, denn Gelb ist Aegerters Lieblingsfarbe. Am liebsten würde der Schweizer auf einem komplett gelben Motorrad fahren.

Dominique Aegerter

Nach dem Rennen jubelte Dominique Aegerter mit der Schweizer Flagge Zoom

Das ging wegen der Sponsoren allerdings nicht - zumindest bis jetzt. Denn Aegerter verrät: "Fred (Corminboeuf, Teammanager; Anm. d. Red.) hat mir etwa vor vier Jahren gesagt: 'Wenn du den ersten Sieg holst, dann wirst du ein gelbes Motorrad bekommen.'" Daher geht Aegerter nun davon aus, dass er nach der Sommerpause in Indianapolis endlich auf einer gelben Maschine auf die Strecke gehen darf.

Dann will Aegerter nach Möglichkeit auch wieder um den Sieg mitkämpfen. Der Schweizer verrät: "Ich wusste eigentlich schon immer, dass ich es kann, aber ich habe manchmal nicht daran geglaubt, dass ich wirklich einen Sieg holen kann. Aber wenn es so läuft wie in den Trainings hier und in Assen, dann kann ich mich eigentlich ins Bett legen und sagen 'Ich kann morgen gewinnen.' Und das war auch so."

"Ich habe manchmal nicht daran geglaubt, dass ich wirklich einen Sieg holen kann." Dominique Aegerter

Das nötige Selbstvertrauen für weitere Erfolge dürfte Aegerter durch seinen Sieg am Sachsenring jedenfalls getankt haben. Strebt der Schweizer nun möglicherweise sogar einen Wechsel in die MotoGP an? "Die Saison ist noch ziemlich lang. Das Team arbeitet gut und schaut, was die Möglichkeiten sind", erklärt Aegerter und ergänzt: "Mein Manager Sigi (Dr. Robert Siegrist; Anm. d. Red.) wird sich auch anstrengen und hat die Ohren offen und spricht mit verschiedenen Teams. Von daher überlasse ich ihm die Arbeit und konzentriere mich auf die Rennen."

Aegerter wie Marquez?

"Wenn ich die Angebote habe, dann werde ich mir die anschauen und dann entscheiden." Zunächst einmal will sich der 23-Jährige allerdings voll auf die verbleibenden Rennen der Saison 2014 konzentrieren: "Es sind noch immer acht Rennen, da kann noch eine Menge gehen. Meine Pechsträhne ist jetzt vorbei mit den vier Rennen, wo es sehr schlecht gelaufen ist."

Nach seinem ersten Sieg werden nun sogar bereits erste Vergleiche zwischen Aegerter und MotoGP-Champion Marc Marquez gezogen. Hintergrund ist die Stärke der beiden Piloten beim Bremsen. "Ich denke, dass das einfach mein Stil ist. Ich bin beim Bremsen sehr stark und bremse auch etwas mit der Hinterradbremse", erklärt der Schweizer und fügt hinzu: "Dadurch steht das Hinterrad dann etwas quer und ich kontrolliere das dann mit meinem Körper. So fühle ich mich wohl."


Fotos: Moto2 auf dem Sachsenring


"Viele bremsen vielleicht nur vorne und ich bremse halt hinten zwischendurch ein bisschen mit", sagt Aegerter weiter und erklärt: "Wenn du spät bremsen willst, dann musst du auch die Hinterradbremse benutzen." Genau so schnappte er sich am Sachsenring in der letzten Runde auch noch den Sieg.

Nun freut sich Aegerter allerdings zunächst einmal auf die anstehende Sommerpause: "Ich habe ein paar Termine, aber dann will ich mal ein bisschen relaxen." Und allen Nachtwachsfahrern gibt Aegerter abschließend mit einem lauten Lachen noch einen Tipp mit auf den Weg: "Immer später bremsen als die anderen!" Dann klappt's vielleicht nicht nur mit dem ersten Sieg, sondern auch mit einem Motorrad in der Lieblingsfarbe.