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  • 20.02.2015 17:15

  • von Stefan Ziegler

Im Selbstversuch: Fit werden wie ein Rennfahrer

Redakteur Stefan Ziegler hat an einem Fitnesskurs für Motorsportler teilgenommen und am eigenen Leib erfahren, warum die Winterpause keine Pause ist

Liebe Leser,

Titel-Bild zur News: Stefan Ziegler, Fitness, Training

Mit Personal-Trainer Kevin am Gerät: Stefan Ziegler beim Selbstversuch Zoom

was macht eigentlich ein Motorsportler in der Winterpause? Antwort: abschalten. Und trainieren. Das sind die beiden meistgenannten Begriffe, wenn ich einem Rennfahrer die entsprechende Frage stelle. Doch was das genau bedeutet, bleibt oft unausgesprochen. Wie also sieht so ein Training aus und - vor allem - wie fühlt es sich denn an? Das durfte ich im Januar 2015 am eigenen Leib erfahren.

Die Idee dazu war aber schon im vergangenen Jahr entstanden. Am Flughafen in Nagoya, nach dem WTCC-Rennwochenende in Suzuka. Dort stand ich gemeinsam mit Dittmar Pufal, dem damaligen Physiotherapeuten von Franz Engstler, am Gate und wartete auf meinen Flug zurück nach Deutschland. Wir kennen uns, kamen ins Gespräch. Und alsbald waren wir beim Thema Fitness angelangt.

Einfach mal selbst ausprobieren? Klar!

Als Hobbysportler, der in seiner Freizeit gern das Münchner Umland mit dem Mountainbike oder dem Rennrad unsicher macht, habe ich natürlich aufmerksam zugehört. Und dann sagte mir Dittmar: "Schau Dir das doch am besten selbst mal an. Mach einfach einmal mit!" Gesagt, getan. Drei Monate später trafen wir uns in Wölfersheim, 30 Kilometer nördlich von Frankfurt, zum von Dittmar organisierten Wochenend-Kurs wieder.

In der "Fitdelio"-Anlage von Inhaber Manuel Groß versammelte sich eine illustre Trainingsgruppe. Motorrad-Teenager, Tourenwagen-Routinier, Porsche-Teamchef - und ein Sportredakteur. Wir alle waren an einem Freitag angereist, um uns drei Tage lang Impulse für das eigene Fitnesstraining geben zu lassen. Doch ehe unser Kurs beginnen konnte, wurde jeder einzelne gründlich untersucht.

Stefan Ziegler, Fitness, Training

Spannung halten, wie im Cockpit: Beim Rennfahrer-Kurs war einfach alles dabei Zoom

In meinem Fall zeigte die Anamnese: Der untere Rücken könnte etwas beweglicher sein. Der im Anschluss durchgeführte Torso-Check bestätigte diese Einschätzung. Und damit hatten meine Wochenend-Coaches um Physiotherapeut Manuel und Personal-Trainer Kevin Dannwolf genug Informationen an der Hand, um das Programm entsprechend zu gestalten. Mit fühlbarem Erfolg.

Heimspiel Indoor-Bike? Nicht ganz...

Über drei Tage hinweg wurden meine Mitstreiter und ich an verschiedenen Geräten auf die Probe gestellt und gezielt an die jeweils idealen Übungen herangeführt, um die persönlichen Schwachpunkte zu bekämpfen. Die Konzentration galt dabei der für Motorsportler wichtigen Rumpfstabilität sowie dem Nackenbereich. Doch auch die anderen Körperteile kamen in Wölfersheim richtig in Schwung.

Zum Beispiel beim einstündigen Indoor-Bike-Kurs, für den ich mich als passionierter Radfahrer noch am ehesten in Form gesehen hatte. Doch schon nach wenigen Kilometern hatte mich Instruktor Marco doch sehr zum Schwitzen gebracht - und die richtig schwierigen "Bergetappen" folgten erst noch. Entsprechend intensiv habe ich die zahlreichen simulierten Anstiege dann auch erlebt...

Äußerst anstrengend war auch der "Tabata"-Kurs mit Trainerin Michele Ringsdorf. Viele Übungen, hohe Frequenz, kaum Verschnaufpausen - ein Anforderungsprofil, wie es sich auch einem Rennfahrer bei der Ausübung seiner Tätigkeit bietet. Dabei habe ich für mich festgestellt: Für eine Grand-Prix-Distanz würde es noch nicht reichen. Aber den Ansporn zur Steigerung habe ich bekommen.

Mit dem "Schlitten" über den Hof

Auch durch den "Schlitten", einem Trainingsgerät, wie man es zum Beispiel vom American Football kennt. Oder vom Eishockey. Für die Mannschaft des Zweitligisten Bad Nauheim, die von Dittmar und Syna Edel sportphysiologisch betreut wird, wurde der schwere Metallrahmen nämlich gebaut. Und meine Mitstreiter und ich schoben ihn zu Trainingszwecken über den "Fitdelio"-Hof. Da war Beinarbeit gefragt!

Der Atem ging schwer, die Oberschenkel brannten. Und für Runde zwei gab's noch 20 Kilogramm obendrauf! Etwas entspannender - und für mich vollkommen neu - waren da schon die Aqua-Gymnastik-Übungen im Schwimmbad, wobei ebenfalls die Stärkung des Oberkörpers im Vordergrund stand. Genau wie bei den Trainingseinheiten an den Fitnessgeräten, die Kevin für uns vorbereitet hatte.

Stefan Ziegler, Fitness, Training

Der "Schlitten", zweite Runde: Mit Gewicht geht's gleich noch mal viel schwieriger... Zoom

Die drei Tage im "Fitdelio" in Wölfersheim, sie vergingen angesichts des straffen, aber ausgewogenen und sehr gut organisierten Programms wie im Flug. Und am Ende war ich in jeglicher Hinsicht bedient. Ein so intensives Training hatte ich bis dahin nicht gekannt. Aber es hat sehr viel Spaß gemacht! Und damit der Spaß erhalten bleibt, bekam jeder von uns auf ihn abgestimmte Übungen mit nach Hause.

Meine Lektion: Dranbleiben lohnt sich!

Ein bisschen, das muss ich ein paar Tage nach dem Trainingscamp gestehen, hat mich da auch der sportliche Ehrgeiz gepackt. Zugegeben: Ein ultrastrenges Übungsprogramm habe ich mir nicht auferlegt, achte aber viel bewusster auf meine Fitness und - das ist aus meiner Sicht das Entscheidende - ich bleibe dran! Mein Wochenend-Ausflug nach Frankfurt hat sich also gelohnt.

Das ist auch der Eindruck, der sich bei meinen Mitstreitern eingestellt hat. Für sie war es ein idealer Auftakt in die neue Motorsport-Saison. Und die Fortsetzung davon ist schon in Planung: Dittmar Pufal, Manuel Groß und das Team von "Fitdelio" in Wölfersheim arbeiten bereits an weiteren Fitness-Workshops für Motorsportler. Nach meinem Schnupperkurs kann ich sagen: Prädikat empfehlenswert!

Ich habe durch meine Teilnahme einen interessanten Einblick in das Trainingsprogramm eines Motorsportlers gewonnen und verstehe jetzt etwas besser, was es bedeutet, sich auf eine neue Rennsaison vorzubereiten. Auch mein Rücken wird es mir danken. Und wenn ich meine übliche 60-Kilometer-Mountainbike-Runde bald mit neuem Rekordtempo befahre, dann weiß ich, warum... ;-)

Vielen Dank an Dittmar Pufal und an das gesamte "Fitdelio"-Team!

Euer


Stefan Ziegler