• 28.09.2011 10:11

  • von Roman Wittemeier

Grundsteinlegung Bilster Berg: Es geht voran!

Die Bagger arbeiten bereits: Mit der Grundsteinlegung hat der Bau der Rennstrecke "Bilster Berg" ihren offiziellen Startschuss erfahren - Enorm gute Auslastung

(Motorsport-Total.com) - In einem deutschen Waldgebiet wird eine Rennstrecke gebaut? Bekommt man so etwas heutzutage genehmigt? Die Antwort: Ja! Die Betreiber des "Bilster Berg Drive Resort" haben alle Hürden genommen und nun mit dem Bau der 4,2 Kilometer langen Test- und Rennstrecke nahe Bad Driburg (Nordrhein-Westfalen) begonnen. Hinter dem Projekt steht Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff, dem unter anderem die Bad Driburger Mineralwasser-Quellen, mehrere Kliniken und ein hochklassiges Wellness-Hotel gehören.

Titel-Bild zur News:

26 Prozent Gefälle: An dieser Stelle entsteht die spektakuläre "Mausefalle"

"Als ich zum ersten Mal hier war, dachte ich, die seien alle verrückt, hier eine Rennstrecke bauen zu wollen", sagt der bekannte Formel-1-Streckenarchitekt Hermann Tilke, der den Entwurf für die spektakuläre Berg- und Talbahn fertigte. Die Anlage entsteht auf dem Gelände eines ehemaligen NATO-Munitionslagers, das weit ab von großen Städten auf einem kaum einsehbaren Hügel zwischen Bad Driburg und der Kleinstadt Nieheim liegt.

"Wir konnten hier mal trassieren, ohne die Formel 1 oder die ganz schnellen Motorräder im Hinterkopf zu haben. Wir konnten es viel extremer angehen, was man auch am Ergebnis sieht", sagt Tilke, der bei der Arbeit "sehr viel Spaß" hatte. "Es geht heftig auf und ab, mit kurzen Kuppen und Wannen, sodass man mit einem schnellen Auto durchaus abhebt. Es ist wirklich extrem. Ich würde sagen, dass es in Europa einzigartig ist."

Eines der Highlights ist die "Mausefalle", eine enge Linkskurve, die mit einem Gefälle von 26 Prozent (!) in die Tiefe geht. "Es gibt durchaus Ähnlichkeiten mit der Nordschleife. Aber es ist doch anders, hat irgendwie wieder einen ganz eigenen Charakter", sagt der Streckenarchitekt aus Aachen. "So etwas plant sich nicht automatisch. Wir wollten gewisse Elemente mit drin haben."

Macher der "Mutkurve": Hermann Tilke

"Man will natürlich eine richtig schnelle Kurve haben, die wir hier mit der 'Mutkurve' vor Start und Ziel haben. Da haben wir vorsichtshalber eine Alternative mit eingeplant, für alle, die es etwas langsamer angehen lassen wollen. Dort mit 230 km/h durch die Kurve zu knallen, ist wirklich mutig", lächelt Tilke, der seinen Entwurf bei der Eröffnung im Sommer 2012 gern selbst testen möchte.

"Ich freue mich unheimlich darauf, mal in einem Rennauto zu sitzen und über diese Strecke zu heizen", schnalzt der begeisterte Sportwagen-Liebhaber mit der Zunge. "Wir haben uns angestrengt, sehr geländenah zu planen und die Hügel mitzunehmen. Der Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff hat uns immer getrieben, wollte die Dinge immer noch extremer haben. So sind wir letztlich zu diesem Ergebnis gekommen."

Die 4,2 Kilometer lange Strecke lässt sich in zwei Spangen aufteilen Zoom

Die große Antriebsfeder hinter dem gesamten Projekt war die Vision des Grafen, der selbst historischen Motorsport liebt. "Leidenschaft gehört immer dazu. Das ist das Fundament. Wenn man Spaß an etwas hat, dann ist man auch gut", sagt er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Je mehr Leute mir gesagt haben, ich sei ein Spinner, desto mehr hat mich das motiviert. Hingegen demotiviert haben mich die Leute, die das nur gedacht oder hinter dem Rücken gesagt haben. Kontrovers zu disktutieren ist sehr wichtig, so etwas bringt einen weiter. Ich freue mich immer über direkte Worte."

Der Bau der Anlage schlägt mit insgesamt 34 Millionen Euro zu Buche. Diese Summe wird allein aus privaten Mitteln gedeckt. Nicht durch einen Großinvestor, sondern durch viele "kleine Anleger". Der Graf präzisiert: "Mir ist das Modell unserer ältesten Klinik eingefallen, der Caspar-Heinrich-Klinik. Ein klassisches Kommanditisten-Modell, wo die Gesellschafter am Grund und Boden sowie an der Betriebsgesellschaft beteiligt sind."

Und dann bekommt man einen Scheck...

Diese Klinik hat rund 300 Gesellschafter, die seit 35 Jahren zur alljährlichen Versammlung erscheinen. "Alle bekommen einen schönen Scheck und laufen nochmal durch ihre Immobilie. Dann fahren sie stolz und glücklich wieder nach Hause", lächelt der Geschäftsmann aus Bad Driburg. "Ich bin selbst Gesellschafter und weiß daher, was auf dem Scheck steht..."

"Das haben wir auf den Bilster Berg übertragen. Wir geben den Gesellschaftern gleichzeitig noch die Möglichkeit zu einer Natural-Dividende, sprich: Die können ihre eigene Anlage auch nutzen", erklärt er. Klartext: Wer Anteile erwirbt, bekommt Zeit auf der Strecke, um sich dort mit Fahrzeugen aller Art mal gehen lassen zu dürfen.

¿pbvin|64|4132||0|1pb¿Das Geschäftsmodell "Bilster Berg Drive Resort" steht grundsätzlich auf vier Füßen: Forschung und Entwicklung (Tests von Fahrzeugen oder Komponenten), Incentives (z.B. Fahrzeugpräsentationen und Fahrertrainings), Medienpool (Fahrzeugpräsentationen oder Kongresse) und Privatveranstaltungen (beispielsweise Clubrennen, Messen oder Ausstellungen).

"VW ist schon Kunde und wird bestimmt weiter Kunde sein. Die haben sensationelle Marken. Es ist natürlich für uns perfekt, dass dieser große Konzern nur 200 Kilometer vom Bilster Berg entfernt liegt. Wir bieten hier eine emotionale Umgebung. Unser Fokus liegt auf den Premiumherstellern. Dafür sind wir prädestiniert", sagt Graf von Oeynhausen, der das Projekt 2006 angestoßen hatte.

Schon jetzt gute Auslastung 2012/2013

"Die Krise am Finanzmarkt hat uns etwa ein Jahr gekostet. Das muss man ganz offen zugeben", erklärt Projektleiter Hans-Jürgen von Glasenapp. "Bezüglich der Genehmigungen hatte ich immer ein gutes Gefühl. Die große Erlösung war das Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster. Die haben keine einzige Korrektur von uns erwartet. So etwas gibt es nur ganz selten."

"Wir haben derzeit knapp 100 Gesellschafter, die im Schnitt zwei bis drei Anteile erworben haben", erklärt von Glasenapp, der als Geschäftsführer der Gesellschaft aktiv ist. Die Anteile kosten jeweils 100.000 Euro. "Bis Ende des Jahres geben wir Interessenten noch die Chance, dann ist es zu. Wir gehen davon aus, dass wir dann 110 bis 120 Gesellschafter haben werden."

Der Mann hinter dem Projekt: Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff Zoom

"Die Gesamtfinanzierung steht. Uns geht sicherlich nicht mittendrin die Luft aus", erklärt von Glasenapp stolz. Die Bauarbeiten laufen auf Hochtouren, nicht erst seit der offiziellen Grundsteinlegeung am 27. September 2011 - genau 86 Jahre nach der Grundsteinlegung "Gebirgs-, Renn- und Prüfungsstrecke" Nürburgring im Jahr 1925. Die Eröffnung des Bilster Bergs soll im Sommer 2012 erfolgen.

"Wir blocken pro Jahr 60 Tage für die Industrie, diese Tage füllen wir gerade", sagt von Glasenapp. "2012 sind wir soweit voll, dass wir nun schon in den November und Dezember hineingehen. Keine freien Tage mehr im ersten halben Betriebsjahr! Für 2013 sind wir jetzt schon bei 40 Prozent Auslastung. Das zeigt, dass unser Konzept funktioniert. Die Nachfrage ist gewaltig, das Angebot in Deutschland sehr gering."


Fotos: Bauarbeiten am Bilster Berg


Der Bau der Strecke ist nicht nur für Motorsport und Automobilindustrie interessant, sondern auch für den strukturschwachen Raum im Teutoburger Wald. "Wir haben nach derzeitigem Stand für das erste Betriebsjahr schon 10.000 Übernachtungen in der Region vermittelt. Gastronomie und Hotellerie profitieren zuerst, dann Handwerksbetriebe und Dienstleister. Bei der Vergabe des Baus, beim Abbruch, bei Rodung, beim Ausbau der Hallen werden regionale Firmen zum Zuge kommen. Wir schauen nicht nur auf Preis, sondern auf Leistung", verspricht Projektentwickler von Glasenapp.