• 03.01.2008 12:41

Stuck: "Wollen den Motorsport umdrehen"

Unser Experte Hans-Joachim Stuck im Interview über seinen neuen Job bei Volkswagen und seine Idee für eine neue Tourenwagenserie

(Motorsport-Total.com) - Für unseren Experten Hans-Joachim Stuck war das Motorsportjahr 2007 vielleicht das Schicksalsjahr schlechthin: Am 28. April verunglückte der 74-fache Grand-Prix-Teilnehmer, DTM-Champion und zweifache Le-Mans-Sieger bei einem Langstreckenrennen am Nürburgring und zog sich dabei schwere Verletzungen zu. Dennoch stand ein Rücktritt für den 57jährigen Wahltiroler nicht eine Sekunde lang zur Diskussion.

Titel-Bild zur News: Hans-Joachim Stuck

Hans-Joachim Stuck beim PR-Termin für Sponsor Kamei in Kitzbühel

Seinen größten Saisonerfolg feierte "Strietzel" dann allerdings doch abseits der Rennstrecke: Als neuer Repräsentant des Volkswagen-Konzerns in Sachen Motorsport soll der gebürtige Bayer künftig direkt an den Vorstand berichten und seine unschätzbare Erfahrung somit allen sieben Konzernmarken zur Verfügung stellen. Nach dem Schwenken der schwarz-weiß-karierten Flagge für die vier Kamei-Snowshuttles, die den Hausgästen des Biohotels Stanglwirt in Kitzbühel zwei Wochen lang samt Chauffeur zur Verfügung stehen werden, stellte sich Stuck bei einem Kamingespräch unseren Fragen.#w1#

Stuck lebt seit Jahren in Österreich

Frage: "Hans, du bist hier, nur ein paar Kilometer vom Stanglwirt entfernt, in Ellmau zu Hause und hast auch die Weihnachtsfeiertage in deiner Tiroler Wahlheimat verbracht. Was hat dich vor 20 Jahren eigentlich hierher verschlagen?"
Hans-Joachim Stuck: "Ich habe damals in einer Münchner Zeitung etwas von einer tollen Immobilie in Westendorf gelesen, die für mich unwiederbringlich war. Erstens, weil ich die Berge einfach brauche und zweitens, weil ich mich trotz der Steuersituation schon vorher nie nach Monaco oder auf die Kanalinseln verbiegen lassen habe. Mein Vorteil war in diesem Fall meine Doppelstaatsbürgerschaft durch meinen Vater, ohne die ich die Immobilie natürlich nicht so einfach hätte kaufen können."

"Dort habe ich den absoluten Sechser im Lotto gezogen, weil ich direkt an der Skipiste wohne." Hans-Joachim Stuck

"Jahre später wurde das Haus aufgrund meiner Scheidung geteilt. Ich bin daraufhin nach Going gezogen und habe dann zu guter Letzt in Ellmau ein neues Haus gebaut. Dort habe ich den absoluten Sechser im Lotto gezogen, weil ich direkt an der Skipiste wohne. Die Berge sind für mich das älteste und beste Fitnessgerät der Welt. Und wenn man das ganze Jahr über ständig unterwegs ist, braucht man eben auch einen Platz, wo man an den kostbaren freien Tagen seine Energie wieder auftanken kann."

Frage: Der neue Tiguan, die edle Corvara-Dachbox von Kamei und das Biohotel Stanglwirt liefern die Zutaten für diese kleine PR-Aktion, die sich wahrscheinlich keinen besseren Paten wünschen könnte als den künftigen Motorsportrepräsentanten des Volkswagen-Konzerns..."
Stuck: "Vielen Dank! Ich finde die Idee mit dem Kamei-Snowshuttle einfach toll und bin hier auch gerne mit dabei, zumal mich mit Kamei eine langjährige Freundschaft verbindet. Was meinen neuen Job angeht, war dieser Wechsel in den VW-Konzern für mich sicherlich das schönste Weihnachtsgeschenk, weil ich hier meine 37 Jahre Erfahrung im Motorsport wirklich mit einbringen kann."

Dreijahresvertrag bei Volkswagen

"Wir haben zunächst einen Vertrag auf drei Jahre abgeschlossen, wobei ich es als meine Hauptaufgabe ansehe, mittel- bis langfristige Konzepte zu entwickeln und dabei insbesondere auch das Thema Energie anzugehen. Es wird dabei um Dinge gehen wie Energierückgewinnung, und auch die Hybridtechnik und Erdgas könnten Optionen sein, die man ernsthaft diskutieren muss. Im Dieselbereich ist Audi mit seinem Engagement in Le Mans und in der American-Le-Mans-Series ja bereits ein Vorreiter im Rennsport."

"Die Formel 1 muss einfach generell umdenken..." Hans-Joachim Stuck

Frage: "Was die Formel 1 als mögliche künftige Stoßrichtung angeht, gab es aus Wolfsburg ja vor gar nicht allzu langer Zeit wieder einmal ein klares Nein zu hören..."
Stuck: "Es ist im Konzern im Moment kein Thema und ich würde es im Moment auch nicht wirklich empfehlen, weil hier einfach die Reglementstabilität fehlt. Wenn man auf einen Schlag alle Windkanäle abschafft, die die Teams vorher um 100 Millionen Euro gebaut haben, dann muss man das einem Konzernvorstand erst einmal erklären. Zumindest wäre es ein bisserl blöd, wenn man die sündhaft teuren Windkanäle plötzlich nur mehr zum Wäschetrocknen verwenden dürfte. Die Formel 1 muss einfach generell umdenken..."

Frage: "... auch in Sachen Umweltschutz?"
Stuck: "Absolut. Ich war ja zuletzt sieben Jahre bei 'Premiere' und habe Bernie Ecclestone 2007 beim vorletzten Rennen die Frage gestellt, wann er denn endlich einmal das Thema Energie in Angriff nehmen und zum Beispiel Katalysatoren vorschreiben wird. Er hat nur mit 'Fuck you!' geantwortet, was vor laufender Kamera natürlich eine coole Ansage war, aber er wird sich natürlich auch noch umschauen. Das Thema Umweltschutz ist eines, dem sich der Motorsport nicht verschließen kann und genau darum werden wir uns bei Volkswagen neben vielen anderen Dingen in Zukunft kümmern."

Frage: "Was müsste man also ändern, damit die Formel 1 wieder in euer Konzept passen würde?"
Stuck: "Mit dem Wegfall der Traktionskontrolle wird zumindest in sportlicher Hinsicht etwas geschehen, das die Sache wieder spannender macht. Es wird der Popometer wieder gefragt sein und wir werden auch wieder viel mehr qualmende Reifen sehen. Dann müssen auch die Kosten drastisch reduziert und, wie gesagt, das Energiethema berücksichtigt werden. Die FIA hat schon einige Dinge in Planung, aber mir persönlich geht das alles einfach viel zu langsam."

Pläne für eine neue V8-Serie

Frage: "Gibt es für dich eine Alternative zur Königsklasse?"
Stuck: "Ich trage da seit zwei, drei Jahren eine Idee mit mir herum, die hausintern bereits positiv angenommen wurde. Und zwar denke ich da an eine weltweite Tourenwagenserie mit bärenstarken V8-Motoren, Einheitschassis und neuen Technologien unter der Haube. Es gibt insgesamt 17 Automarken, für die dieses Konzept hervorragend passen würde. Selbst wenn nur zehn mitmachen, wäre das schon eine Riesengeschichte. Es geht jetzt allerdings darum, dass zwei, drei Konzernbosse einmal den Anfang machen und ihre Kollegen dann mitziehen. Wir wollen den Motorsport ein bisserl umdrehen und wir sind zuversichtlich, dass uns das auch gelingen wird."

"Eine Dachbox gehört für mich zur Winterausrüstung einfach dazu." Hans-Joachim Stuck

Frage: "Motorsportler denken in ihrem täglichen Beruf oft sogar mehr über Sicherheit nach als Otto Normalverbraucher. Einmal Hand aufs Herz: Hat sich der 'Strietzel' Stuck auch schon einmal seine Gedanken über die Risiken beim Schitransport gemacht?"
Stuck: "Selbstverständlich. Man muss sich nur einmal vor Augen führen, was bei einer Vollbremsung passieren kann, und man darf auch etwas anderes nicht vergessen: Wenn man die Schiausrüstung nicht in einer Dachbox, sondern offen transportiert, ist natürlich alles inklusive der Bindung dem aggressiven Salz ausgesetzt. Eine Dachbox gehört für mich zur Winterausrüstung einfach dazu und dass Kamei die besten baut, braucht man eigentlich gar nicht separat dazu erwähnen."

Frage: "Du hast die Kamei-Snowshuttles hier mit der schwarz-weiß-karierten Flagge auf ihre Reise geschickt. Der ehemalige Formel-3000-Europameister Norbert Siedler stand inzwischen als Modell im Schnee. Deine Meinung über den jungen Tiroler?"
Stuck: "Ein Superfahrer, der aber auch einmal die richtige Chance braucht. Ich sehe das ja auch bei meinen Jungs. Man muss einfach versuchen, sich permanent in Szene zu setzen und diesen Weg irgendwie durchzugehen. Ob es von der Formel 3 in die GP2 ist oder ob man einmal die Möglichkeit bekommt, einen Formel 1 zu testen. Er darf einfach seine Richtung nicht verlieren, dann hat er wirklich große Chancen."