• 12.03.2013 14:54

De Silvestro: "Ich war richtig geschockt"

Simona de Silvestro im Pressegespräch vor den offiziellen IndyCar-Testfahrten: Wie sieht die 24-jährige Schweizerin die neue Saison im neuen Team?

(Motorsport-Total.com) - Zum ersten Mal in ihrer IndyCar-Karriere fährt Simona de Silvestro in einem der großen Teams: Die 24-jährige Schweizerin sitzt in einem KV-Chevrolet von Kevin Kalkhoven und Jimmy Vasser. Ihr neuer Teamkollege ist dabei kein geringerer als Tony Kanaan. Das 38-jährige IndyCar-Urgestein aus Brasilien ist seit der Saison 1998 nicht weniger als 257 IndyCar-Rennen gefahren, gewann 15 davon und stand 61 Mal (!) auf dem Podium. In der Saison 2004 holte er sich den Titel.

Titel-Bild zur News: Simona de Silvestro

Die Schweizerin Simona de Silvestro geht in ihre vierte IndyCar-Saison

Im Gegensatz zu diesen beeindruckenden Zahlen ist de Silvestro, die 2013 immerhin bereits in ihre vierte IndyCar-Saison geht, fast noch ein Rookie. Wie die gebürtige Thunerin die Zusammenarbeit in ihrer neuen Mannschaft sieht, was sie aus der so schwierigen Saison 2012 alles mitgenommen hat und wie sie sich im neuen Team eingelebt hat, verriet sie auf dem IndyCar-Medientag im Barber Motorsports Park.

Frage: "Neuer Teamkollege, neues Team und irgendwie auch ein neuer Sponsor?"
Simona de Silvestro: "Ja, alles ist neu und es ist für mich das erste Mal in meiner IndyCar-Geschichte, dass ich das Team gewechselt habe. Jetzt fahre ich für KV Racing, ein starkes Team und ich hoffe in diesem Jahr auf ein paar gute Resultate. Mit Tony Kanaan habe ich zum ersten Mal einen Teamkollegen und das fühlt sich schon ein wenig komisch an. Du musst das Teilen lernen und damit fangen wir gerade an, vor allem von meiner Seite aus. Ich freue mich auch, dass mir mein Hauptsponsor, die Clean Air Campaign, die Treue gehalten hat, denn unsere Saison 2012 war richtig schwierig. Aber sie glauben an mich, sie unterstützen mich weiter und das ist für mich sehr wichtig."

Frage: "Trotz der schwierigen Saison mit Lotus - kannst du irgendetwas Positives mitnehmen?"
De Silvestro: "Ja. Klar war die Saison 2012 nicht einfach, aber zum Beispiel war Indianapolis für mich eine positive Erfahrung, nach dem, was mir dort im Jahr 2011 passiert ist. Auch wenn wir keinen wettbewerbsfähigen Motor hatten, hatte ich dafür unter der Woche viel Zeit, mich mit mir selbst zu beschäftigen. Ich glaube, dabei habe ich viel über mich selbst gelernt. Zum Beispiel geduldig zu bleiben oder Dinge aus dem Auto heraus zu holen, die ich zuvor nicht herausholen konnte. Das war schon okay."

Große Freude über Chevy-Power

Simona de Silvestro

Simona de Silvestro in ihrem KV-Chevy (noch in neutraler Lackierung) Zoom

Frage: "Wie kam es zu dem KV-Vertrag und hat dich dein altes Team nicht zum Bleiben überreden wollen?"
De Silvestro: "Also gegen Ende des vergangenen Jahres war es ziemlich klar, dass ich eine Veränderung wollte. Ich muss mich wirklich bei Keith Wiggins (HVM-Teambesitzer; Anm. d. Red.) bedanken, denn ich habe viel gelernt und er hat mir auch einige gute Chancen eröffnet. Aber es war an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Der Deal kam sehr schnell zustande. Ich glaube, es war kurz nach Fontana, als wir begonnen hatten, mit KV zu sprechen."

"Dann hat es uns sehr gefreut, dass wir eine Möglichkeit der Zusammenabreit hinbekommen. Es gab auch ganz schnell einen Testplan, weil sie noch ein paar freie Termine hatten. Als ich dann im November zum ersten Mal im Auto gesessen bin, war alles fertig und das ist eine tolle Sache. Zudem konnte ich noch meinen Chef-Ingenieur von HVM mitbringen. Es ist schon eine schöne Sache, dass sie mir erlaubt haben, jemanden mitzubringen, den ich unbedingt in meinem Team haben wollte."

Frage: "Wie hat es sich angefühlt, als du zum ersten Mal in einem Auto mit einem vernünftigen Motor gesessen bist?"
De Silvestro: "Das war hier in Barber und nach meiner ersten Runde konnte ich es gar nicht glauben, was ich da für einen Kraftunterschied erlebt habe. Das war ein Schock, denn ich wusste ja aus der letzten Saison, dass die Konkurrenz schneller war als ich. Ich wusste nur nicht, wie groß der Unterschied war. Das war also schon ein Schock und jetzt ist es großartig, in einem Chevy-Team zu fahren."

"Sie haben eine Menge Erfahrung, sie hören dir zu und versuchen alles umzusetzen, was du willst. Zu jedem Test kamen sie und haben etwas mitgebracht, was dir vielleicht weiterhelfen kann. Auch die Offenheit unter den Chevy-Teams ist bemerkenswert, denn du weisst immer genau, an was die anderen gerade arbeiten und daher bist du immer auf der Höhe der Entwicklungen."

Die Zusammenarbeit entwickelt sich

Simona de Silvestro Tony Kanaan

Die neue Farbgebung bei KV Racing ist dunkelblau und weiß Zoom

Frage: "Wie viele Testtage hattest du bis jetzt?"
De Silvestro: "Einige. Hier war mein erster Tag, danach fuhren wir in Texas. Das war gut für mich, denn ich fuhr mit einem guten Motor auf einem Oval und das hat Spaß gemacht. Ich glaube, dass schon meine Outlap schneller war als alle anderen Runden 2012. Danach waren wir zwei Tage in Sebring und noch einen Tag in Sonoma. Es gab also schon einige Tests und das war interessant. Denn zum ersten Mal habe ich auch ein paar neue Optionen kennengelernt. Dinge, die ich mochte, Dinge, die Tony mochte. Bei diesem Test können wir nun hoffentlich zeigen, was wir gelernt haben."

Frage: "Wie gut arbeiten du und Tony schon zusammen? Wie ähnlich ist euer Fahrstil?"
De Silvestro: "Da gibt es schon Unterschiede, wie ich zugeben muss. Das Gute ist aber, dass jeder von jedem etwas lernen konnte. Insofern haben wir uns verbessert. Das ist gut und ich glaube auch, dass die Art unserer Zusammenarbeit etwas Zeit gebraucht hat. Wie gesagt: Zu Beginn war es etwas komisch, plötzlich einen Teamkollegen zu haben, aber vor zwei Wochen in Sonoma hat es Klick gemacht. Gleiches gilt für die Ingenieure und das kann nur gut für uns sein."

Frage: "Du sagtest, dass euer Fahrstil unterschiedlich ist. Versuchst du, deinen Fahrstil an den von Tony anzupassen?"
De Silvestro: "Nein, nicht wirklich. Da gibt es Dinge, die er besser macht und da gibt es Dinge, die meiner Meinung nach ich besser mache. Beim letzten Test haben wir einen Kompromiss gefunden, der uns beiden liegt. Ich glaube auch nicht, dass ich so fahren könnte wie er es tut - und umgekehrt. In Sachen Setup haben wir also herausgefunden, was mir nutzen kann und was ihm auch nutzen kann. Das geht schon in die richtige Richtung, aber als Fahrer glaube ich nicht daran, dass du wie ein anderer Kollege fahren willst. Du weisst, was das Richtige für dich ist und dabei ist es wichtig, dass du ein Auto hast, dass das tut, was du willst."

Frage: "Wie sehr freust du dich auf Indy und die Tatsache, dort eine echte Chance zu haben?"
De Silvestro: "Sehr. Wenn du nach Indianapolis fährst, dann willst du, wie auf jeder anderen Strecke auch, gewinnen. Tony wurde dort im Vorjahr Dritter. Ich weiß also, dass das Auto dort funktionieren kann und er hat eine Menge Erfahrung. Ich kann in der gesamten Trainingszeit also einiges von ihm lernen. Ich hoffe nur, dass wir ein problemfreies Indy 500 erleben, denn dort hatte ich bisher immer eine harte Zeit. Aber hoffentlich kommt in diesem Jahr einmal alles zusammen."