• 11.10.2009 22:26

Champion Franchitti: "Ich würde nichts anders machen"

Ein perfektes Spritmanagement bescherte Dario Franchitti seinen zweiten IndyCar-Titel - auf der Pressekonferenz sprach der Schotte nicht nur über das Rennen

(Motorsport-Total.com) - Dario Franchitti ist der IndyCar-Champion der Saison 2009. Der Schotte beschrieb auf der Pressekonferenz unter anderem, wie er das dramatische Saisonfinale von Homestead sah und wie gut die Ganassi-interne Zusammenarbeit mit Scott Dixon funktioniert. Auch über seinen NASCAR-Abstecher und die Folgen für die Saison 2009 berichtete der nunmehr zweifache IndyCar-Titelträger.

Titel-Bild zur News: Dario Franchitti

Dario Franchitti bejubelte seinen zweiten IndyCar-Titel nach 2007

Frage: "Dario, wie hast du das Rennen gesehen?"
Dario Franchitti: "Wir haben schon im Training gesehen, dass Scott und Ryan schneller waren, da unsere Balance nicht perfekt war. Also entschied ich sehr früh, dass meine einzige Option die war, Sprit zu sparen, weil ich nicht mit ihnen mithalten konnte. Beim ersten Stopp haben wir dann eine kleine Anpassung vorgenommen, die dem Auto sehr geholfen hat."#w1#

"Auch die Strecke wurde kühler, was uns entgegen kam. Aber leider lag ich da schon vier Sekunden zurück. Von da an ging es nur noch ums Benzin sparen, aber bei recht guten Rundenzeiten. Außerdem hatten wir ja zwei Autos im Titelkampf. Also splitteten wir die Strategien und meine ging am Ende auf."

Frage: "Wie hast du dein Rückkehrer-Jahr bei den IndyCars gesehen?"
Franchitti: "Ich dachte nicht, dass ich in meinem ersten Jahr fünf Rennen und den Titel gewinnen kann. Ich wusste, dass ich bei Ganassi gutes Material haben würde. Es war nur die Frage, ob ich wieder auf dem Level fahren kann, auf dem ich war. Und ich wusste, dass Scott ein noch besserer Fahrer ist, als er 2007 war."

"Ryan hat auch jede Woche Druck gemacht. Es waren zwar immer wieder einmal andere Kollegen zur Stelle, aber es kristallisierte sich schnell heraus, dass Scott und Ryan meine Konkurrenten sein würden. Ab meinem Long-Beach-Sieg wusste ich dann, dass ich es schaffen könnte. Das einzige wirkliche Negativerlebnis war das Indy 500, denn Scott und ich hatten Siegerautos, aber wir konnten es nicht umsetzen."

Detroit als Wendepunkt

Dario Franchitti

2008 verbrachte Dario Franchitti nicht ganz eine Saison in der NASCAR Zoom

Frage: "Als du dich beim Nationwide-Rennen 2008 verletzt hast, gab es damals einen Zeitpunkt, an dem du dich gefragt hast, wie es weitergehen würde, bevor Chip mit dem IndyCar-Angebot kam?"
Franchitti: "Sicher. Chip kam einige Male und murmelte etwas von einem IndyCar-Programm. Dann gab es dieses schwierige Telefonat, in dem er mir sagte, dass ihm das Geld für das Sprint-Cup-Team ausgegangen sei und er deswegen zusperren müsse. Viele verloren ihren Job, das war keine schöne Zeit. Im Mai war ich dann regelmäßig in Indianapolis und begann über eine Rückkehr nachzudenken."

"In Detroit habe ich dann lange mit Chip und Mike Hull im Team-Transporter gesprochen. Der Rest ist ja bekannt. Die große Frage war: Kannst du wieder 100 Prozent geben? Aber ich war zufrieden, dass ich wieder zurückkommen konnte, denn ich wollte unbedingt ein Teil dieser wiedervereinigten Serie sein."

Frage: "Was hat dich eigentlich genau bewogen, in die NASCAR zu gehen?"
Franchitti: "Irgendwann in 2007 habe ich mich gefragt, was ich im kommenden Jahr machen will. Darauf fand ich keine richtige Antwort. Normal war es immer so, dass ich einfach weitermachen wollte wie bisher. Aber in diesem Fall war ich mir über meine Motivation nicht sicher. Also begann ich mich umzuhören, und Chip suchte jemand für sein Auto. Das hat funktioniert und nun sitzen wir nach ein paar Umwegen hier. Das ist schon eine coole Geschichte."

"Ich würde aber nichts anders machen. Ich habe als Fahrer einiges Neues gelernt, das ich nun bei den IndyCars gebrauchen kann. Das hat mich zu einem besseren Piloten gemacht. Nun bin ich bei den IndyCars und genau dort sollte ich auch sein. Ich bedauere nichts."

Volles Vertrauen zu Dixon

Scott Dixon Dario Franchitti Ganassi

Scott Dixon und Dario Franchitti sind seit Saisonbeginn Teamkollegen bei Ganassi Zoom

Frage: "Du erlebtest dort eine harte Zeit. Macht das diesen Titel noch emotionaler?"
Franchitti: "Sicher ist es irgendwie besonders süß, das alles durchgemacht zu haben. Ich hatte in meiner Karriere viel Glück. Ich war bei großen Teams mit tollen Sponsoren und hatte immer siegfähiges Material. 2008 war dann hart. Vielen meiner Freunde war es schon passiert, dass sie plötzlich keine Sponsoren mehr hatten. Für mich war das neu. Aber es war eine gute Lektion für mich, denn nun kenne ich auch die andere Seite der Medaille."

Frage: "Das ist nun dein zweiter IndyCar-Titel. Wie ist der Vergleich zur ersten Meisterschaft?"
Franchitti: "Ich vermute, Chip mag diesen Titel mehr. Ich weiß nicht, wie ich ihn einordnen kann. Dazu ist alles noch zu frisch. 2007 war es eine große Genugtuung. Nun bin ich zurückgekommen und das macht es vielleicht noch süßer. Alle sind nun zusammen und der Kalender ist sehr ausbalanciert. Ich habe Jungs wie Ryan und ganz sicher Scott geschlagen. Vor allem Scott, noch dazu mit dem gleichen Material. Wann immer du Scott schlagen kannst, dann hattest du einen großartigen Tag. Aber du musst dazu immer an die absolute Grenze gehen."

Frage: "Chip sprach von diesem berühmten einen Prozent, das viele Fahrer gegenüber dem Teamkollegen zurückhalten würden, was Scott und du aber nicht machen würdet..."
Franchitti: "Das ist eine Sache des Vertrauens, das sich entwickelt. Mit Paul Tracy, Michael Andretti und Brian Snider hatte ich so ein Verhältnis. Später auch mit Jungs wie Tony Kanaan, Bryan Herta, Dan Wheldon, Marco Andretti und Danica Patrick. Scott war zu Beginn vielleicht etwas wachsam, aber dann kamen auch bei uns die vollen Informationen an. Das ging soweit, dass wir über einzelne Kurven sprachen. Wir arbeiten wirklich sehr gut zusammen."

Frage: "Briscoe und Dixon unternahmen wirklich alles, um am Ende zu gewinnen. Dann mussten sie realisieren, dass du und dein Team einfach cleverer waren. Hast du gegenüber ihnen ein wenig Mitgefühl, vor allem weil sie ein bemerkenswertes Rennen geboten haben?"
Franchitti: "Absolut. Ich denke, wenn wir zu Beginn ein besseres Handling gehabt hätten, dann wären wir sogar in der Lage gewesen, mit ihnen mitzuhalten. Sie haben alles richtig gemacht und wir auch. Es war eine andere Strategie und eine Portion Glück. Aber um den Titel zu gewinnen, braucht man Glück. Man kann jedes Rennen analysieren, bei dem ich einen Fehler gemacht habe oder Pech hatte. Das hatten wir alle einmal. Es ist das Punkteresultat einer ganzen Saison, das dich in diese Situation gebracht hat."

Party mit Dixon, Briscoe und Kanaan

Dario Franchitti Tony Kanaan

Auch Tony Kanaan wird sich die Titelfeier Franchittis nicht entgehen lassen Zoom

Frage: "Freust du dich bei dieser Meisterschaft mehr für dich selbst oder für das Team?"
Franchitti: "Es klingt zwar abgedroschen, aber als Team gewinnen und verlieren wir zusammen. In Indy haben wir es an den Gesichtern der Jungs gesehen. Und nun haben wir für unser Team gewonnen. Wir haben die Plätze eins und zwei geholt und das ist klasse. Ich liebe es, Teil eines Teams zu sein. Viele Leute glauben, dass dies ein Einzelsport ist, aber es ist ein Teamsport. Und wenn das Team super zusammenarbeitet, dann ist das umso großartiger."

Frage: "Am Ende des Rennens wurde klar, dass dein Sprit reichen würde und die beiden noch einmal zum Tanken kommen müssen. Hast du damit gerechnet, dass keine Gelbphase mehr kommt? Und was ging dir in den letzten zehn Runden in Sachen Emotionen durch den Kopf?"
Franchitti: "Ich hoffte einfach, dass es keine Gelbphase mehr geben würde. Wir kannten nach dem letzten Stopp unsere Ausgangslage. Hätte es in den letzten fünf Runden eine Gelbphase gegeben, dann wäre das Rennen wohl unter Gelb zu Ende gegangen, denn es dauert seine Zeit, bis die Strecke hier aufgeräumt ist."

Frage: "Vor zwei Jahren hattest du eine Vereinbarung mit Scott, dass ihr beide ein Bier trinken gehen werdet, egal wer gewinnt. Damals hat er dich versetzt, was er heute nicht machen wird. Wie wichtig ist es für dich, mit deinem Teamkollegen zu feiern, vor allem weil es so knapp war?"
Franchitti: "Ryan hat versichert, dass er auch kommen wird. So war zumindest unsere Vereinbarung. Auch Tony Kanaan wird kommen und es gibt das Gerücht, dass er zahlen wird. Für mich ist es sehr wichtig, zusammen mit Scott zu feiern. Es ist mit Scott genauso, wie es damals schon mit Tony war. An einem Tag ist einer der Bessere, an einem anderen Tag ist es der Andere.

"Wichtig ist, dass wir uns gegenseitig pushen und zwar in einer sehr positiven Art und Weise. So nach dem Motto: Du hast einen tollen Job gemacht, aber nun gehe ich nach Hause, denke darüber nach und komme stärker zurück. Das haben wir die ganze Saison so gemacht. Er ist ein toller Teamkollege, ich arbeite sehr gerne mit ihm zusammen. Hoffentlich können wir das alles im nächsten Jahr wiederholen."