"Tun uns echt schwer": Wieso Abt so ein hartes Formel-E-Comeback erlebt
Abt-Teamchef Thomas Biermaier erklärt, wieso Abt aktuell in der Formel E mit einer Herkulesaufgabe konfrontiert ist - großes Lob für Frijns-Ersatz Kelvin van der Linde
(Motorsport-Total.com) - Das Abt-Team erlebte dieses Jahr nach dem Comeback in der Formel E einen schwierigen Saisonauftakt: Die Stammfahrer Nico Müller und Robins Frijns sowie Ersatzmann Kelvin van der Linde, der den Niederländer nach dessen Verletzung ersetzte, kamen bei den ersten drei Rennen in Mexiko sowie in Saudi-Arabien über das Ende des Feldes nicht hinaus.
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Das beste Abt-Ergebnis der ersten drei Rennen war Müllers 14. Platz in Mexiko Zoom
Aber warum tut sich das erfolgreiche Team, das als Teil des Audi-Werkseinsatzes sogar Titel gewann, mit dem Mahindra-Antrieb so schwer? "Wir haben Mitte Dezember in Valencia das erste Mal so richtig mit diesem Auto in Valencia gearbeitet", erklärt Abt-Teamchef Thomas Biermaier im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.
"Wir haben dort drei Tage getestet - mit Problemen, die jeder andere auch hatte. So sind wir nach Mexiko gekommen. Sonst haben wir nicht viel mit diesem Auto gearbeitet, während jedes andere Team in dieser Serie hunderte von Kilometern damit abgespult hat", spielt er auf das neue Gen3-Auto der Formel E an, das dieses Jahr eingeführt wurde.
"Fahren nicht gegen private Teams ..."
Tatsächlich fehlt es dem Abt-Team an Testzeit, denn das erste Chassis wurde erst Ende Oktober nach Kempten geliefert. Doch die Abt-Piloten Müller und Frijns waren schon vor der Testpremiere von Abt in Valencia bei den Mahindra-Versuchsfahrten im Einsatz. Dabei waren auch Abt-Ingenieure vor Ort.
Dennoch wurde das Abt-Projekt sehr spät gestartet - und die Konkurrenz ist für das Privatteam enorm. "Wir fahren nicht gegen private Teams, sondern gegen Hersteller und Topteams. Das ist schon ein Thema, bei dem wir uns echt schwer tun", so Biermaier.
Abgesehen davon läuft auch bei Mahindra nicht alles nach Plan: Denn bei der Antriebs-Software, die in der Formel E eine entscheidende Rolle spielt, hat der indische Hersteller laut Biermaier einige Wochen Entwicklungs-Rückstand, worunter in den Rennen nicht nur das Werksteam, sondern auch Abt leidet.
Rennkalender als zusätzliche Herausforderung
Dennoch läuft es beim Mahindra-Rennstall bislang zumindest im Qualifying deutlich besser, wie die Poleposition von Ex-Abt-Pilot Lucas di Grassi in Mexiko-Stadt beweist. Kein Wunder, dass aktuell bei Abt alle Kapazitäten genutzt werden, um den Rückstand aufzuholen. Doch das ist auch durch den dichten Rennkalender alles andere als einfach.
"Speziell jetzt kommt uns dieser Zwei-Wochen-Rhythmus überhaupt nicht entgegen", erklärt Biermaier. "Es wäre schön gewesen, zwischen dem ersten und dem zweiten Rennen vier Wochen Pause zu haben, um ein bisschen aufholen zu können, aber so ist das relativ schwierig. Du kommst heim von Riad, dann bist du vier Arbeitstage in Simulator und dann fliegst du nach Indien. In diesen vier Tagen kannst du natürlich nicht so viel aufholen wie sonst."
Zudem ist es aktuell nicht gerade ein Vorteil, dass Frijns wegen seiner Handverletzung ausfällt. "Es tut mir Leid für Robin - und das tut uns natürlich auch sehr weh", sagt Biermaier. "Er ist einer der erfahrensten Formel-E-Fahrer. Den hätten wir vor allem am Anfang der Saison sehr stark benötigt, aber wir sind sehr happy mit allen drei Fahrern, die wir haben."
Großes Lob für Kelvin van der Linde: "Hat schon überrascht"
Lob gibt es vor allem für Frijns-Ersatzmann Kelvin van der Linde, der abgesehen von Simulatorerfahrungen und dem Rookie-Test 2020 in Marrakesch, den er damals für Audi bestritt, in Riad als Frijns-Ersatz eine blitzsaubere Leistung bot. Der Südafrikaner, der für Abt in den vergangenen zwei Jahren auch in der DTM startete, war teilweise sogar schneller als Stammpilot Nico Müller und blieb auch noch fehlerlos.
"Er hat das sehr gut gemacht, war auch in der Vorbereitung hochprofessionell, hat sehr viel gearbeitet. Und er hat alle Vorgaben, die wir mit ihm gemeinsam besprochen haben, perfekt umgesetzt", zieht Biermaier vor dem Indien-Rennen eine erste Bilanz. "Da gibt es nichts zu meckern - ganz im Gegenteil: Da gibt es ein Lob."
Biermaier gibt zu, dass er von der Leistung des 26-jährigen Südafrikaners durchaus überrascht war. "Dass wir ihm das zugetraut haben, war klar, sonst hätten wir ihn nicht genommen", sagt der Abt-Teamchef. "Aber dass er so ein solides und gutes Wochenende hinlegt, hat mich zum Schluss schon überrascht."
Nur im Rennen, in dem das Energiemanagement eine enorme Rolle spielt, habe sein Schützling noch Entwicklungspotenzial. "Aber dafür kann er nichts", stellt Biermaier klar. "Da fehlt ihm die Erfahrung. Auf eine Runde hat er es schon sehr gut gemacht."
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