Chandhok: "Ich bin kein Felix Baumgartner"

Ex-Formel-1-Pilot Karun Chandhok stellt sich mit seinem Einsatz in der Formel E einer neuen Herausforderung - Er kritisiert die aktuelle Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Am 13. September ist es soweit. Für den indischen Rennfahrer Karun Chandhok beginnt mit diesem Tag ein neues Abenteuer. Er wird beim ersten Rennen der Formel-E-Serie mit dem Mahindra-Team in Peking an den Start gehen. Die ersten Eindrücke seinens neuen Dienstwagens sind durchaus positiv.

Titel-Bild zur News: Karun Chandhok

Mahindra-Pilot Karun Chandhok freut sich auf den ersten Lauf in Peking Zoom

"Die Technologie ist wirklich interessant. Es ist sehr anders, neu - all die Energierückgewinnung ist eigentlich sehr knifflig...es ist nicht so schnell, wie wir es gerne hätten, aber das kommt daher, dass die Batterien-Technologie noch in Kinderschuhen steckt", meint Chandhok gegenüber 'Exklusive Sports Media'.

Wenn sich die Technologie verbessert, dann werde auch das Tempo höher werden, so der Inder. Trotzdem ist er schon jetzt sehr beeindruckt "ein Elektroauto zu fahren, dass 230 Kilometer pro Stunde erreichen kann." Er glaubt, dass die Batterien schon bald leistungsfähiger und leichter werden.

Koexistenz ist der Schlüssel

"Ich denke nicht, dass ich es noch erleben werde, dass ein Verbrennungsmotor ganz von einem Elektroauto ersetzt werden wird. Es ist Platz für beides", zeigt er sich kompromissbereit. "Ich bin ein großer Fan von Geschichte und Tradition und das kann nicht komplett ignoriert werden. Die Formel E zielt darauf ab, Technologie für Straßenautos zu entwickeln." Wenn man sich die Automobilindustrie heute ansehe, dann würden alle schon mit Hybridantrieben arbeiten.

Eigentlich kommt Chandhok aus der Formel 1, wo er 2010 und 2011 an den Start ging. Er fuhr für die Teams HRT und Lotus. Insgesamt war er nach Narain Karthikeyan erst der zweite Inder, dem der Sprung in die Königsklasse gelang. In seiner Heimat wusste man zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel über Motorsport: "Leute wussten, was Formel 1 war und sie kannten Schumacher und Hakkinen. Aber niemand verstand wirklich mehr davon."

"Wenn ich sagte 'Ich gehe in die Formel 3 und brauche 350.000 Pfund' haben die Leute geglaubt, ich sei verrückt! Sie haben es einfach nicht verstanden." Auch die indischen Sportmedien haben nicht viel über das Motorsport-Business verstanden: "Einmal gab ich eine Pressekonferenz auf einer Go-Kart-Strecke und ein Typ fragte mich, was der Unterschied zwischen einem Go-Kart und einem Formel-1-Wagen sei - ich meine, wo soll man da anfangen?"

Zwei Wegbereiter

Durch Chandhok und Karthikeyan habe sich das gewandelt und das Interesse habe sich deutlich gesteigert. Trotzdem: "Es ist immer noch schwierig Geld aufzutreiben für jemanden, der aus Indien kommt. Die nächste Generation der Fahrer hat eine etwas größere Chance, weil das Interesse gestiegen ist."

Karun Chandhok

2011 fuhr Chandhok für das ehemalige Lotus-Team in der Formel 1 Zoom

Er schwärmt heute noch von seiner Zeit in der Formel 1: "Man verbringt Zeit mit unglaublich intelligenten Menschen - Renningenieure und Leute, mit denen du zusammenarbeitest." Auch in der Formel E ist das nicht anders: "Ich fühle mich privilegiert mit solchen Leute in einem Büro zu sitzen. Wenn sie mit neuen Ideen und Lösungen kommen, dann denkst du 'Das ist brillant - Ich wäre niemals darauf gekommen'."

Aber es gibt auch Schattenseiten im Motorsport-Geschäft: "Es verlangt einem viel ab. Du hältst immer Ausschau nach jemandem, der dir schaden möchte. Es gibt immer so jemanden da draußen - es ist ein mörderisches Business." Auch Freundschaften sind etwas Seltenes im Fahrerlager: "Ich habe ein paar gute Freunde, die Rennfahrer sind, aber es ist sehr schwierig starke Beziehungen aufzubauen, weil es Momente gibt, wo beide die gleichen Ziele verfolgen und nur einer es erreichen kann. Ich bin mir sicher, dass das jedem schon einmal passiert ist."

Geht bald der Reiz verloren?

Geht es um die Herausforderungen im professionellen Motorsport, so bemerkt der Inder, dass immer mehr Strecken durch Umbauabreiten ihren Reiz verlieren. "Wenn mich jemand nach meinen Top-Strecken fragt, dann sage ich Silverstone, Suzuka, Monaco, Le Mans, Macau...Monaco ist eine der letzten wirklichen Herausforderungen. Monaco, Macau und Le Mans - das sind Straßenkurse. Da gibt es noch ein Element der Angst, dadurch ist die Herausforderung größer. Wenn du einen Fehler machst, bist du in der Mauer - du zahlst den Preis dafür." Auch in der Formel-E-Saison wird auf Straßenkursen, wie in Peking, London oder Berlin, gefahren werden.

Die treibende Kraft hinter Chandhok ist weiterhin seine Leidenschaft für den Sport: "Ich bekomme einen Kick beim Rennfahren und das ist es auch, warum ich es mache." Ansonsten sieht sich der 30-Jährige eher als ruhigen Zeitgenossen: "Es ist komisch, weil ich mich außerhalb des Autos nicht dauernd von Flugzeugen runterstürze. Ich bin beim besten Willen kein Felix Baumgartner."