• 02.05.2013 18:02

Dyer: "Technische Unterschiede gar nicht so gewaltig"

BMW-Chefingenieur Chris Dyer arbeitet seit einigen Monaten am M3 - Im Interview erklärt er die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Formel 1 und DTM

(Motorsport-Total.com) - Der Australier Chris Dyer hat sich in den vergangenen Monaten bei BMW eingearbeitet. Er hat den Posten des Chefingenieurs übernommen und füllt jene Lücke auf, die durch die Abgänge von Andreas Seidl und Mike Krack - die beide zu Porsche für das LMP1-Programm abgewandert sind - entstanden ist. Dyer sammelte in der Formel 1 viel Erfahrung und arbeitete zuletzt als Chefrenningenieur bei Ferrari. Nach dem taktischen Fehler im Titelkampf 2010 wurde Dyer von der Scuderia vor die Türe gesetzt. Schließlich heuerte der Australier im vergangenen Herbst bei BMW an. Im Interview schildert Dyer die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Formel 1 und DTM.

Titel-Bild zur News: Chris Dyer

Ex-Formel-1-Ingenieur Chris Dyer gefällt sein neues Umfeld in der DTM Zoom

Frage: "Welchen Eindruck hast du in deinen ersten Monaten als Chefingenieur vom BMW M3 DTM gewonnen?"
Chris Dyer: "Einen sehr guten. Der BMW M3 DTM war 2012 in allen Bereichen stark. Vor allem im Rennen hat das Auto einen guten Eindruck hinterlassen, vielleicht haben wir im Qualifying noch ein paar Reserven. Das hat die Weiterentwicklung nicht einfach gemacht, da wir keinen offensichtlichen Schwachpunkt hatten, auf den wir uns konzentrieren konnten. Unser Ziel lautete deshalb, aus jedem einzelnen Bereich noch das letzte Quäntchen mehr an Performance herauszukitzeln - und das Fahrzeug gleichzeitig noch robuster zu machen, um auf Zweikämpfe vorbereitet zu sein."

Frage: "Inwieweit unterscheidet sich ein DTM-Auto von den Fahrzeugen, mit denen du zuvor im Motorsport gearbeitet hast?"
Dyer: "Ein DTM-Auto sieht zwar völlig anders aus als ein Formelauto. Aber bei genauerem Hinsehen sind die technischen Unterschiede gar nicht so gewaltig, vor allem nicht im Bereich Mechanik. Zum Beispiel ähnelt die Radaufhängung eines DTM-Autos der eines Formel-1-Rennwagens. Auch der Abtrieb spielt bei beiden Fahrzeugen eine große Rolle. Die Abtrieb wird bei einem DTM-Auto nur anders erzeugt."

Frage: "Inwiefern?"
Dyer: "In der DTM ist der Frontsplitter von entscheidender Bedeutung, der im Vergleich zum Frontflügel eines Formelautos jedoch nicht individuell verstellt werden kann. Das ist eine Herausforderung. Man versucht also, dasselbe zu erreichen wie zum Beispiel in der Formel 1, nutzt aber andere Mittel und Wege."


Fotos: BMW-Präsentation in München


Frage: "Du sprichst die engen Grenzen des DTM-Reglements an. In welchen Bereichen siehst du den größten Spielraum für Modifikationen?"
Dyer: "Da wir bei der Aerodynamik in der Weiterentwicklung eingeschränkt sind, konzentrieren wir uns eher auf andere Bereiche. Vor allem durch die Optimierung des Setups unserer BMW M3 DTM können wir den größten Unterschied machen. Dabei spielen die Renningenieure der einzelnen Teams und die Fahrer eine entscheidende Rolle."

Frage: "Was sind die größten Unterschiede zwischen deiner Aufgabe als Chefingenieur im DTM-Projekt und deinen früheren Aufgaben?"
Dyer: "Die größte Herausforderung ist, dass BMW nur erfolgreich sein kann, wenn die einzelnen Einsatzteams perfekt funktionieren. Sie setzen die Autos letztlich in den Rennen ein. In der Formel 1 ging es hauptsächlich darum, dass man selbst und die engsten Mitarbeiter einen guten Job machen. Für BMW ist es dagegen entscheidend, gemeinsam mit den Teams das Maximum aus dem Gesamtpaket herausholen zu können. Ich arbeite jetzt viel mehr mit Menschen zusammen, als mich im Detail um die Technik zu kümmern. Ich muss kommunizieren, motivieren, koordinieren."