• 04.05.2014 11:56

  • von Stefan Ziegler

Taktik-Knüller oder Irrfahrt: Premiere für das neue Rennformat

Wie die neuen Reifenregeln die DTM-Läufe verändern, was von der Strategie zu erwarten ist und warum die Experten mit einem "zweigeteilten" Rennen rechnen

(Motorsport-Total.com) - Ein Boxenstopp weniger als im vergangenen Jahr. Das sieht auf den ersten Blick nicht wie eine dramatische Veränderung aus. Tatsächlich aber wird diese Maßnahme die Dynamik der DTM-Rennen wesentlich verändern. Denn die strategischen Möglichkeiten der Fahrer und ihrer Teams werden durch die neuen Regeln wesentlich beschnitten. Hinzu kommen dafür einige neue Unwägbarkeiten.

Titel-Bild zur News: Joey Hand

Nur noch ein Boxenstopp: Was das für die Renndynamik heißt, wird sich zeigen Zoom

Und mittendrin steht die Frage: Wann genau biegen die Fahrer zu ihrem einzigen Boxenstopp ab, den das Reglement für das zweite Renndrittel vorschreibt? Einige Beobachter vermuten: genau zur Hälfte des Rennens. Denn auf diese Weise würde man die maximal erlaubte Distanz aus den Options-Reifen herausholen und so den Vorteil der weicheren Pneus bestmöglich ausnutzen. Aber ob es so kommt?

Falls ja, dann wird es beim DTM-Saisonauftakt am Hockenheimring in Runde 21 ziemlich hektisch in der Boxengasse, wenn alle oder fast alle Piloten auf einmal zum Service vorbeifahren. Zumindest BMW-Motorsport-Direktor Jens Marquardt erwartet aber nicht, dass die Mehrheit der Fahrer just zur Rennhälfte stoppt. "Das wird so wahrscheinlich eher nicht stattfinden", meint er. "Ich bin aber gespannt."

Was bringt der Start mit Options-Reifen?

Bekannt ist immerhin schon jetzt, mit welcher Reifensorte die einzelnen Piloten das Rennen beginnen werden. Am Samstagabend wurde um kurz vor 21 Uhr eine Mittelung veröffentlicht, aus der die Wahl der Startreifen hervorgeht. Und da hatte Marquardt schon einmal richtig gestippt: Mit "mindestens" acht Fahrern auf Options-Reifen hatte er gerechnet, acht Piloten setzen tatsächlich auf diese Taktik.


Fotostrecke: Die neuen DTM-Regeln für 2014

Aber warum eigentlich? Was genau versprechen sich die Piloten davon? Das liegt bei Pole-Setter Adrien Tambay (Abt-Audi) und seinem ersten Verfolger Marco Wittmann (RMG-BMW) auf der Hand: Sie wollen die Flucht nach vorn antreten. Bruno Spengler (Schnitzer-BMW) hingegen setzt als Dritter auf die Standard-Pneus und damit auf eine konträre Strategie, aber eben auf die Strategie der Mehrheit.

Dass sich 15 von 23 Piloten für die Standard-Reifen entschieden haben, kommt für Audi-DTM-Leiter Dieter Gass nicht überraschend. Er meint: "Der einzige Grund, um auf Options-Reifen zu starten, ist die Startposition. Sonst spricht fast alles für den Start mit Standard-Reifen." Generell biete das neue Reglement weitaus weniger Alternativen als bisher an, weshalb die Möglichkeiten begrenzt seien.

Zwei Rennen im Rennen

"Der Rundenzeit-Unterschied zwischen Standard- und Options-Reifen ist sicher recht groß", sagt Gass und erklärt, was sich die Fahrer von den weicheren Reifen versprechen: "Man wird versuchen, möglichst viele Runden auf dem Options-Reifen zu absolvieren. Wenn das alles so klappt, dann sehen wir im Prinzip zwei Rennen im Rennen." Und mit einem solchen Szenario rechnet auch Marquardt.

Gass weiter: "Einerseits haben wir die Options-Starter, die vorneweg fahren, und andererseits die Standard-Starter, die mit wachsendem Abstand folgen. Dann kommen die Boxenstopps. Und zum Rennende werden die Piloten, die dann mit Options-Reifen unterwegs sind, den Vorsprung der Options-Starter immer weiter zusammenfahren." In der Theorie heißt das: Am Ende wird's spannend.


Fotos: DTM-Auftakt in Hockenheim


"Wir sollten dann ein richtiges Spektakel haben, weil am Rennende alle dicht beisammen liegen dürften", meint Gass. Vielleicht, so Marquardt, müssen die Zuschauer aber gar nicht so lange auf Action warten: "Ich glaube, wir sehen schon früher als beim Rennende, wie sich das Ganze aussortieren wird. Ich bin gespannt darauf. Es wird sicherlich ein sehr interessantes Rennen."

Ein Rennen, in dem definitiv überholt werden soll. Einerseits aufgrund der unterschiedlichen Reifen, andererseits aufgrund des Drag-Reduction-Systems (DRS), das ab 2014 bis zum Schluss eingesetzt werden darf. "Dadurch", meint Marquardt, "dürfte es die eine oder andere Überholmöglichkeit geben." Das sagt zumindest die Theorie vor dem ersten Saisonrennen. Höchste Zeit, sie auf Wahrheitsgehalt zu überprüfen...