Glock: Nicht nur einstecken, sondern auch austeilen

Timo Glock ist auf Roberto Merhi immer noch schlecht zu sprechen: "Mit mir macht er das nur einmal" - Gangart in der DTM könnte für ihn generell härter werden

(Motorsport-Total.com) - Timo Glock ist heute in Brands Hatch endgültig in der DTM angekommen, denn während es im Formelauto höchst unüblich ist, dass auch mal gerempelt und geschoben wird, gilt solches Verhalten im Tourenwagen als Usus. Und nachdem der ehemalige Formel-1-Pilot in Hockenheim noch mit Samthandschuhen angefasst wurde, gingen die Kollegen heute schon etwas ruppiger mit ihm zur Sache - allen voran Roberto Merhi, der ihn sogar von der Strecke abdrängte.

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Timo Glock während des heutigen DTM-Rennens im britischen Brands Hatch Zoom

Manuel Reuter schüttelt über die Aktion des Mercedes-Piloten nur den Kopf: "Da runter im Dreieck kannst du sowieso nicht überholen", meint er bei 'DTM.tv', und Glock selbst schärft seine Kritik von unmittelbar nach dem Rennen mit ein bisschen zeitlicher Distanz ebenfalls noch einmal nach: "Er soll sich mal überlegen, was er in Zukunft macht. Mit mir macht er das jedenfalls nur einmal, aber beim nächsten Mal gibt's die Retourkutsche!"

"Heute habe ich echt was gelernt über meine Fahrerkollegen", gibt der MTEK-BMW-Pilot zu Protokoll. "Ich hatte Feindkontakt im Rennen, was in Hockenheim noch sehr easy war - da sind sie gut mit mir umgegangen. Heute war der eine oder andere dabei, der ein bisschen härter zur Sache gegangen ist, und das habe ich mir dann angeschaut, das Thema genauso gespielt und am Schluss ein bisschen was zurückgegeben."

Auto nach Merhi-Berührung angeschlagen

Auf Merhi ist er naturgemäß nicht gut zu sprechen, auch wenn die Rennleitung für die Situation keine Strafe aussprach: "Er sagte zu mir, er wäre ganz neben mir gewesen, aber man sieht relativ deutlich, dass sein Vorderrad an meinem Hinterrad war. Er hat mich rausgedrückt. Das Folgeproblem davon war, dass meine Kühler und Lufteinlässe vorne komplett voll Gras waren und ich dann im ersten Stint ein sehr, sehr langes Bremspedal hatte."

"Der erste Stint war auf dem Standardreifen gewollt lang, aber ich hatte einfach zu kämpfen, denn die Bremse war unheimlich schwierig zu kontrollieren. Da habe ich viel Zeit verloren", rekapituliert Glock. "Und bis die Reifen wieder komplett sauber waren, hat es sechs Runden gedauert. Das war dann schwierig zu kontrollieren. Auf so einer Strecke ist das Rennen leider vorbei, wenn du in den ersten paar Runden von der Strecke kommst."

Durch seinen späten ersten Boxenstopp lag Glock zwischenzeitlich sogar weit vorne, doch das Bild war in jener Phase natürlich verzerrt. Dass seine direkten Gegner dann während der Farfus-Gelbphase stoppten, MTEK ihn aber erst später reinholte, als bei Start und Ziel wieder volles Tempo erlaubt war, war ebenfalls nicht hilfreich. Unterm Strich kam dann der 13. Platz raus - mit einer Runde Rückstand.


Fotos: Timo Glock, DTM in Brands Hatch


Eines der Highlights war das Überholmanöver gegen Jamie Green, schließlich heißt es, dass man in Brands Hatch kaum überholen kann. Aber: "Jamie hat da relativ gut mitgespielt", relativiert Glock. "Wenn sich da jemand wie der eine oder andere geschickt breit macht, dann kommst du hier extrem schwierig vorbei. Er hat gesehen, dass ich relativ lange gedrückt habe, über drei, vier Runden, und dann hatte ich einen guten Run aus Turn 5 raus und war in Schlagdistanz. Da habe ich gesagt: 'Okay, ich probier's jetzt einfach, ich halte rein.' Und er hat da schon ein bisschen mitgespielt."

Überholen nur mit Berührung möglich

Insgesamt seien DRS und die Optionsreifen eine Hilfe, aber Überholen bleibt weiterhin knifflig: "Ich fand es hier sehr, sehr schwierig, jemanden zu überholen - das ging nur mit Kontakt. Ich habe dann auch in Turn 2 einen der Audis überholt, wo ich mich sehr stark angelehnt habe - ich hatte schon die Augen zugemacht und dachte, jetzt fliegen die Kotflügel, aber es war alles noch dran und das Auto hat funktioniert. Es geht also, aber halt nur mit ein bisschen Kontakt."

Für Glock waren die Rahmenbedingungen beim zweiten Saisonevent besonders schwierig, schließlich fuhr er dieses Wochenende zum allerersten Mal auf der knapp zwei Kilometer langen Strecke in Brands Hatch. Dass das eine Herausforderung für ihn war, gibt der 31-Jährige unumwunden zu: "Die Strecke ist mit ihren fünf Kurven einfach zu lernen, würde man meinen, aber sie hat ihre Tücken, die du erst verstehen musst."

Timo Glock

Timo Glock will künftig nicht mehr nur einstecken, sondern auch austeilen Zoom

"Da habe ich mir am Samstagmorgen unheimlich schwer getan, bis ich den Dreh raus hatte, wo das Auto über die Bodenwellen platziert werden muss. Speziell Kurve 5 war unheimlich schwierig", erinnert er sich. "Nach dem ersten Run in Q1 wollte ich gar nicht an die Box zurückkommen, denn ich wusste, ich bin wahrscheinlich Letzter, mit Abstand. Mein Teamkollege war immer vorne dabei, ist hier schon Formel 3 gefahren und kennt die Strecke ein bisschen besser."

Schwierigerer Start ins Wochenende als für Wittmann

Dass es kein Freitagstraining mehr gibt, sei für Rookies wie ihn gerade auf solchen Strecken ein Nachteil: "Wenn du am Samstagmorgen nur eineinhalb Stunden hast - du musst dich ja drauf einstellen und das Auto in die Balance bringen -, ist das nicht viel. Normalerweise wenn du auf so einer Strecke fährst, bist du vier, fünf Zehntel hinten - du hast eben nicht den Speed wie die Topjungs -, und dann verhält sich dein Auto auch anders."

"Deswegen war mir nach dem Freien Training klar, dass wir am Auto nichts machen müssen. Ich habe gesagt: 'Polier einmal drüber, denn Marco steht vorne auf Platz eins und ich bin 19. - das kann nur an mir liegen!' So war es dann auch", gesteht Glock. "Ich habe mich in Q1 mit dem ersten Satz schwer getan, aber mit dem zweiten Satz ging es. Ich konnte den Reifen ein bisschen anders anfahren und war sofort auf Platz vier dabei. Da war's vom Speed her deutlich besser."

"Polier einmal drüber, denn Marco steht vorne auf Platz eins und ich bin 19. - das kann nur an mir liegen!" Timo Glock

Jetzt geht's weiter an den Red-Bull-Ring in Spielberg, an den er schöne Erinnerungen hat: "Mein letztes Rennen dort habe ich 2002 in der Formel 3 gewonnen, aber das ist jetzt auch schon elf Jahre her", sagt Glock. "Die Strecke wurde zum Glück nicht verändert. Es ist eine Strecke, die ich ein bisschen besser kenne, deswegen hoffe ich, dass ich mir dort leichter tue, aber wir müssen schauen, wie unser Auto da funktioniert."