• 06.10.2008 10:54

  • von Stefanie Szlapka & Fabian Hust

Experte Abt: "Hinterher ist man immer schlauer"

Christian Abt analysiert das turbulente Le-Mans-Rennen: Reifenlotterie, Strategiepoker und ein nun völlig offener Showdown in Hockenheim

(Motorsport-Total.com) - Alle hatten mit einem spannenden Rennen in Le Mans gerechnet - dabei allerdings auch auf einen direkten Zweikampf zwischen Timo Scheider und Paul Di Resta auf der Strecke gehofft. Doch der direkte Schlagabtausch blieb aus. Stattdessen wurde es ein Rennen der Strategien und der passenden Reifenwahl bei sehr unkonstantem Wetter. Und der Titelkampf hat eine dramatische Wendung genommen. Zur Rennmitte sah es noch so aus, als ob Scheider sich vorzeitig zum Meister krönen könnte, nun ist aber wieder alles offen.

Titel-Bild zur News: Christian Abt

Christian Abt freut sich nun auf einen spannenden Showdown in Hockenheim

Mattias Ekström durfte sich am Ende über seinen dritten Saisonsieg freuen. Allerdings stand neben ihm auf dem Podest von den Titelkandidaten nur Di Resta. Scheider beendete das Rennen nur auf der sechsten Position. Jetzt hat er nur noch zwei Punkte Vorsprung auf Di Resta, der auf dem Hockenheimring nun aus eigener Kraft Meister werden kann. Doch das Rennen in Frankreich konnte noch mit einer weiteren Überraschung aufwarten: Audi-Jahreswagen-Pilot Alexandre Prémat gelang der Sprung auf den dritten Rang. Und auch der vierte Rang von Gary Paffett im 2007er-Mercedes war eine tolle Leistung.#w1#

Le Mans war für 'Motorsport-Total.com'-Experte Christian Abt "wieder einmal ein einzigartiges Rennen". Am Start hatte Audi noch den richtigen Riecher. "Die Witterungsverhältnisse waren so, dass man etwas pokern musste. Audi hat am Anfang alles richtig gemacht. Das war andersherum als am Nürburgring. Jetzt hat Audi mit Slicks angefangen und Mercedes mit Regenreifen - diese Strategie ging für Audi auch zunächst auf. Sicherlich war es dann ziemlich schwierig zu entscheiden, was man macht."

"Die Witterungsverhältnisse waren so, dass man etwas pokern musste." Christian Abt

Verschiedene Strategien wurden angewandt, von denen auch einige auf Podest führten. "Paul di Resta hat die Chance genutzt und im richtigen Moment auf Regenreifen gesetzt. Auf der anderen Seite konnte auch Prémat mit Slicks durchfahren und trotzdem die notwendige Geschwindigkeit mitgehen. Dass man trotzdem mit der Strategie von Audi das Rennen gewinnen kann, hat Ekström ja bewiesen."


Fotos: Rennwochenende in Le Mans


Bei Titelkandidat Scheider ging die Strategie hingegen nicht auf. "Sicherlich hätte man bei Timo das eine oder andere anders machen können, aber hinterher ist man immer etwas schlauer", so Abt. "Bei Mercedes wäre das genauso gewesen. Sie hatten das Glück, dass sie di Resta zum Schluss noch ziemlich weit nach vorne gebracht haben. Aber er ist auch verdammt schnell gefahren. Mattias konnte auch mit einer Drei-Boxenstopp-Strategie gewinnen. Timo konnte zum Schluss leider nicht mehr die Geschwindigkeit von Eki mitgehen. Er war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr so schnell."

"Schlummernde Talente" im Jahreswagen

Begeistert war Abt von den Leistungen der Jahreswagenpiloten Prémat (audi) und Paffett (Mercedes). "Bei solchen Bedinguneg zeigen sich immer die schlummernden Talente. Auch Markus Winkelhock war sehr stark unterwegs. Leider hat er sich dann dazu entschieden, auch Regenreifen zu holen", analysierte der Experte. "Für Prémat und das Phoenix-Team war der dritte Platz ein ganz großer Erfolg." Prémat war der erste Jahreswagen-Fahrer, der es in dieser Saison aufs Podest geschafft hatte.

"Ich glaube, die Sport-Kommissare haben nicht mehr auf die Reihe bekommen, zu koordinieren, wer wo abgekürzt hat." Christian Abt

Auffällig waren die vielen Fahrer, die in den Schikanen abkürzten. Für Christian Abt eine Schwäche der Rennkommissare und der Strecke. "Ich glaube, die Sport-Kommissare haben nicht mehr auf die Reihe bekommen, zu koordinieren, wer wo abgekürzt hat. Das liegt am Verlauf der Rennstrecke. Da muss man sich für die Zukunft mal etwas überlegen. Wenn man hier wieder fährt, dann muss man dies verbessern. Ich habe gesehen, dass die Leute teilweise mehr neben als auf der Rennstrecke fahren, das ist eigentlich nicht Sinn der Sache. Das ist das Problem des Veranstalters, nicht das Problem der Fahrer."

Showdown in Hockenheim

Nun fällt die Titelentscheidung in einem spannenden Showdown Ende Oktober in Hockenheim. "Das Ergebnis ist schön für das Finale in Hockenheim. Jetzt haben wir dort wirklich ein Finale und werden erst dort den Meister sehen", so Experte Abt. "Das wird sehr interessant und dort werden sehr viele Zuschauer kommen." Bei dieser Tabellenkonstellation sind Spannung und gute Zuschauerzahlen fast garantiert.

"Das wird ein ganz spannendes Finale in Hockenheim." Christian Abt

Was die Rahmenbedingungen angeht, kämpfen die Konkurrenten in Hockenheim auf Augfenhöhe. Die aktuellen Audi und die aktuellen Mercedes werden dort gleich schwer sein. Zwar konnte Audi den Saisonauftakt dort für sich entscheiden, doch die Stuttgarter konnten seitdem stark zulegen. Deswegen ist sich Abt sicher: "Für Hockenheim wird man bei Audi sicherlich alles tun, was man vom Material und der Performance her noch tun kann, um zu zeigen, dass Audi mit demselben Gewicht wie Mercedes das Rennen vielleicht gewinnen kann."

"Aber man darf Mercedes nicht unterschätzen, sie werden auch alles dran setzen, Paul di Resta mit allen drei Autos zu helfen, dass er die Meisterschaft gewinnt", prophezeit Abt. "Lassen wir uns überraschen, ich glaube, das wird ein ganz spannendes Finale in Hockenheim."