• 20.05.2007 20:43

  • von Weddige/Leppert

Die Erklärung: Warum das Rennen so lief, wie es lief

Komplizierte Safetycar-Phasen, strittige Boxenstopps: Der Stellvertretende Rennleiter Michael Schwägerl nahm Stellung zu den Entscheidungen

(Motorsport-Total.com) - Das Rennen auf dem Lausitzring brachte nicht nur Mika Häkkinen als Sieger hervor, sondern es sorgte auch für reichlich Gesprächsstoff und viele offene Fragen: Warum eine zweite Safetycar-Phase? Warum war der Boxenstopp von Mattias Ekström nicht regelgerecht, die anderen aber schon? Warum musste Bruno Spengler an der Boxenausfahrt warten, während Timo Scheider und Ekström an ihm vorbeifahren konnten? Und vor allem: Entspricht denn das Ergebnis auch dem wirklichen Rennverlauf?

Titel-Bild zur News: Michael Schwägerl

Michael Schwägerl erklärte die Entscheidungen der Rennleitung

Um diese Fragen zu klären stellte sich der Stellvertretende Rennleiter, Michael Schwägler vom Deutschen Motorsportbund DMSB bei der Pressekonferenz den Fragen der Journalisten. Er versuchte zu erklären, warum das Rennen so lief, wie es lief.#w1#

"Wir haben heute ein sehr kompliziertes Rennen gehabt, wir hatten zwei Safetycar-Phasen, und nachdem ja hier Probleme auftraten - bei den verschiedenen Safetycar-Phasen - haben wir uns erst einmal entschlossen, das Ergebnis zu überprüfen, ob letztlich alles korrekt abgelaufen ist", erklärte er. "Wir haben dann festgestellt, dass bei der ersten Safetycar-Phase das Safetycar leider nicht den Führenden bei der Ausfahrt erwischt hat, sondern den Dritten. Wir haben das dann entsprechend geheilt oder heilen wollen. Weil das aber leider nicht so geklappt hat, musste eine zweite Safetycar-Phase eingeleitet werden, um den Führenden Mika Häkkinen und auch Paul di Resta wieder an die Spitze zu bringen."

Wo war der Führende?

Schwägerl erklärte das noch eingehender: "Zu dem Zeitpunkt, als das Safetycar zum ersten Mal wieder in die Boxengasse eingefahren ist, waren wir der Ansicht, dass wir die Sache letztlich in den Griff bekommen haben und das Klassement korrekt war. Erst als wir festgestellt haben, dass hier zwei Fahrzeuge weit ab von dem Feld fahren, wussten wir, dass wir die Sortierung ändern müssen, und hier setzten wir das Safetycar ein zweites Mal ein. Der Blick aus der Race-Control war in dem Fall ein anderer, weil hier ja während der Safetycar-Phase jedes Team mindestens einmal, oft sogar zweimal einen Boxenstopp gemacht hat, was ja auch legitim ist. Und erst als man dann festgestellt hat, hier ist ja tatsächlich der Führende nicht mehr hinter dem Safetycar, erst dann hat man sich entschieden, das zu machen."

Die Zeitnahme habe gezeigt, dass ganz klar Mika Häkkinen und Paul di Resta die Führenden waren: "Diese beiden sind aber zwischenzeitlich auf das Feld wieder aufgefahren und aus diesem Grund wurde das Safetycar ein zweites Mal rausgeschickt und zwar genau zwischen dem Feld und vor Häkkinen", erklärte Schwägerl weiter. "Die zweite Safetycar-Phase hatte den Zweck, die beiden Führenden, nämlich Häkkinen und di Resta tatsächlich auch vor das Feld zu bringen. Denn Häkkinen und di Resta waren ja eine Dreiviertelrunde vor dem Feld und hätten dann, wenn sie weiter auf das Feld aufgelaufen wären, alle überrunden müssen. Um das zu vermeiden, ist diese Safetycar-Phase erfolgt."

"Die zweite Safetycar-Phase hatte den Zweck, die beiden Führenden, nämlich Häkkinen und di Resta tatsächlich auch vor das Feld zu bringen." Michael Schwägerl

Autos mussten an Safetycar vorbei

"Auch hier war es letztlich so, dass es nicht genau möglich war, dieses Fahrzeug vor Häkkinen zu platzieren", schilderte Schwägerl weiter. "Man hat dann diese Teilnehmer, die in dem Moment noch hinter dem Safetycar waren, vorbeigeschickt und dann das Fahrzeug hinten angestellt, bis man bei Häkkinen war. Was beim ersten Mal nicht geklappt hat, hat beim zweiten Mal geklappt."

Dabei sei auch alles korrekt abgelaufen: "Es ist ja im Safetycar-Reglement vorgesehen, dass ich Fahrzeuge, die normalerweise nicht direkt hinter dem Safetycar fahren sollen, durch Zeigen des grünen Lichtes zum Überholen auffordere, bis sie dann wieder hinten am Feld anschließen, das ist in der zweiten Safetycar-Phase durchgeführt worden und hat dort auch ausgezeichnet geklappt."

Probleme beim Schalten der Boxenampel

Damit zu den Boxenstopps: "Es ist überprüft worden, ob die Einfahrten in die Boxengasse korrekt waren", sagte Schwägerl. "Dabei hat sich bestätigt, dass Mattias Ekström zu einem Zeitpunkt eingefahren ist, als die Boxengasse noch geschlossen war. Es ist dann während der ersten Safetycar-Phase zu einem Zeitpunkt die Boxenausfahrt auf Grün geschaltet worden, als das Safetycar mit dem Feld noch nicht ganz vorbei war. Das ist hier eine Eigentümlichkeit in der Lausitz und zwar fährt wegen der Streckenlänge das Feld hinter dem Safetycar länger um den Kurs länger als ein Fahrzeug, das in die Boxengasse einfährt, für seinen Reifenwechsel und die Ausfahrt braucht."

Und weiter: "Deshalb kam es hier zu verschiedenen Problemen und auch zu Verschiebungen im Klassement. Wir haben aber die Durchfahrtszeiten, sowohl die in der Boxengasse als auch die außerhalb der Boxengasse, überprüft und sind der Ansicht, dass das Ergebnis so wie es jetzt letztlich wieder ausgehängt wurde, dem Rennverlauf entspricht."

"Deshalb kam es hier zu verschiedenen Problemen und auch zu Verschiebungen im Klassement." Michael Schwägerl

Generell sieht das Reglement der DTM vor, dass in dem Moment, in dem das Safetycar einfährt, die Boxeneinfahrt geschlossen wird, bis sich alle Fahrzeuge hinter dem Safetycar befinden. Im Anschluss daran wird die Boxeneinfahrt geöffnet und jeder kann zu seinem Boxenstopp einfahren. Schwägerl erklärte weiter: "Das ist durch Ekström unterlaufen worden, indem er eingefahren ist, und in dem Moment ist dann natürlich die Boxengasse geöffnet worden, allerdings mit 'Exit open', indem hier die Einfahrt freigegeben wurde zu einem Zeitpunkt wo das Feld noch nicht gesammelt war."

Ampel wurde zu früh auf Grün geschaltet

Schwägerl räumte weiter ein: "Bei der ersten Safetycar-Phase ist die Boxenampel bei einem Drittel der Fahrzeuge zu früh auf Grün geschaltet worden, so dass hier nicht auszuschließen war, dass der eine oder andere sich ins Feld einfügen konnte, aber das lässt sich leider nicht feststellen."

Überprüft wurde auch, warum Bruno Spengler an der Boxenausfahrt stehen bleiben musste, während Timo Scheider und Mattias Ekström an ihm vorbeifahren konnten: "Zu dem Zeitpunkt, als Bruno Spengler zum Boxenausgang gefahren ist, war die Ampel auf Rot. In dem Moment, als Mattias Ekström und Timo Scheider sich dem Boxenausgang näherten, sprang die Boxenampel auf Grün. Es waren zwischen dem Umspringen der Boxenampel auf Grün und der Ausfahrt von Timo Scheider exakt drei Tausendstel Sekunden."

"Es waren zwischen dem Umspringen der Boxenampel auf Grün und der Ausfahrt von Timo Scheider exakt drei Tausendstel Sekunden." Michael Schwägerl

Nach allen Überprüfungen blieb das Rennergebnis so, wie es schon nach der Zieldurchfahrt war: "Wir können bei der Durchsicht aller Durchfahrtszeiten zu keinem anderen Ergebnis kommen", sagte Schwägerl. Er konnte allerdings nicht versichern, dass das Ergebnis zu 100 Prozent auch dem Rennverlauf entspricht.

"Ein Restrisiko gibt es immer"

"Ein Restrisiko gibt es generell natürlich immer, wir haben die Safetycar-Phasen und die Punkte, die von den verschiedenen Teams uns gegenüber angesprochen wurden, untersucht, wir haben uns die Zeiten angesehen und hier sind wir zu dem Schluss gekommen, dass hier keine andere Änderung mehr möglich ist", erklärte er. "Ich habe aber vorhin auch gesagt, dass die Safetycar-Phasen nicht so hundertprozentig abgelaufen sind wie sie hätten laufen sollen. Und aus diesem Grunde ist es natürlich so, dass es hier ein Restrisiko gibt."

Man könne allerdings ausschließen, dass ein Pilot nur Siebter wurde, der sonst auf Rang vier oder in diesem Bereich gelegen wäre, "weil die Durchfahrtszeiten hier alle korrekt sind."

Das Rennergebnis wurde offiziell. Die Teams hatten bis 17:45 Uhr Zeit, dagegen Protest einzulegen. Das hat keiner getan.

Und was lernt man aus diesem Rennen? "Es ist jetzt zu früh, hier schon über Konsequenzen zu sprechen, aber wir werden auf jeden Fall als sportlicher Ausrichter von Seiten des DMSB diese Safetycar-Prozedur entsprechend überprüfen. Wir werden auch die Bergung des verunfallten Fahrzeugs, wie das abgelaufen ist auch überprüfen. Wir werden dann für die weiteren Rennen entsprechende Konsequenzen ziehen."