• 09.11.2009 10:25

Aoyama: "Es ist unglaublich"

Hiroshi Aoyama spricht über den Gewinn des 250er-WM-Titels - "Ich habe seit 23 Jahren auf diesen Moment gewartet"

(Motorsport-Total.com) - Hiroshi Aoyama hat die 250er-Weltmeisterschaft 2009 gewonnen. Der Japaner ist damit der letzte Pilot, dem dieses Kunststück gelang. Ab der kommenden Saison wird die 250er-Klasse durch die neue Moto2-Kategorie ersetzt. Im Interview spricht der neue Weltmeister über die Bedeutung dieses Titels und über seinen bevorstehenden Umstieg in die MotoGP.

Titel-Bild zur News: Hiroshi Aoyama

"Es war eine schwierige Saison." - Hiroshi Aoyama feiert seinen WM-Titel

Frage: "Hiroshi, was ist das Gefühl letzter Champion der 250er-Klasse zu sein?"
Aoyama: "Ich fahre seit 23 Jahren Rennen, also habe ich seit 23 Jahren auf diesen Moment gewartet. Es ist unglaublich! Ich bin sehr stolz auf diesen Titel, der noch wertvoller wird durch die Tatsache, dass es der letzte in der Klasse ist. Ich wollte das Rennen einfach unbedingt gewinnen, habe viel Druck gemacht. Zu viel, denn ich bin neben der Strecke gelandet."#w1#

"Ich bin dann durch den Kies gefahren und habe gedacht, dass ich auf keinen Fall stürzen darf. Ich kam wieder auf die Strecke und lag weit zurück. Ich konnte meine Position überhaupt nicht einschätzen. Dann sah ich, dass Simoncelli einen Unfall hatte. Ab dem Moment war mir klar, dass ich den Titel sicher hatte. Das Rennen war zwar nicht gut für mich, aber was die Meisterschaft anbelangt, war der Tag erstklassig."

"Es war eine schwierige Saison. Mein Team hat mich aber großartig unterstützt. Sie haben mich angefeurt und mich genau passend angetrieben. Ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken. Bei Scot, Honda, Dunlop, allen, die mir geholfen haben. Es war nicht so einfach, aber Dank der Hilfe konnte ich mein bestes geben."

"Als Japaner ist es nicht so einfach"

Frage: "Die bist 2004 als erster Sieger der Honda-Nachwuchsschule in den Grand-Prix-Sport aufgestiegen. Wie hat dich das geprägt?"
Aoyama: "Als Japaner ist es nicht so einfach in den Grand-Prix-Zirkus zu kommen, daher war es hilfreich. Es war eine tolle Gelegenheit zum Aufstieg. Während dieser zwei Jahre habe ich in Motegi meinen ersten Grand Prix gewonnen. Das war auch toll für Honda. Diese zwei Jahre waren eine gute Erfahrung. Mein Bruder Shuhei hat im folgenden Jahr die Schule als Bester absolviert."

Hiroshi Aoyama

Hiroshi Aoyama beim offiziellen IRTA-Test in Jerez 2004 Zoom

"Ich habe höchsten Respekt vor dem Nachwuchsprogramm von Honda. Ich war lange Zeit mit der Marke zusammen. Ich hatte dann eine nette Erfahrung in drei Jahren bei KTM, aber es war auch schön, wieder zu Honda zurückzukehren. Ich habe mit Honda angefangen, es lief gut. Wahrscheinlich passen die Bikes einfach gut zu meinem Fahrstil."

Frage: "Erzähl uns von deinen Hochs und Tiefs in der Saison."
Aoyama: "2009 war ein tolles Jahr für uns. Der Höhepunkt war sicherlich mein erster Saisonsieg in Jerez. Aber auch der Titelgewinn im Rennen in Valencia ist natürlich ein Highlight."

Aoyama

"Ich hatte eine nette Erfahrung in drei Jahren bei KTM" Zoom

Frage: "Hattest du vor dem Saisonstart mit dem Weltmeistertitel gerechnet?"
Aoyama: "Ich hatte zwar eine schwierige Saison erwartet, aber mir doch ein paar Rennsiege ausgerechnet. An den Titel konnte man damals nicht denken, denn Team, Bike und alles weitere kamen erst sehr spät zusammen. KTM hatte sich sehr spät entschieden, das 250er-Programm zu stoppen. Ich bin also kurzfristig zu Scot gekommen."

"Der Winter war aus diesem Grund sehr hart. Lange Zeit wusste ich gar nicht, wohin es mich verschlagen würde. Im letzten Moment habe ich dieses Team gefunden, das war sehr glücklich. Ich hatte allerdings nur dieses eine Bike. Das Team ist recht klein und Honda hat die Entwicklung der 250er schon vor zwei oder drei Jahren eingestellt. Niemand hatte also wirklich mit guten Ergebnissen gerechnet."

"In Jerez zu gewinnen ist immer etwas Tolles"

Frage: "Warum war Jerez so besonders für dich?"
Aoyama: "In Jerez zu gewinnen ist immer etwas Tolles. Das sehen alle Piloten so. Jerez ist immer das erste Rennen der Saison in Europa. Es gibt immer viele Zuschauer und Siege sind dort nicht einfach. Als ich dort gewonnen hatte, dachte ich mir, dass mit weiteren guten Ergebnissen vielleicht tatsächlich der Titel möglich sein könnte."

Frage: "Du hast das Rennen in Jerez fast ausschließlich auf der Bremse gewonnen."
Aoyama: "Eine der Vorzüge der RS250RW ist, dass sie beim Bremsen extrem stabil und gutmütig ist. Das war mein Vorteil und den habe ich dort voll ausgespielt. Ein stabiles Bremsverhalten ist wichtig, weil man im Kampf gegen andere Piloten vor allem am Ende der Rennen gut überholen kann. Das hilft immer, aber das Paket ist insgesamt sehr gut."

Hiroshi Aoyama

In Jerez fuhr Hiroshi Aoyama 2009 zu seinem ersten Saisonsieg Zoom

Frage: "Was war dein Tiefpunkt 2009?"
Aoyama: "Phillip Island. Wir hatten viele gute Ergebnisse und auf Phillip Island war ich plötzlich nur auf Platz sieben. Ich habe mich auf dem Bike nicht wohlgefühlt, konnte nich ordentlich Druck machen. Als Simoncelli in dieser Phase viele Punkte auf mich aufholte, war das einfach gar nicht gut. Das Rennen wurde nach einem Crash abgebrochen, sonst hätte ich vielleicht Vierter werden können. Aber im Nachhinein kann man es nicht mehr ändern."

Frage: "Du hast die WM lange Zeit angeführt. Hast du dich ab und zu mit Punkten zufrieden gegeben?"
Aoyama: "Vor Phillip Island hatte ich 28 Punkte Vorsprung auf Marco Simoncelli. Das ist nicht viel. Wenn du einmal einen Crash hast, ist der Vorsprung quasi auf Null geschrumpft. Ich bin daher nie auf Ankommen gefahren. In Australien lief es einfach nur nicht rund. In Sepang war alles wieder besser und ich konnte pushen und siegen."

"Ich muss manchmal aggressiver werden"

Frage: "Wie war die Zusammenarbeit mit Scot?"
Aoyama: "Es ist ein kleines Team, aber die Jungs kennen die RS250RW sehr gut. Sie arbeiten schon lange mit Honda zusammen und kennen die Vor- und Nachteile des Motorrads. Sie wissen was man verbessern kann und was nicht. Das macht die Sache einfacher, es hat mir geholfen."

Hiroshi Aoyama und Valentino Rossi und Julian Simon

Die Weltmeister 2009: Hiroshi Aoyama, Valentino Rossi und Julian Simon Zoom

Frage: "Wie würdest du deinen Fahrstil beschreiben?"
Aoyama: "Es ist schwierig, den eigenen Fahrstil zu beschreiben. Ich glaube, dass ich manchmal aggressiver werden muss. Manchmal bin ich noch zu vorsichtig und zaghaft, daher reicht es manchmal nicht. Viele 250er-Piloten gehen in die MotoGP und haben Erfolg. Mal sehen, wie ich mit den dortigen Bikes zurechtkomme. Ich bin ein typischer Japaner. Ich analysiere gern, schaue mir Daten an. Ich verbringe viel Zeit mit den Technikern. So bin ich."

Frage: "Welche Erfahrungen hast du mit Viertaktern?"
Aoyama: "2003 bin ich als dritter Pilot des HRC-Teams beim Acht-Stunden-Rennen in Suzuka gewesen. Ich bin die VTR1000SPW im Training gefahren, aber nicht im Rennen. Ich denke aber, dass sich ein MotoGP-Bike deutlich von einem Superbike unterscheidet. Es gibt viel mehr Elektronik. Ich werde die RC212V ausprobieren müssen, bevor ich mich äußern kann."

Frage: "Trainierst du im Winter für die MotoGP?"
Aoyama: "Ich habe mir bisher noch keine Gedanken über den Winter gemacht, sondern bisher immer nur an das letzte Rennen gedacht. Ich war in diesem Jahr lange Zeit nicht in Japan. Ich will endlich mal nach Hause und meine Familie sehen."

Hiroshi Aoyama

"In Valencia ist ein Traum in Erfüllung gegangen" Zoom

Frage: "Freust du dich, dass du bald ein MotoGP-Pilot bist?"
Aoyama: "Ich bin stolz und glücklich. Darüberhinaus habe ich mir über die MotoGP bislang wenig Gedanken gemacht. Ich habe bisher einzig an die 250er gedacht. In Valencia ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Am Montag geht ein weiterer Traum in Erfüllung, wenn ich erstmals auf dem MotoGP-Bike sitze. Dort ist der Level sehr hoch. Ich gebe mein Bestes, will lernen und mich verbessern. Das ist das Ziel für die kommende Saison."

Frage: "Verspürst du Druck, weil du der einzige Japaner in der MotoGP sein wirst?"
Aoyama: "Ich fühle keinerlei Druck."