• 20.06.2011 10:12

  • von Roman Wittemeier

Quesnel-Interview: Peugeot denkt an Benziner und Brasilien

Peugeot-Sportchef Olivier Quesnel über die Langstrecken-WM ab 2012, die Besonderheiten in Le Mans und die Herausforderungen in der Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Peugeot und Audi haben sich bei den diesjährigen 24 Stunden von Le Mans eine herrliche Schlacht geliefert - erneut mit dem besseren Ende für die Ingolstädter. Im Lager der Löwen gibt es zwar Enttäuschung, aber man ist sich der Tatsache bewusst, dass man an der Sarthe eine starke Leistung zeigen konnte. Gute Voraussetzungen, um in Zukunft mit dem neuen 908 weitere Siege zu feiern.

Titel-Bild zur News: Nicolas Minassian

Olivier Quesnel könnte 2012 zwei Titel als Teamchef holen: Rallye und Langstrecke

Die Franzosen werden sich ab dem kommenden Jahr in der neuen Langstrecken-Weltmeisterschaft engagieren. Das klare Bekenntnis zur offiziellen FIA-WM kam wenige Minuten nach Bekanntgabe der Pläne. Peugeot-Sportchef Olivier Quesnel spricht im Interview über die Wunschvorstellungen bezüglich des Wettbewerbs und die Besonderheiten von Le Mans.

Frage: "Olivier Quesnel, die bevorstehende WM soll sieben Stationen umfassen. In der Formel 1 werden 20 Events gefahren. Wie viele Rennen könnte die WM maximal vertragen?"
Olivier Quesnel: "Die Formel 1 ist eine Show. Bei uns gibt es diese Show nicht, sondern auf der Langstrecke steht ganz eindeutig das Verbessern gewisser Technologien im Vordergrund. Ein Formel-1-Rennen dauert ungefähr 90 Minuten. Wir reißen allein in Le Mans die Distanz einer kompletten Formel-1-Saison ab."

"So gesehen sollten uns sieben Events erst einmal reichen. Ich nenne mal meinen Traum-Rennkalender: Ein Rennen in den USA, eines in Brasilien, zwei in Europa - am besten Spa-Francorchamps und Silverstone - plus Le Mans, dann jeweils noch eines in Japan und China."

Frage: "Warum Brasilien?"
Quesnel: "Brasilien ist für uns als Marke sehr wichtig. Der Markt dort befindet sich in einem ähnlichen Wachstum wie beispielsweise China. Natürlich brauchen wir Klassiker wie Le Mans, Silverstone und Spa. Aber wir müssen auch in die wichtigen Märkte gehen, die sich im Aufschwung befinden."

Frage: "Audi wird sich vielleicht ein Rennen in der Heimat wünschen..."
Quesnel: "Natürlich ist auch Deutschland ein wichtiger Markt. Aber als wir am Nürburgring waren, da kamen kaum Zuschauer. Was sollen wir machen, wenn keiner kommt? Mal sehen, wie es sich verhält, wenn es eine WM ist. Vielleicht kehren wir dann auch mal nach Deutschland zurück."


Fotos: 24 Stunden von Le Mans


Frage: "Sie haben nur ein Rennen in den USA als Wunsch genannt. Das würde bedeuten, dass entweder Sebring oder das Petit Le Mans aus dem Kalender gestrichen würde. Wäre das nicht schade um einen solchen Klassiker?"
Quesnel: "Natürlich würden wir auch in Sebring und beim Petit Le Mans fahren. Wenn beide Rennen im Kalender sind, dann nehmen wir auch an beiden teil. Aber aus Sicht unserer Marke wäre es mir lieber, wenn wir das anders verteilen könnten."

Frage: "Wird Le Mans als Einzelevent weniger wichtig, wenn das Rennen ein Teil der WM ist?"
Quesnel: "Nein, auf keinen Fall. Bisher gab es nur einen wirklichen Sieg pro Jahr zu erringen - und zwar jenen in Le Mans. Vor den diesjährigen 24 Stunden haben wir jedes Rennen gewonnen. Trotzdem haben mich alle Leute nur darauf angesprochen, dass wir Le Mans im Vorjahr verloren hatten. Das spricht doch Bände. Niemand hat zu den Siegen in Sebring, Spa oder Zhuhai gratuliert. Alle sprechen immer nur von Le Mans."

Frage: "Also zählte bisher wirklich nur Le Mans?"
Quesnel: "Ja, aber im kommenden Jahr wird sich das ändern. Man kann Le Mans gewinnen und den offiziellen WM-Titel. Wenn du dann also in Le Mans nur Zweiter wirst, dann kannst du immer noch den Titel holen und hast etwas Wertvolles in der Hand."

Frage: "Warum hat Le Mans immer noch diesen einzigartigen Status?"
Quesnel: "Man kann Le Mans nirgends simulieren. Jedes Jahr kommt man dorthin und denkt, man hat alles Menschenmögliche zur Vorbereitung gemacht, aber dann stellt man immer wieder fest, dass es immer Ungewissheiten gibt. Man kann Le Mans nicht zu hundert Prozent vorbereiten. Das macht es so besonders."

¿pbvin|64|3822||0|1pb¿Frage: "In drei Jahren wird es ein neues Reglement geben. Welche Auswirkungen wird das haben?"
Quesnel: "Ich kann mir gut vorstellen, dass auch wir in drei Jahren mit einem Benziner fahren. Das Downsizing wird dahin führen. Dann werden die Dieselmotoren voraussichtlich nicht mehr attraktiv sein."

"Ohnehin ist es doch so, dass Peugeot nicht aufgrund technischer Aspekte einen Dieselmotor einsetzt. Es ist zwar aus technischer Sicht auch ganz interessant, aber bei uns geht es innerhalb der Gruppe um ein stimmiges Marketing. Und Peugeot verkauft nun einmal einen Großteil seiner Fahrzeuge mit Dieselmotoren. Wir müssen daher Diesel fahren."

Frage: "Wann kommt der KERS-Peugeot zum Einsatz?"
Quesnel: "Im kommenden Jahr fahren wir mit einem Hybrid. Das halte ich aus heutiger Sicht füt absolut sicher."

Frage: "Sie sind Chef des PSA-Sportprogramms und können demnach als Teamchef von Citroen und Peugeot ab 2012 gleich zwei Weltmeistertitel gewinnen..."
Quesnel: "(lacht) Stimmt, daran hatte ich gar nicht gedacht. Das klingt ganz nett, ist mir aber wirklich nicht sonderlich wichtig. Das ist kein persönliches Ziel. Ich bin im Rallyesport eher heimisch als auf der Langstrecke. Wenn ich aber in Le Mans bin, dann vergesse ich Rallye komplett."