• 04.06.2014 08:07

  • von Roman Wittemeier

Die Antriebe der LMP1-Autos: Vielfalt in Le Mans

Audi, Porsche und Toyota gehen mit völlig unterschiedlichen Konzepten in den Wettbewerb: Die Antrieb der LMP1-Werksautos in der Übersicht

(Motorsport-Total.com) - In diesem Jahr beginnt in Le Mans eine neue Ära des Prototypensports. Vorbei sind die Zeiten, wo die schnellen LMP1-Fahrzeuge über Luftmengenbegrenzung, Ladedruck oder Gewicht auf ein annähernd gleiches Niveau gebracht werden mussten. Die Le-Mans-Szene setzt auf technische Freiheiten bei gleichzeitiger Begrenzung der zur Verfügung stehenden Energie (Hybrid und Treibstoff). Wer aus Motor und Energiesystemen das Beste herausholt, wird wohl die Nase vorn haben.

Titel-Bild zur News: Porsche Motor V4 919

Im Heck des Porsche 919 Hybrid arbeitet ein kompakter 2,0-Liter-V4-Turbomotor Zoom

Audi, Porsche und Toyota haben sich im ersten Jahr des neuen Effizienzreglements für vollkommen unterschiedliche Wege entschieden. Bei den Ingolstädtern und bei den Japanern hat man das Risiko minimieren wollen, indem man die bisherigen Antriebe einfach weiterentwickelt hat, die Rückkehrer von Porsche haben mit einem weißen Blatt Papier begonnen und den wohl extremsten Weg beim Antrieb eingeschlagen. Wir stellen die Konzepte in der Übersicht vor.

Audi

Die Le-Mans-Seriensieger der vergangenen Jahre haben sich für einige überraschende Schritte entschieden: kein Downsizing beim Motor, kein größerer Hybrid, Abschied vom ursprünglich geplanten zweiten Rückgewinnungssystem. Audi setzt 2014 einen 4,0-Liter-Turbodiesel ein (bisher 3,7 Liter), da ein großvolumiges Triebwerk im Betrieb unter Volllast effizienter zu betreiben ist. Die Leistung wird mit über 540 PS angegeben, das Drehmoment liegt bei 800 Newtonmetern.

Das Grundkonzept des V6-Diesels ist gleich geblieben. Man arbeitet nach wie vor mit einem innenliegenden (heiße Seite) Mono-Turbolader mit variabler Turbinengeometrie (VTG), der im 120-Grand-V-Zylinderwinkel seinen Platz hat. Gekoppelt an den Lader sollte eigentlich eine E-Maschine arbeiten, die Hitzenergie in Strom wandeln sollte. Doch Audi nahm wieder Abstand von diesem Plan, weil man - so die offizielle Aussage - noch keine entsprechenden Vorteile für die Gesamtperformance darstellen konnte.

Als einziges Hybridsystem im R18 e-tron quattro arbeitet also eine Motor-Generator-Einheit (MGU) an der Vorderachse, die beim Bremsen Energie zurückgewinnt. Diese Energie wird wie in den Vorjahren in einen Schwungmassenspeicher (Flywheel) geschickt, von dort bei Bedarf abgerufen. Beim Beschleunigen setzt die MGU die Power aus dem Flywheel (2MJ pro Le-Mans-Runde) an der Vorderachse frei und realisiert so einen Allradantrieb. Die Hybrideinheit an der Vorderachse leistet gut 230 PS.

Toyota

Bei den Japanern, die das Chassis des neuen TS040 wieder bei TMG in Köln entwickelt haben, ist das Thema Hybrid ein ganz besonders großes. Hisatake Murata und seine Mannschaft haben seit Jahren viel Erfahrung mit entsprechenden Systemen im Rennsport. In den vergangenen zwei Jahren wurde ein 3,4-Liter-Benziner mit einem Hybridsystem an der Hinterachse kombiniert, 2014 rekuperiert man an beiden Achsen und realisiert erstmals auch einen Allradantrieb.

Ähnlich wie bei Audi ist man in Sachen Verbrenner den Schritt zum größeren Volumen gegangen. Der neue 3,7-Liter-V8-Saugmotor leistet nach Angaben von Toyota rund 520 PS. Beim Hybrid arbeitet man seit dem WEC-Einstieg 2012 mit Denso zusammen. Die MGU des japanischen Herstellers ist an der Hinterachse erhalten geblieben, vorne kam ein entsprechendes System von Aisin hinzu. Toyota speichert die gewonnene Energie in Superkondensatoren von Nissinbo.

Audi R18 Hybrid Boost

Audi treibt seit zwei Jahren die Vorderachse per E-Motor an Zoom

Die beiden E-Motoren leisten nach TMG-Angaben zusammen 480 PS. Der TS040 kommt somit auf eine Systemleistung von sagenhaften 1.000 PS. Dies ist allerdings ein Wert, denn man in der Realität immer nur für kurze Augenblicke zu Beginn einer Beschleunigungsphase erreicht. Der Toyota startet in der Saison 2014 in der 6MJ-Klasse. Das bedeutet, der japanische LMP1-Wagen setzt pro Umlauf in Le Mans bis zu 1,67 kWh um - auf dem freien Strommarkt 40 Cent wert, aber im Le-Mans-Rennen unbezahlbar.

Porsche

Auch der Porsche 919 Hybrid startet in der 6MJ-Klasse. Im Gegensatz zum Toyota rekuperiert der neue LMP1-Renner aus Weissach seine Energie aber teils auf einem anderen Weg, der enorme Vorteile bietet. Zusätzlich zum KERS an der Vorderachse wird am Turbolader Energie während des Betriebs unter Last zurückgewonnen. Strom fließt auch beim Gas geben in die wassergekühlten Lithium-Ionen-Battieren - die Konkurrenz "tankt" Strom hingegen nur beim Bremsen.

Was Audi versucht hat, ist Porsche offenbar bereits erfolgreich gelungen: die Rekuperation thermodynamischer Energie am Mono-Turbolader. An die Stelle des normalen "Wastegates" - einem Ventil, das überschüssige Abgasenergie, die nicht zum Antrieb des Kompressors benötigt wird, ins Freie entweichen lässt - ist eine Turbinen-Generator-Einheit gerückt, die beim Übersteigen des maximalen Ladedrucks munter Strom produziert. Die gesamte Hybridenergie wird an der Vorderachse eingesetzt - also auch ein Allradantrieb.


Fotostrecke: Die Technik des Porsche 919 Hybrid

Interessant ist auch der Motor des Porsche. Im Gegensatz zu Audi und Toyota sind die Stuttgarter dem Trend zum Downsizing gefolgt. Im Heck des 919 arbeitet ein kleiner 2,0-Liter-V4-Turbomotor, der nach offiziellen Angaben über 500 PS leistet. Inoffiziellen Angaben zufolge soll die Leistung allerdings erheblich höher liegen. Auch jene des E-Motors an der Vorderachse: Porsche gibt offiziell den Wert von "über 250 PS" an. Die Beschleunigungswerte legen jedoch den Verdacht nahe, dass Porsche kaum weniger Spitzenleistung hat als Toyota.

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