• 23.06.2007 11:29

Von Eisspezialisten und Schotterexperten

Die WRC macht zwei Monate Sommerpause, Zeit für die Halbzeitbilanz von BFGoodrich - Hier Teil 1

(Motorsport-Total.com) - Auch wenn BFGoodrich die Saison 2007 nach dem überraschenden Rückzug seines Wettbewerbers praktisch als einziger Reifenhersteller in der Rallye-Weltmeisterschaft bestreitet: Die Weiterentwicklung ihrer Wettbewerbs-Pneus hat die amerikanische Marke, die seit dem Einstieg in diese Meisterschaft ungeschlagen ist, konsequent fortgesetzt. Damit reagierte BFGoodrich auf die hohen Anforderungen seiner Partnerteams, die mit großem Ehrgeiz um die diesjährigen WM-Titel kämpfen. Dabei wurden mindestens vier der bisherigen acht Saisonläufe durch unterschiedliche Reifenstrategien zwischen Citroën und Ford, Sébastien Loeb und Marcus Grönholm entschieden. Teil eins der Zwischenbilanz zur Halbzeitpause.

Titel-Bild zur News: Marcus Grönholm

Marcus Grönholm wühlte sich erfolgreich durch den schwedischen Schnee

Einstand mit Bravour: Als BFGoodrich zu Beginn der Saison 2006 sein Rallye-Engagement auf WM-Ebene begann, geschah dies mit großem Erfolg. Bereits vor Jahresfrist stand fest: Die amerikanische Marke ist auf allen maßgeblichen Untergründen konkurrenzfähig - auf Schnee und Eis ebenso wie auf Asphalt-Prüfungen und schnellen wie knüppelharten Schotterpisten. Und als im Dezember in den walisischen Wäldern auch die letzte Schlacht geschlagen war, Sébastien Loeb als neuer und alter Fahrerweltmeister feststand und das Team BP Ford sich über den Titel in der Konstrukteurswertung freute, durften auch die Reifenexperten aus Clermont-Ferrand auf ihre weiße Weste stolz sein: Sie waren trotz starker Konkurrenz weiterhin ungeschlagen. Besser ging es nicht.#w1#

Der Wettbewerber zog sich daraufhin - von der Unterstützung des Italieners Gigi Galli bei den WM-Läufen in Schweden, Norwegen und Portugal abgesehen - aus der Rallye-Weltmeisterschaft weitestgehend zurück und überließ BFGoodrich das Feld. Was die amerikanische Marke keineswegs zum Anlass nahm, sich auf den frisch errungenen Lorbeeren auszuruhen. Ganz im Gegenteil: Die Reifenexperten führten das gewohnt hohe Entwicklungstempo ungebremst fort und überzeugten immer wieder mit Produktinnovationen, um Partnerteams wie den Werksabordnungen von Citroën, Ford und Subaru, aber auch den werksunterstützten Teams (OMV-Kronos, VK-Stobart und Munchi's) sowie regelmäßig antretenden Privatiers wie Toni Gardemeister, Jan Kopecky und Gareth MacHale optimales Material anzubieten.

Schon 16.356 Reifen bereitgestellt

Damit stellt BFGoodrich ebenso konkurrenzfähige wie langlebige Rallye-Pneus für nicht weniger als sieben verschiedene World Rally Cars (WRC) vom Citroën C4 WRC und dessen Vorgänger Xsara WRC über den Ford Focus RS WRC und den Focus WRC 04 bis zum Mitsubishi Lancer WRC, Skoda Fabia WRC und den Subaru Impreza WRC 2007 zur Verfügung. Hinzu kommt noch die Unterstützung einzelner Starter in der Produktionswagen-WM (PWRC) sowie der Junior-Meisterschaft, die von BFGoodrich exklusiv ausrüstet wird. Alles in allem hat der Reifenspezialist bei den ersten acht von insgesamt 16 WM-Läufen nicht weniger als 16.359 Pneus bereitgestellt.

Für besondere Herausforderungen sorgten dabei das Debüt völlig neuer Rallye-Boliden wie der Citroën C4 WRC und die erstmalige Zusammenarbeit mit dem Werksteam von Subaru, aber auch neue oder zumindest umfangreich veränderte WM-Läufe in Monte Carlo, Norwegen und Portugal.

Subaru: Sprung ins kalte Wasser

Konnten Ford und Citroën bereits auf umfangreiche Erfahrungswerte mit den Rallye-Pneus von BFGoodrich zurückgreifen, glich der Start der Zusammenarbeit mit Subaru dem Sprung ins kalte Wasser: Kaum mehr als ein Monat blieb den neuen Partnern vor Beginn der Rallye Monte Carlo, um Fahrzeug, Fahrer und Reifen aufeinander abzustimmen. Dennoch überraschten die Ergebnisse: Sowohl Ex-Weltmeister Petter Solberg als auch sein Teamkollege Chris Atkinson zeigten sich begeistert über den Grip, den der g-Force Profiler bietet. Atkinson gelang sogar das Kunststück, gleich zwei Bestzeiten zu erringen - es waren die ersten für diese Entwicklungsstufe des Impreza, der vor Jahresfrist sein Debüt gefeiert hatte. Schlussendlich sprang sogar unerwartet der vierte Gesamtrang für den jungen Australier heraus.

Dennoch gab es - und gibt es - sowohl für Subaru als auch BFGoodrich noch viel zu tun. Hauptproblem ist aktuell der hohe Reifenverschleiß, eine Eigenart des neuen Impreza 2007. Rechtzeitig vor der Rallye Griechenland, der rauesten Schotter-Veranstaltung der gesamten Saison, stellten die Experten der amerikanischen Marke zum Beispiel einen eigens entwickelten Spezial-Pneu vor: den extra-harten "g-Force Gravel 10", der sein Debüt b ereits zuvor bei der Rallye Italien feierte, dort aber aufgrund von Bremsproblemen am Auto von Solberg sein Potenzial nicht aufzeigen konnte.

Das sollte dieser Reifen im Land der Akropolis dafür umso anschaulicher nachholen: Der Norweger ließ ihn für die mit mehr als 48 Kilometern besonders lange und ultraharte Königsprüfung montieren - und fuhr damit hinter Marcus Grönholm die zweitschnellste Zeit heraus. "Ohne die um gut 20 Prozent verbesserte Widerstandsfähigkeit dieses Pneus hätten die Subaru diese WP unter Umständen gar nicht beenden können", erläutert Matthieu Bonardel, verantwortlich für den Automobilsport bei Michelin. "Auch Henning Solberg ließ seinen Ford Focus RS WRC mit diesem Pneu bestücken und wurde Vierter."

Reifenwahl entscheidet über Sieg und Niederlage

Welche Bedeutung den Reifen in der ersten Saisonhälfte der Rallye-Weltmeisterschaft zugekommen ist, zeigt exemplarisch die Analyse der Veranstaltungen in Schweden, Portugal und Griechenland. Im hohen Norden zum Beispiel erwies sich das Duell zwischen den Titelrivalen Loeb und Grönholm im wahrsten Sinne des Wortes als Millimeter-Entscheidung. Der amtierende Weltmeister in Citroën-Diensten wählte für die Prüfungen am Samstagnachmittag den "g-Force Ice" mit besonders langen Spikes aus, während sein finnischer Herausforderer zu identischen, jedoch mit kürzeren Wolfram-Nägeln bestückten Pneus griff.

Grönholm bewies das bessere Händchen: Nach dem morgendlichen Durchgang präsentierten sich die vereisten Prüfungen frei von Schnee - ein klarer Vorteil für den Ford Focus RS WRC-Piloten, der somit viel direkter einlenken konnte, sich binnen zweier Prüfungen einen Vorsprung von 30 Sekunden herausarbeitete und damit seinen fünften Schweden-Sieg absicherte.

In Norwegen schlug Hirvonens Stunde

Mit diesem Erfolg reiste Grönholm als klarer Favorit zur unmittelbar anschließenden Rallye Norwegen, einem Neuling im WM-Kalender. Obwohl kaum 150 Kilometer Luftlinie weiter westlich auf der anderen Seite des Oslo-Fjord gelegen, überraschte die zweite reine Winter-Veranstaltung mit gänzlich anderen Bedingungen - engeren und nicht ganz so schnellen Wertungsprüfungen etwa, vor allem aber mit deutlich mehr Schnee. Eine Besonderheit des Reifen-Reglements erschwerte die Situation für die Rallye-Cracks zusätzlich: Für beide Events ist nur ein und das gleiche Profildesign des "g-Force Ice" zugelassen. Zudem zählten jene 21 Pneus, die die Profis aus ihrem limitierten Kontingent in Schweden nicht eingesetzt hatten, automatisch zu ihrem norwegischen Reifen-Vorrat. Trotz Spikes in drei unterschiedlichen Längen alles andere als optimale Voraussetzungen.

Der Fahrer, der mit diesen schwierigen Bedingungen am besten zurechtkam, hieß Mikko Hirvonen: Der 26-jährige Finne in Ford-Diensten übernahm noch auf der ersten Wertungsprüfung die Führung, die er bis ins Ziel nicht wieder abgeben sollte. Weder sein Teamkollege Marcus Grönholm noch Weltmeister Sébastien Loeb waren in der Lage, das Tempo des Juniors mitzugehen. Während Hirvonen seinen zweiten Sieg bei einem Lauf zur Rallye-WM feierte, durfte das Team M-Sport - das die Werks-Focus RS WRC für Ford entwickelt und einsetzt - die Krönung einer erfolgreichen Woche bejubeln: Die Truppe des deutschen Sportchefs Jost Capito verließ Skandinavien mit 34 von 36 möglichen Zählern für die Konstrukteurswertung und nach drei WM-Läufen mit einem 16-Punkte-Vorsprung auf Citroën.

Demnächst im zweiten Teil der BFGoodrich Halbzeitbilanz: Sébastien Loebs Aufholjagd und Marcus Grönholms Triumph - das Duell um die Weltmeistertitel spitzte sich auf den Schotterprüfungen in Mexiko, Portugal, Argentinien, Italien und Griechenland weiter zu.