Todt: "Ambitionierte Vision des Rallye-Sports"

Jean Todt will die Rallye-WM wieder zu einer starken Weltmeisterschaft machen - Es gibt ambitionierte Ideen, während die Kosten unter Kontrolle gehalten werden müssen

(Motorsport-Total.com) - Vor einigen Wochen sah die Zukunft der Rallye-Weltmeisterschaft in Ordnung aus. Citroen und Ford lieferten sich enge Duelle, während MINI auf Anhieb starke Leistungen zeigen konnte. Volkswagen entschloss sich ab 2013 für den Einstieg und auch die Rallyes selbst änderten sich leicht. Die Organisatoren versuchten ihrer Veranstaltung einen eigenständigeren Charakter zu geben. Das Qualifying-Format für Schotter-Rallyes wurde beschlossen. Es tat sich einiges, doch die Probleme rund um Ex-Promoter North One Sports führte die WRC in eine Krise. Dazu kommt die angespannte wirtschaftliche Situation, die speziell die Privatiers trifft.

Titel-Bild zur News: Jean Todt

FIA-Präsident Jean Todt will der Rallye-WM wieder zu alter Stärke verhelfen

Außerdem musste MINI das Programm zurückfahren, das zweite Cockpit an Paydriver vermieten und man wird voraussichtlich nicht alle 13 Läufe bestreiten. Viele Baustellen müssen behoben werden, um die Zukunft der Rallye-WM zu sichern. "Es ist klar, dass wir eine Vision haben, die sehr ambitioniert ist", sagt FIA-Präsident Jean Todt im Rahmen einer Pressekonferenz anlässlich der Rallye Monte Carlo in Valence. "Wenn man mich im Moment fragt, ob ich glücklich über den Kalender bin, dann lautet die Antwort nein. Man kann es nicht Weltmeisterschaft nennen, wenn zehn Rallyes in Europa und drei außerhalb Europas ausgetragen werden."

"Wir brauchen einen ausgewogeneren Kalender, aber das passiert nicht an einem Tag. Wir wollen wieder eine Rallye in Afrika, eine in Russland und Asien haben. Wie müssen definitiv die Ausgewogenheit des Kalenders im Auge behalten." Das Problem daran sind die Kosten. Mit Ausnahme von Citroen und Ford werden kaum reguläre WRC-Starter die drei Überseerallyes in Angriff nehmen. Für die Privatiers ist es schlicht zu teuer.

Dabei geht es nicht nur um die Reisekosten, sondern auch um die Länge der Rallyes selbst. In Argentinien wird an fünf Tagen gefahren, aber auch der Klassiker in Monte Carlo geht über diese Länge. M-Sport-Chef Malcolm Wilson hat im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' klar zum Ausdruck gebracht, dass er gegen diese langen Rallyes ist. Todt war ursprünglich ein Befürworter ausgedehnter Veranstaltung und gab den Organisatoren die Möglichkeit, das umzusetzen.


Fotos: WRC: Rallye Monte Carlo


Mittlerweile hat der Franzose eine etwas andere Meinung. "Wenn wir die WRC konzentriert haben, so wie die Deutschland und Frankreich Rallye, die nur 20 Kilometer voneinander entfernt sind, dann ist es ökonomisch einfacher. Aber wir sagen, dass wir eine starke Weltmeisterschaft haben und daran arbeiten wir", so Todt. "Wir müssen versuchen zu sehen, wie man eine weltweite Veranstaltung mit limitierten Budgets unter einen Hut bringt. Wir wollen eine ausgeglichene Weltmeisterschaft, bei der eine Hälfte der Rallyes in Europa und die andere außerhalb stattfindet."

Zuverlässigkeit, Ausdauer, Abenteuer

"Beim Format der Rallyes müssen wir mehr an Zuverlässigkeit, Ausdauer und Abenteuer denken. Bis vor einigen Jahren durfte für jede Rallye der Motor gewechselt werden. Jetzt hat man drei Triebwerke für das komplette Jahr. Das hat die Kosten signifikant reduziert. Wir haben die Kosten für die Anzahl der Ersatzteile reduziert und wir können die Anzahl der erhältlichen Ersatzteile limitieren. Die Hersteller können das tun. Wir sind für Veränderungen, die zu einer Vision des Rallye-Sports passt, aber man muss immer die Kosten im Auge behalten."

"Ich bin überzeugt davon, dass man in Zukunft eine Rallye mit einem oder zwei Reifensätzen absolvieren kann. Das wäre eine gute Kombination aus Rallye-Sport und Mobilität." Auch Reifenpartner Michelin will in diese Richtung gehen und haltbarere Reifen herstellen, um eine Verbindung zwischen Rallye-Sport und Straßenverkehr herzustellen. Hier will die FIA einen anderen Weg als in der Formel 1 gehen, wo die Pirelli-Reifen ein Showfaktor sind.

Unter dem Strich muss die FIA Hersteller, Privatiers, Rallye-Veranstalter, Sponsoren und noch mehr Stimmen unter einen Hut bringen, um ein interessantes Produkt zu formen. Das ist nicht einfach. "Wir leben in einer Welt, in der nicht jeder glücklich sein kann. Die Rallye-Welt ist sehr demokratisch und ich bin mir sicher, dass viele Leute Rallye-Fans sind und eine positive und konstruktive Evolution des Rallye-Sports sehen wollen. Unglücklicherweise kann man nicht jeden glücklich machen."

Neue Technologien ab 2015

"Wir können dem Rallye-Sport vernünftige Straßen, Abenteuer, Zuverlässigkeit und natürlich - was absolut wichtig ist - vernünftige Kosten bieten", so Todt. "Der Motorsport kostet zu viel und wir müssen uns darum kümmern. Wenn man darüber nachdenkt etwas zu verändern, dann muss man sichergehen, dass es positiv für die Show ist und verträglich für die Kosten. Es muss interessant für neue Technologien sein, aber wir haben auch eine große Verantwortung der Umwelt gegenüber."

"Man muss die Wünsche der Hersteller respektieren. Es ist lustig, denn die Hersteller machen sich für neue Technologien stark, aber gleichzeitig sind sie beim Sport abwartender. Das kann ich verstehen. Im Jahr 2015 werden wir neue Technologien vorstellen und wenn wir das mit der Sicherheit im Straßenverkehr verknüpfen können, sind das diese Parameter, die wir immer in Betracht ziehen."

Ähnlich wie in der Formel 1 und der Sportwagen-WM soll sich auch die Rallye-WM der Hybridtechnologie nähern. Wie das genau aussehen wird, ist derzeit aber noch offen.