• 26.05.2007 13:18

Höllenqualen für Rallye-Cracks im Land der Götter

Den Stars der Rallye-WM steht in Griechenland das schwierigste Wochenende des Jahres bevor - Reifen besonderen Belastungen ausgesetzt

(Motorsport-Total.com) - Das schwierigste Wochenende des Jahres: Dem WRC-Tross stehen bei der Rallye Griechenland von 31. Mai bis 3. Juni drei ausgesprochen anstrengende Tage bevor - und mit den beiden 48,88 Kilometer monströs langen Wertungsprüfungen Aghii Theodhori 1 und 2 ganz spezielle Herausforderungen, die beim achten von 16 Saisonläufen über den Sieg entscheiden können.

Titel-Bild zur News: Xavier Pons

Bei der Akropolis-Rallye stehen Mensch und Material unter voller Belastung

Einst nahm die berühmte Safari-Rallye das Prädikat für sich in Anspruch, der übelste Material-, Menschen- und Reifenschinder im Kalender der Rallye-Weltmeisterschaft zu sein. Doch der kenianische Klassiker zählt schon seit 2003 nicht mehr zur WM und hat damit seinen speziellen Status der nicht minder berühmten Akropolis-Rallye vererbt - seither gibt sich die griechische Traditionsveranstaltung größte Mühe, diesem Ruf gerecht zu werden.#w1#

Große Felsbrocken und Spurrinnen überall

Medizinballgroße Felsbrocken und tiefe Spurrinnen prägen die ungastlichen Geröllpisten, die nicht selten auch noch von massivem Gestein flankiert werden - sowohl Reifen als auch Fahrwerke und Karosserien leiden im Land der Götter Höllenqualen. "Im vergangenen Jahr waren die Gebirgswege besonders hart", erinnert sich Mikko Hirvonen. "Wenn sich die Zustände nicht gebessert haben, dann geht mein Ford Focus WRC einer schweren Zeit entgegen. Früher haben wir die ganz üblen Passagen langsam und vorsichtig überquert - angesichts der immensen Konkurrenzsituation ist daran heute nicht mehr zu denken. Für uns heißt es nur noch: Angriff vom ersten bis zum letzten Meter."

23 Wertungsprüfungen über eine Gesamtdistanz von 334,44 Kilometern stehen in Griechenland auf dem Programm, darunter am Samstag auch die beiden Durchgänge über die bereits erwähnte Aghii Theodhori. Mit jeweils fast 50 Kilometern löst diese Mammut-Tortur im übrigen die 2,84 Kilometer kürzere Asphalt-Orgie St. Pierreville bis Antraigues als längste Wertungsprüfung des Rallye-WM-Jahres 2007 ab.

"Mit Ausnahme der Aghii Theodhori fallen die übrigen WP eher kürzer aus", analysiert Patrick Letort, Cheftechniker der Rallyespezialisten von Reifenhersteller BFGoodrich. "Spätestens jedoch, wenn die Fahrer die Prüfungen zum jeweils zweiten Mal in Angriff nehmen, werden sie die Wege im schlimmen Zustand vorfinden. Für diese besonders schwierigen Bedingungen haben wir eigens einen neuen Reifen entwickelt: den extra robusten g-Force Gravel 10, den manche Piloten bereits vor 14 Tagen auf Sardinien ausprobieren konnten und der eine etwas härtere Laufflächenmischung besitzt."

Neben diesem Neuling bietet die amerikanische Reifenmarke - die seit ihrem Einstieg in die Rallye-Weltmeisterschaft zu Beginn der Saison 2006 noch immer ungeschlagen ist - in Griechenland zwei weitere Schotterspezialisten an: den g-Force Gravel H1, den Citroën-Pilot Dani Sordo bereits vor Jahresfrist am Peleponnes eingesetzt hat, sowie den g-Force Gravel H2. Dieser Pneu wurde speziell für griechische Bedingungen entwickelt und hat Vorjahressieger Marcus Grönholm zu acht Bestzeiten verholfen.

Reifen: Fahrer vor der Qual der Wahl

Damit jedoch stehen die Partner von BFGoodrich vor der Qual der Wahl: Das Sportgesetz lässt in Griechenland jeweils nur den Einsatz von zwei verschiedenen Laufflächenprofilen zu. Bereits am 24. Mai mussten alle Fahrer zudem jene 70 Reifen nominieren, von denen sie für die Rallye und den Shakedown im Vorfeld nur 50 verwenden dürfen - eine Aufgabe, die beinahe hellseherische Qualitäten verlangt.

Denn: Der normale g-Force Gravel passt sich mit insgesamt drei unterschiedlichen Laufflächenmischungen variierenden Außentemperaturen und besonders schlimmen Straßenverhältnissen an, vom breiteren g-Force Gravel H1 stehen zwei Compounds zur Verfügung, der H2 wird ausschließlich als 9+ für groben Schotter angeboten. Wer von welchem Profil wie viele Reifen mit welcher Mischung registrieren lässt, zählt zu den bestgehüteten Geheimnissen jedes Rallye-WM-Wochenendes.

Doch egal, welchen Pneu die Rallye-Cracks wählen, eines haben die schwarzen Rundlinge auf jeden Fall gemeinsam: ihre besondere Mousse-Füllung. Damit ist ein spezieller Schaumstoff gemeint, der innerhalb der Reifendecke montiert wird und darauf wartet, zum Beispiel im Falle der Beschädigung des Rades die Funktion der entwichenen Druckluft zu übernehmen. Dieses System wurde vor genau zwei Jahrzehnten von Ingenieuren der Michelin-Gruppe entwickelt und hat seither unzähligen Topstars dieses Sports zum Sieg verholfen. Ab 2008 wird die so genannte ATS-Technologie per Reglement verboten.