• 25.08.2007 09:24

  • von Britta Weddige

Booth: "Es ist eine aufregende Zeit"

Exklusivinterview mit Ford-Europachef LWK Booth: Über die Erfolge in der WRC, die Rolle populärer Piloten und den Umweltschutz im Motorsport

(Motorsport-Total.com) - LWK Booth ist Executive Vice President Ford Motor Company and Chairman Ford of Europe. Im Rahmen der Rallye Deutschland sprach Booth mit 'Motorsport-Total.com' über den für Ford bisher sehr erfreulichen Verlauf der Rallye-Weltmeisterschaft, die Bedeutung der WRC für eine Marke und die Popularität der Ford-Piloten. Ein weiteres wichtiges Thema ist für Booth aber auch der Umweltschutz.

Titel-Bild zur News: LWK und Catherine Booth

LWK Booth und seine Frau Catherine an der Porta Nigra in Trier

Frage: "Herr Booth, mit dem bisherigen Saisonverlauf der Rallye-Weltmeisterschaft müssten sie aus Ford-Sicht ja äußerst zufrieden sein..."
LWK Booth: "Wir sind natürlich sehr erfreut! Im vergangenen Jahr haben wir nach zehn Jahren Zusammenarbeit mit M-Sport die Hersteller-Weltmeisterschaft gewonnen, in diesem Jahr führen wir sowohl die Fahrer- als auch die Herstellerwertung an. Was aber für uns noch wichtiger ist, ist dass die Zuschauer und Kunden großes Interesse zeigen an dem, was wir tun. Ja, es ist also eine aufregende Zeit."#w1#

WRC als weltweite Bühne

Frage: "Für ein Unternehmen wie Ford bietet die Rallye-Weltmeisterschaft eine weltweite Bühne. Stellen Sie fest, dass bei einem neuen WM-Lauf in diesem Land auch das Interesse an Ihrer Marke steigt?"
Booth: "Ja, das konnten wir zum Beispiel beobachten, als die Weltmeisterschaft in die Türkei gekommen ist. Dort haben wir eine große Begeisterung für Ford gespürt. Die Türkei ist ein wichtiger Markt für uns, deshalb waren wir erfreut, dort anzutreten. Da unsere Produkte weltweit angeboten werden, ist es auch wichtig für uns, unsere Produkte mit einer Weltmeisterschaft auf der ganzen Welt zu präsentieren."

"Unsere Rallyeautos sehen aus wie der Ford Focus, den der Kunde kaufen kann." LWK Booth

Frage: "In der Formel 1 werden häufig technische Innovationen zunächst für den Rennsport entwickelt und dann in den Serienfahrzeugen übernommen. Ist das im Rallyesport ähnlich?"
Booth: "Ich denke, dass in der Formel 1 immer weniger technische Neuerungen für Serienfahrzeuge übernommen werden. In der Formel 1 dreht sich die Entwicklung nun vor allem um die Aerodynamik. Im Rallyesport haben wir ein sehr striktes Reglement und das Design der Rallyeautos richtet sich nach diesem Reglement. Viele der Entwicklungen können deshalb nicht mehr direkt in die Serienfahrzeuge einfließen. Manche Dinge jedoch schon. Wichtiger ist für uns aber, dass unsere Rallyeautos aussehen wie die Straßenfahrzeuge. Sie sehen aus wie der Ford Focus, den der Kunde kaufen kann. Ich denke, das repräsentiert die Marke besser als es in der Formel 1 der Fall ist. In unserem Fall ist es zumindest ganz gewiss so."

"Haben mit unseren Piloten sehr viel Glück"

Marcus Grönholm

Marcus Grönholm ist wie seine Ford-Kollegen: beliebt und erfolgreich Zoom

Frage: "Wie wichtig ist es für eine Marke, so populäre Piloten zu haben, wie Marcus Grönholm einer ist?"
Booth: "Das Wichtigste ist, ist das ein Pilot schnell ist. Und Marcus Grönholm und Mikko Hirvonen sind wirklich schnell. Wichtig ist auch, dass sie gute Repräsentanten unserer Marke sind. Sie sind deshalb so populär, weil sie sehr umgängliche Menschen sind. Sie verbringen Zeit mit den Fans, sie verbringen auch Zeit mit den Sponsoren. Für uns ist also wichtig, dass wir schnelle Piloten haben, die gleichzeitig nette und anständige Menschen sind, und solche Fahrer haben wir im Moment. Aber es geht da nicht nur um das Werksteam. Wir haben viele großartige Piloten, die mit vielen Ford Focus an den Start gehen, in Finnland und Deutschland waren es elf insgesamt. Ich habe zum Beispiel beobachtet, wie Henning Solberg den Servicebereich verlassen hat. Er wurde von den Fans bejubelt. Oder Jari-Matti Latvala - es ist überwältigend, ihm beim Fahren zuzusehen. Und dann haben wir noch Matthew Wilson, der erst 20 Jahre alt ist - ich muss sagen, dass wir mit unseren Piloten wirklich sehr viel Glück haben."

Ford soll global zusammenwachsen

"Ein sparsamer Kraftstoffverbrauch ist den Kunden in den USA nun wesentlich wichtiger." LWK Booth

Frage: "Im Ford-Konzern soll es in der globalen Zusammenarbeit Neustrukturierungen geben. Können Sie das näher erläutern?"
Booth: "Was wir bei Ford momentan versuchen zu erreichen, ist dass die einzelnen Unternehmensteile wie Ford Europa, Ford Asien-Pazifik, Ford Nordamerika und Ford Südamerika ihre Kräfte bündeln und enger zusammenarbeiten. Die Wünsche der Kunden sind nun in den einzelnen Teilen der Welt nicht mehr so unterschiedlich, wie sie das vor zehn oder 15 Jahren noch waren. Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen: Ein sparsamer Kraftstoffverbrauch ist den Kunden in den USA nun wesentlich wichtiger als noch vor fünf oder zehn Jahren. Ford Europa hat bereits große Erfahrung im Bereich der sparsamen Kleinwagen. Und so ist das ein effizienter und schneller Weg, moderne, verbrauchsarme Fahrzeuge auch in Nordamerika auf den Markt zu bringen. Mit der Zusammenarbeit geht das schneller, als wenn Ford Amerika die Aufgabe allein angehen würde."

"Natürlich gibt es noch große Unterschiede. In Europa spielen Dieselmotoren eine große Rolle, in den USA sind Dieselmotoren in Autos weitgehend gar nicht existent. Aber ich denke, auch das wird sich beizeiten ändern. Denn ein geringerer Kraftstoffverbrauch und ein geringerer CO2-Ausstoß werden immer wichtiger. Deshalb denke ich, dass die Dieseltechnologie auch auf dem US-Markt Fuß fassen wird, ebenso wie wesentlich effizientere und kleinere Benzinmotoren. Und zwar werden sie so Fuß fassen, wie wir das vor zehn Jahren nie vorausgesagt hätten."

Klimaschutz: "Bedenken sollten ernst genommen werden"

"Es gibt viele Leute, die es für ein Unding halten, wenn Kraftstoff nur zu Unterhaltungszwecken verbrannt wird." LWK Booth

Frage: "Da wir gerade über das Thema Klimaschutz sprechen. Ihr Konzern ist in Schweden mit dem 'grünen Volvo' vertreten, einem umweltfreundlichen Tourenwagen, der zuletzt auch am WTCC-Rennen in Anderstorp teilgenommen hat. Ist das die Richtung, in die der Motorsport künftig gehen wird? Werden die Rennwagen ebenso wie die Straßenfahrzeuge zunehmend umweltfreundlich werden?"
Booth: "Ja, ich denke das ist unbedingt notwendig. Wir, die den Motorsport lieben, sollten wahrhaben, dass es viele Leute gibt, die es für ein Unding halten, wenn Kraftstoff nur zu Unterhaltungszwecken verbrannt wird. Das sieht zwar nicht die große Mehrheit so, aber es gibt es Menschen, die denken, wir sollten das nicht tun. Wir müssen das wahrnehmen und darauf reagieren. Man kann das nun in der Formel 1 beobachten, dort wird man sich der Verantwortung immer mehr bewusst und arbeitet an entsprechenden Weiterentwicklungen des Reglements. Ich denke, dass der gesamte Motorsport die Bedenken der Menschen ernst nehmen sollte."

"Volvo geht da mit sehr gutem Beispiel voran und zeigt schon seit langem großes Verantwortungsbewusstsein für die Umwelt. Der 'grüne Volvo' passt perfekt zum Konzept der Marke. Sie sind mit dem Auto zunächst in der STCC angetreten und haben dort durchaus erfolgreich abgeschnitten, aber das Projekt hat auch viel Anerkennung bekommen. Die Erlaubnis, in diesem Jahr auch an einem WTCC-Rennen teilzunehmen, war großartig für Volvo, und es war auch großartig für den Sport. Ich erwarte, dass wir solche Entwicklungen bald in vielen Rennserien sehen werden. Und mit der Zeit müssen wir auch darüber nachdenken, wie die Rallye-Weltmeisterschaft umweltfreundlicher werden kann."