Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Redakteurin Rebecca Friese glaubt, es ist der unbelohnte Ehrgeiz eines BMW-Rookies, der Philipp Eng nach dem siebten DTM-Lauf 2018 unruhig schlafen ließ

(Motorsport-Total.com) - Liebe DTM-Freunde,

Titel-Bild zur News: Philipp Eng, Joel Eriksson

Philipp Eng mussten seinem Rookie-Kollegen Joel Eriksson beim Siegen zusehen Zoom

als Motorsport-"Gestörte" lieben wir ja nicht nur knallharte Action auf der Strecke, sondern auch die schönen Geschichten, die unser Lieblingssport zu schreiben vermag. Im vergangenen Jahr haben wir eine solche mit der Rookie-Meisterschaft von Audi-Pilot Rene Rast bekommen. Unersättlich wie wir sind, haben wir deshalb auch in diesem Jahr wieder auf eine ähnliche Erfolgsgeschichte gehofft. Und einer hat sich dabei besonders empfohlen: BMW-Rookie Philipp Eng.

Und siehe da: Beim spektakulären Rennwochenende mit den Nachtrennen in Misano haben wir sogar einen Sieg von einem BMW-Rookie gesehen - allerdings von Joel Eriksson. Ich kaufe Eng ab, dass er sich für seinen Kollegen gefreut hat. Es zeugt jedenfalls von großem Sportsgeist, dass er ihm gleich öffentlich dazu gratuliert hat. Aber innerlich muss es den Österreicher zerrissen haben. Schließlich war er nur einen Tag zuvor selbst auf Siegkurs gewesen - zum wiederholten Male!

Eng mit bester Rookie-Bilanz 2018

Der erst 20-jährige Eriksson hat seinen Sieg genauso verdient. Auch der Schwede hat sein Talent von Saisonbeginn an aufblitzen lassen und in Hockenheim gleich mal in das Jahrhundert-Duell zwischen Timo Glock und Gary Paffett eingreifen können. Die konstantere Leistung hat aber der acht Jahre ältere Eng gebracht.

Seine bisherige Saisonbilanz: Sieben Punkteankünfte in 14 Rennen - davon zwei auf dem Podium. Außerdem gelang ihm schon eine Pole-Position und zusätzliche dreimal verpasste er sie nur knapp. Deshalb tummelt er sich in der Gesamtwertung auch seit dem zweiten Rennwochenende unter den Top-10, während Eriksson durch seinen Sieg gerade mal auf Platz zwölf vorgerückt ist.

Eng ist meiner Kollegin Julia Spacek und mir schon vor Saisonbeginn besonders aufgefallen. Zum einen wegen seiner Demut. Mit vor Begeisterung zitternder Stimme sprach er vor Hockenheim noch davon, dass er seine zukünftigen Gegner nur aus dem Fernsehen kenne. Zum anderen dadurch, dass er diesen Respekt vor seinen Gegnern mit einem unermüdlichen Ehrgeiz paart, der schon wieder sehr österreichisch daherkommt.

BMW lobt Engs Einstellung

Bezeichnend auch, wie er schon nach drei Rennwochenenden darüber philosophierte, dass er eigentlich gegen ein noch einfacheres Überholen in der DTM sei, weil man sich das als Vorausfahrender ja nicht wünsche. Als hätte er seinen Platz an der Spitze des Feldes schon gefunden. Auch bei BMW ist man davon beeindruckt, dass sich Eng nicht mit Beinahe-Siegen zufrieden gibt, die für einen Rookie schon aller Ehren wert sind.

"Sogar nach einem Rennen wie am Samstag steigt er aus dem Auto und sagt 'Kotzt mich das an - ich hatte es fast. Morgen hol ich es mir'", verrät Motorsportchef Jens Marquardt, der auch seine Rennintelligenz lobt. BMW profitiert davon nicht nur in der DTM, sondern gewann mit ihm unter anderem in diesem Jahr auch die 24 Stunden von Spa. "Er performt in jedem Programm, in das wir ihn stecken", so Marquardt.

Sat1-Experte Timo Scheider nennt es "keinen Scheiß gebaut". Ich sage, Eng hat jene Eigenschaften eines erfahrenen Rookies, die Rast 2017 zum Champion gemacht haben. Das Problem ist nur: er sitzt nicht im besten Auto. Denn dass er im Samstags-Nachtrennen in Führung liegend noch bis auf Platz acht zurückgefallen ist, lag nicht etwa daran, dass er zu ungestüm an die Sache herangegangen ist.


Fotos: DTM in Misano


Er war damit noch immer zweitbester BMW in einem Rennen, das durch zahlreiche Kontakte ohnehin die Aerodynamik zunichte gemacht hat. Und das Reifenschonen gehört in dieser Saison auch nicht zu den Stärken der Münchner. Nicht auszudenken also, wenn Eng in einem Mercedes sitzen würde ...

Der heißersehnte erste Sieg wäre ihm sehr zu gönnen. Grundsätzlich kann Eng mit seiner bisherigen Performance aber durchaus zufrieden sein. Auch wenn ihm der unbelohnte Ehrgeiz womöglich den Schlaf raubt.

Wer sonst noch schlecht geschlafen hat

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Gary Paffetts Schlaf in der vergangenen Nacht von dem einen oder anderen Alptraum durchbrochen wurde. Denn so spektakulär die vielen Vorfälle in den Nachtrennen auch anzusehen waren - für den Mercedes-Piloten bedeuteten sie den Verlust der Führung in der Gesamtwertung. Besonders ärgerlich: So gut er seine Ruhe und Erfahrung in dieser Saison ausspielen konnte, so sehr verschätze er sich an diesem Wochenende. Zudem kollidierte er am Samstag ausgerechnet mit Markenkollegen Edoardo Mortara und am Sonntag mit Daniel Juncadella. Paul di Resta konnte mit Pole, Sieg und Punkten das Blatt für sich wenden. Im Mercedes-Lager könnte es also langsam nicklig werden.

Und noch ein bisschen Gejammer in eigener Sache: Die tolle Idee eines Nachtrennens in italienischer Urlaubsumgebung hat uns ja wirklich auch tolle Bilder und spektakuläre Rennen geliefert. Unseren Schlafrhythmus hat es aber ganz schön durcheinander gewirbelt. Fraglich auch, ob sich die Chose gelohnt hat. Denn es waren weder Zuschauerströme an der Strecke zu bobachten, noch hat sich die TV-Übertragung mit der Verschiebung auf Kabel 1 wirklich ausgezahlt. Dabei mussten wir allein wegen des TV-Plans so lange auf den Start warten.

Meine Erkenntnis des Wochenendes übrigens: Dass die Rennen nicht wie gewohnt in Sat 1 ausgestrahlt worden, ist indirekt Cora Schumachers Schuld! Denn sie war zeitgleich zu den Nachtrennen bei Promi Big Brother zu sehen :D

Ihre


Rebecca Friese


Rebecca Friese