Meier: "Die Begeisterung der Leute ist phänomenal"
Sherco-Fahrerin Christina Meier im Interview über die erste Dakar-Woche: Probleme mit dem GPS und der dünnen Höhenluft bei den Anden-Pässen
(Motorsport-Total.com) - Christina Meier stellt sich auch in diesem Jahr den Herausforderungen, welche die Rallye Dakar in Südamerika mit sich bringt. Die 38-Jährige aus Deutschland führt eine Sherco-Maschine ins Rennen und schlug sich bislang durchaus achtbar - einzig die Technik macht Meier hin und wieder einen Strich durch die Rechnung. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' spricht die Motorrad-Lady über ihre erste Woche bei der Dakar 2011 und die diversen Schwierigkeiten, die sie dabei meistern musste.

© DPPI/ASO
Sherco-Fahrerin Christina Meier war bereits im vergangenen Jahr am Start
Frage: "Christina, welches Fazit ziehst du nach der ersten Hälfte der Dakar?"
Christina Meier: "Ich bin mit dem Motorrad super zufrieden. Die Sherco läuft ganz klasse. Die Mechaniker arbeiten auch prima. In den ersten Tagen hatte ich ein bisschen Probleme mit dem GPS. Es lief nicht richtig und fiel immer wieder aus. Ich hatte an einem Tag etwa 200 Kilometer lang kein GPS. Dann haben sie es ausgetauscht und ich hatte einen Tag Ruhe und auf der nächsten Etappe ging dann die Verbindung zwischen Antenne und GPS kaputt."
"Damit hatte ich unter anderem keinen Kompasskurs. Den Wegpunkt musste ich dann mehr erraten und suchen. Das war natürlich nervig. Aber für diese Probleme konnten die Mechaniker nichts, denn die Geräte werden vom Veranstalter gestellt. Die sind vielleicht schon etwas alt. Sie hatten auch nicht genug, denn als wir das Gerät am ersten Tag wechseln wollten, hieß es: 'Tut uns leid, wir haben heute keine.' Aber ansonsten läuft alles ganz gut."
Frage: "Wie orientiert man sich ohne Kompass?"
Meier: "An den Spuren und dem Stand der Sonne. Schwierig wird es zur Mittagszeit, wenn die Sonne über dir steht. Ansonsten sind da so viele Spuren, dass man sich nicht verfahren kann. Die Navigation ist hier nicht die größte Schwierigkeit."
Der Sturm vor der Ruhe...
Frage: "Die Etappe vor dem Ruhetag hatte es ganz schön in sich. Wie war es für dich?"
Meier: "Die Etappen waren bis auf die Prüfung vor dem Ruhetag gut zu schaffen. Der Tag vor der Pause hat allerdings ganz schon geschlaucht. Für die 455 Kilometer hat der Sieger Ruben Faria ungefähr fünf Stunden gebraucht, ich zehn. Da kann man sich vorstellen, dass es für ihn deutlich einfacher war."
"Ich hatte die Autos beim ersten Tankstopp wieder eingeholt. Die Schnellen, die um die Sekunden kämpfen, lasse ich immer vorbei, um denen nicht im Weg zu sein. Ich kämpfe mich dann immer weiter durch die völlig zerstörte Spur. Zwischenzeitlich konnte ich den Lenker kaum noch festhalten. Ich musste dann irgendwann anhalten, bevor was schief ging."
"Ich habe ja keinen Druck und für mich ist Ankommen das Ziel. Deswegen habe ich an CP4 erst mal angehalten und einen Riegel gegessen. Wenig später habe ich bei einem Fahrer angehalten, der seine Achsmutter verloren hatte. Wir haben dann meine Sachen durchsucht, ob wir etwas finden. Ich hatte aber leider nichts, was bei ihm passte."
"Noch etwas weiter habe ich ein Aussichtszelt mit ein paar Zuschauern angesteuert und nach etwas Cola gefragt. Zufällig war dort derjenige zugegen, der diese Strecke verbrochen hatte. Ich hab ihn dann gefragt, ob es noch ein bisschen besser wird. Seine Miene sagte alles und ich habe mich schnell wieder auf den Weg gemacht."
Meier braucht mehr Sauerstoff
Frage: "Wie hast du die Andenüberquerung auf über 4800 Meter empfunden?
Meier: "Das war schrecklich! Ich war total höhenkrank. Ich hatte schon am Tag vorher auf 3500 Meter Probleme. Wir hatten für die Verbindungsetappe eine recht knappe Zeitvorgabe. Die konnte ich auch nicht einhalten, da ich so müde war."
"Ich dachte, wenn ich jetzt noch schneller fahre, dann falle ich irgendwo aus der Kurve. Ich habe den Start zwar verpasst, aber ich bekam nur eine Zeitstrafe und das ist nicht so schlimm. Einen Tag später kamen die 4800 Meter und für 200 Kilometer waren wir über 4500 Meter - ich war fertig. Ich bin auf dem Motorrad fast eingeschlafen und habe total über Kreuz geschaut."
"Ich hielt dann bei Sanitätsfahrzeugen an. Das war ein Sicherheits-Checkpoint vom Veranstalter, die auch eine Sauerstoffversorgung hatten. Ein Test zeigte, dass meine Sauerstoffsättigung sehr schlecht war und ich musste gleich bleiben. Nachdem ich 20 Minuten lang reinen Sauerstoff geatmet hatte, ging es weiter. Aber das war besser als einen Unfall zu bauen."
Frage: "Ist diese Dakar härter als vergangenes Jahr?"
Meier: "Ich weiß nicht. Aber um ehrlich zu sein: Ich nehme, was kommt. Die Verbindungsetappen machen es oft hart. Da hat man sich stundenlang durch die Prüfung gekämpft und muss dann noch hunderte Kilometer ins Biwak fahren."
Frage: "Was ist dein bisheriges Highlight?"
Meier: "Zum einen meine neue Maschine und die Zuschauer, die von Jahr zu Jahr toller werden. Sie sind überall. In Chile sind es ein bisschen weniger. Aber zwei Tage vor dem Ruhetag um vier Uhr morgen loszufahren - es war stockdunkel und es standen Menschmassen an der Strecke. Das kann man gar nicht fassen. Die sind ja schon mitten in der Nacht aufgestanden, um dorthin zu kommen. Die Begeisterung der Leute ist in meinen Augen absolut phänomenal."

