Dakar-Vorschau: Geht die KTM-Siegesserie zu Ende?

Generationenwechsel bei KTM: Die Seriensieger setzen bei der Rallye Dakar auf talentierte Youngster - Konkurrent Honda wittert die große Chance

(Motorsport-Total.com) - Wenn am 2. Januar 2016 die Motorräder in Buenos Aires über die Startrampe rollen, fällt der Startschuss zu einer der spannendsten Rallye Dakars in jüngerer Vergangenheit. Da Titelverteidiger Marc Coma seine Karriere beendet hat und nun im Organisationsteam des ASO arbeitet, wird es einen neuen Gesamtsieger geben. Auch dessen langjähriger Konkurrent Cyril Despres fährt seit 2015 bei den Automobilen. Das Feld der Favoriten ist in der Motorrad-Kategorie breit gefächert. Auch die Siegesserie von KTM - die Österreicher sind seit dem Jahr 2001 ungeschlagen - könnte zu Ende gehen.

Titel-Bild zur News: Marc Coma

Wer wird Nachfolger von Dakar-Titelverteidiger Marc Coma? Zoom

Bei der 38. Auflage der Rallye Dakar gibt es für die Motorräder eine wesentliche Änderung. Das Startintervall der Top 10 wurde auf drei Minuten ausgedehnt. In jüngerer Vergangenheit war es oft der Fall, dass der Sieger des Vortages am nächsten Tag die Etappe eröffnen musste und seinen Vorteil verlor, weil ihn die Verfolger rasch einholen konnten. Mit dem längeren Startintervall hoffen die Veranstalter, dass sich das Feld weiter auseinanderzieht und sich erst im späteren Tagesverlauf Gruppen bilden können. Die Bedeutung der Navigation ist bei größeren Abständen auch hervorgehoben.

Auf dem Papier hat weiterhin KTM die Favoritenrolle inne, auch wenn die Fahrer noch nicht über reichhaltige Erfahrung verfügen. Toby Price kam bei seinem ersten Dakar-Start als Dritter ins Ziel und Matthias Walkner sicherte sich in der abgelaufenen Saison den CrossCountry WM-Titel. "Es gibt natürlich eine Erwartung von meiner Seite", sagt der Österreicher. "Ich habe mich diesmal sehr gewissenhaft vorbereitet. Im Vorjahr habe ich mich nur eine Woche vorbereitet, jetzt arbeite ich seit der Marokko Rallye."

Walkner übte viel mit dem Roadbook, um seine Navigationskünste zu verbessern. Dazu gab es auch Höhentraining, um sich auf die körperliche Herausforderung in der zweiten Dakar-Woche vorzubereiten. "Meine Saison war unerwarteterweise sehr gut, aber das heißt nicht, dass ich als Weltmeister automatisch auf dem Podium stehen werde", versucht der Salzburger die Erwartungen zu dämpfen. "Wenn ich diese zwei Wochen mit über 9.000 Kilometern ohne große Probleme schaffe, dann sollte ein Ergebnis zwischen Platz fünf und drei realistisch sein."

Der Brite Sam Sunderland musste seinen Start kurzfristig absagen. Er hatte sich bei der Marokko Rallye den Oberschenkel gebrochen. Obwohl der Heilungsverlauf positiv verläuft, rieten ihm seine Ärzte von einer Teilnahme ab. Der "Vaterfigur" bei KTM ist Jordi Viladoms, der zum zehnten und letzten Mal die Rallye Dakar in Angriff nimmt. 2014 stand der Spanier als Zweiter auf dem Podest. Das KTM-Team wird komplettiert von der starken Spanierin Laia Sanz, die vor zwölf Monaten in die Top 10 gefahren ist.

Honda will KTM vom Thron stoßen

Das erwartete Duell heißt KTM gegen Honda. Geheimfavorit ist Joan Barreda, der in den vergangenen fünf Jahren 13 Etappen gewonnen hat. Allerdings stand der Spanier am Ende noch nie auf dem Podium, da immer wieder Zwischenfälle Topergebnisse zunichte machten. Den Speed hat Barreda zweifellos, aber ob er in den zwei Wochen auch die richtige Taktik umsetzen kann, wird die entscheidende Frage sein.

In den vergangenen Monaten arbeitete deshalb auch Barreda an seinen Schwächen: "Ich habe intensiv an der Navigation und den Roadbooks der letzten Dakars gearbeitet. Da die neue Route von Marc Coma entworfen wurde, wird die Navigation bei vielen Etappen kompliziert sein", schätzt "Bang Bang" - wie Barredas Spitzname lautet. Vor allem die zweite Woche wird die Rallye entscheiden, wenn bei einer Etappe alle Fahrzeugklassen gleichzeitig losgeschickt werden. Dazu kommt die Marathonetappe, bei der über Nacht nicht an den Motorrädern gearbeitet werden darf.

Deshalb wird die Erfahrung wieder eine große und vielleicht entscheidende Rolle spielen. Viele Fahrer haben aus diesem Grund Barredas Honda-Teamkollegen Paolo Goncalves auf der Rechnung. Der Portugiese verpasste 2015 den Sieg nur knapp. "Es gibt sieben oder acht Fahrer mit Siegchancen. Honda will wie im Vorjahr um den Sieg kämpfen. Dass Marc Coma nicht mehr dabei ist, macht es nicht einfacher", glaubt Goncalves. "Ich erwarte eine schwierige Route, vor allem bei der Navigation." Ebenfalls im Honda-Team fahren Michael Metge, Ricky Brabec und Paolo Ceci.

Mit Husqvarna ist ein weiterer Hersteller bei der Rallye Dakar vertreten. Pablo Quintanilla und Ruben Faria werden in den Top 10 eine Rolle spielen. Die beiden arbeiten eng mit KTM zusammen, denn das Husqvarna-Motorrad entspricht technisch der KTM 450 Rally. Außenseiterchancen werden dem Yamaha-Team eingeräumt. Helder Rodrigues kehrte zurück und ist als Teamleader aufgestellt. Sein Teamkollege Alessandro Botturi sowie Frans Verhoeven sind ebenfalls Kandidaten für die Top 10. Große Außenseiter sind die Sherco-Fahrer Juan Pedrero und Alain Duclos.