Adam Malysz: Skisprunglegende in der Wüste
Motorsport- statt Skisprungzirkus, Sand statt Schnee: Adam Malysz hat seine ungemein erfolgreiche Zeit als Skispringer endgültig hinter sich gelassen
(Motorsport-Total.com/SID) - Dass Sand nicht Schnee ist, hätte Adam Malysz eigentlich vorher wissen können. "Der Sand ist seltsam - anders als das, was ich bis jetzt kannte", sagte der einst beste Skispringer der Welt nach seinem ersten Auftritt bei der Rallye Dakar in Südamerika. Während im europäischen Winter zum ersten Mal seit 16 Jahren eine Vierschanzentournee ohne den zierlichen Polen stattfindet, versucht sich Malysz rund 12.000 Kilometer entfernt in Argentinien, Chile und Peru am Lenkrad bei der berühmtesten Rallye der Welt - auf ungewohntem Terrain.

© Lukasz Nazdraczew/Red Bull Content Pool
Der neue Untergrund ist für Adam Malysz noch gewöhnungsbedürftig
Entsprechend zurückhaltend ist er. "Vor allen Dingen hoffe ich, dass ich die Rallye beenden kann", sagte der 34-Jährige: "Das ist eine enorme Herausforderung, weil es die schwierigste Rallye der Welt ist." Und eine völlig andere Welt. Im Skisprungzirkus gehörte Malysz jahrzehntelang zur Weltspitze. Seine zahlreichen Erfolge machten den bescheidenen, ja fast schüchternen Malysz nicht nur in seinem Heimatland zum absoluten Superstar der Szene. Allein viermal holte er sich den Sieg im Gesamtweltcup, genauso oft stand er bei einer Weltmeisterschaft ganz oben auf dem Treppchen. 2001 sicherte er sich zudem den Sieg bei der Vierschanzentournee.
Nach seinem umjubelten Abschied in Zakopane im letzten Winter jetzt also der Wechsel in den Motorsport, auch ein ziemlicher Zirkus. Aber Malysz gehört nicht zu den Hauptattraktionen. "Ich weiß genau, dass ich mit den Top-Teams nicht mithalten kann", sagte Malysz, kennt dabei aber einen der größten Unterschiede zum Skispringen: "Alle Fahrer, die die Dakar-Rallye beenden, sind Sieger." Dass das auf Skiern anders ist, kann momentan Malysz' ehemaliger Dauerkonkurrent Martin Schmitt bestätigen. Der deutsche Altmeister musste zur Halbzeit der Tournee nach schwachen Leistungen die Heimreise antreten.
Doch auch Malysz hat es schwer. Auf den ersten beiden Etappen handelte er sich mit seinem Beifahrer und Landsmann Rafal Marton im Mitsubishi Pajero einen riesigen Rückstand ein - das Duo lag 1:46:53 Stunden hinter dem führenden Rekordgewinner Stephane Peterhansel aus Frankreich. Wer Malysz bei seinen Interviews in Südamerika in die Augen blickt, sieht, dass ihm das völlig egal ist. Lächelnd, entspannt und - wie zu besten Skisprungzeiten - mit einer viel zu großen Mütze auf dem Kopf, berichtet Malysz von seiner Premierenerfahrung: Sand ist seltsam.
Es geht dem schmächtigen Mann aus Wislaw nicht mehr um Erfolge. Trotzdem sucht er das, was ihm seit seinem Abschied von der Schanze verwehrt blieb: "Als ich meine Skisprung-Karriere beendet habe und anfing, Auto zu fahren, habe ich es geschafft diesen Adrenalin-Level zu halten - und mich gleichzeitig zu amüsieren." Es wäre auch schwer vorstellbar, dass einer, der einst auf Skiern 230,5 Meter weit durch die Luft gesegelt ist, auf einmal nur noch vor dem heimischen Kamin sitzen bleiben kann.
Natürlich war auch Malysz' Begeisterung für den Rallyesport nach dem schwarzen Neujahrstag in Argentinien getrübt. Der argentinische Motorradfahrer Jorge Martinez Boero verstarb auf der ersten Etappe nach einem schweren Unfall. Insgesamt 59 Menschen haben bei dem Spektakel bislang ihr Leben verloren - auch das ist ein Unterschied zu Malysz' früherer Leidenschaft im Schnee.

