• 06.05.2009 12:48

Zanardi-Leserinterview: "Der Jordan war ein schönes Auto"

Sie haben die Fragen gestellt, Alessandro Zanardi hat geantwortet - hier ist das 'Motorsport-Total.com'-Leserinterview aus Marrakesch!

(Motorsport-Total.com) - Viele Leser haben wieder die Gelegenheit wahrgenommen, ihre ganz persönlichen Fragen an BMW Team Italy-Spain Pilot Alessandro Zanardi loszuwerden. Der italienische Rennfahrer hat sich im Rahmen des Rennwochenendes in Marokko erneut ausführlich Zeit genommen, um sich dem Leserinterview von 'Motorsport-Total.com' zu stellen. Lesen Sie in dieser Ausgabe, was Zanardi von Kosenamen hält, wie er sich vor einem Rennen entspannt und warum er niemals NASCAR fahren wird.

Titel-Bild zur News: Alessandro Zanardi

Alessandro Zanardi nahm in Marokko wieder Stellung zu Ihren Leserfragen

Brian Corgan fragt: "Welches ist dein schlimmste Rennauto gewesen und warum?"
Alessandro Zanardi antwortet: "Diese Medaille hat immer zwei Seiten. Einerseits ist die Frage, ob ein Auto konkurrenzfähig ist oder nicht. Andererseits ist wichtig, ob man als Fahrer in diesem Auto Spaß hat. Am wenigsten war die Kombination dieser beiden Dinge wohl bei meinem allerersten Formel-3-Auto aus dem Jahr 1988 der Fall."#w1#

"Ich fuhr eine ganze Saison hinterher und hatte Mühe, in die Top 20 zu gelangen. Im letzten Qualifying des Jahres wurde ich 26., das Rennen lief ebenfalls schlecht. Im Jahr darauf ging ich mit einem anderen Wagen an den Start - und stand auf Anhieb auf der Pole-Position. Entweder, ich habe damals im Winter einen riesigen Sprung gemacht, oder es lag am Auto. Ich denke, es war das Auto."

Mit 'Old Midnight' durch die legendäre Corkscrew-Schikane

Pascal Herbig fragt: "Welches Formelauto, das du in deiner Karriere fahren durftest, gefiel dir optisch am besten?"
Alessandro Zanardi antwortet: "Das war ganz sicher der Jordan, den ich im Jahr 1991 in der Formel 1 gefahren bin. Das war ein wirklich schönes Auto. Gleiches gilt natürlich für das Ganassi-Auto. Ich mag es, wenn ein Rennwagen aufgrund seiner Farbe oder seiner Form anders aussieht als andere Autos."

"Entweder ist so ein Auto dann schön oder höllisch hässlich. Wenn es schnell ist, liebt man es. Ist es langsam, dann ist es ein hässliches Auto. Mit einem eigentlich richtig hässlichen Formel-3000-Reynard war ich schnell unterwegs. Dann schaut man sich den Wagen an und denkt: Eigentlich ist die Farbe ja gar nicht so schlimm. So ist es im Rennsport."

"Das beste Verhältnis hatte ich zu einem Wagen namens 'Old Midnight'." Alessandro Zanardi

Jonathan Schriever fragt: "Sebastian Vettel gibt seinen Autos Namen. Hast du das auch mal gemacht?"
Alessandro Zanardi antwortet: "Als ich in den USA gefahren bin, haben meine Mechaniker den Autos immer Namen gegeben. Das beste Verhältnis hatte ich zu einem Wagen namens 'Old Midnight'. Der Grund für diesen Namen war, dass die Mechaniker immer bis tief in die Nacht arbeiten mussten, wann immer wir mit diesem Auto gefahren sind. Damals hatten wir zwei identische Fahrzeuge zur Auswahl. Immer gab es irgendein technisches Problem oder Unfälle mit 'Old Midnight'."

"Dieses Auto hat nie ein Rennen gewonnen - bis zum Saisonfinale in Laguna Seca. Ich habe zunächst geführt und mein Renningenieur hat den Wagen angefeuert: 'Du schaffst es Old Midnight!' Dann fiel ich jedoch hinter Bryan Herta zurück. Aber der Ingenieur gab die Hoffnung nicht auf, dass ich noch einmal kontern könnte. Runde um Runde verging."

"Und gegen Rennende klopften ihm die anderen auf die Schulter und meinten, dass 'Old Midnight' eben doch nie ein Rennen gewinnen würde. Gerade war der Ingenieur dabei, sich damit abzufinden, als er auf dem Monitor mein Überholmanöver gegen Herta in der Corkscrew-Kurve sah. 'Old Midnight' gewann in der letzten Runde des letzten Saisonrennens doch noch."

Begeisterung pur für die neue Formel 1

Marcel Müller fragt: "Ich war 2003 auf dem Lausitzring und habe deine 13 Runden miterlebt - du warst richtig schnell unterwegs! Wie unterschiedlich waren die Rennwagen von 2001 und 2003?"
Alessandro Zanardi antwortet: "Zunächst war der Motor ein anderer. 2003 hatte das Auto einen Cosworth-Motor, während es zwei Jahre zuvor noch ein Honda gewesen ist. Der Ladedruck war anders, das Aggregat hatte etwas weniger Leistung. Außerdem war 2003 ein bestimmter Heckflügel Pflicht, sodass mehr Abtrieb erzeugt wurde. Ich war in der Tat schnell. Mein Speed in diesen 13 Runden hätte mich auf Platz fünf in der Startaufstellung gebracht. Das war eine große Genugtuung."

Ein anonymer Leser fragt: "Kann BMW in der Formel 1 und der WTCC in diesem Jahr Weltmeister werden?"
Alessandro Zanardi antwortet: "Das sind natürlich zwei ganz unterschiedliche Felder. In der Tourenwagen-WM hat BMW mehrfach bewiesen, die Meisterschaft gewinnen zu können. Zwischen 2005 und 2007 ist das fast zur Routine geworden. In der Formel 1 ist das bedeutend schwieriger. Ich will nicht sagen, dass unsere Gegner hier in der WTCC nicht gut wären. In der Formel 1 sind die Kontrahenten jedoch nicht nur einfach gut, sondern verfügen über unglaubliche Ressourcen."

Alessandro Zanardi

Alessandro Zanardi stieg 2006 in einen Boliden des BMW Sauber F1 Teams Zoom

"Gut sein ist in der Formel 1 schon fast gleichbedeutend mit Mittelmaß, denn man muss herausragend sein, um ganz oben zu stehen. BMW ist das in der Vergangenheit gelungen, 2009 sollten nun häufiger Siege errungen und um den Titel mitgefahren werden. Es sieht so aus, als sei der Start nicht so gelaufen, wie man es sich gewünscht hätte. Ich hoffe aber, dass sie das Ruder schnell herumreißen können. Die nötige Stärke hat das BMW Sauber F1 Team allemal."

Ein anonymer Leser fragt: "Brawn ganz vorne, die Topteams ganz hinten - wie gefällt dir die Formel-1-Saison 2009 bislang?"
Alessandri Zanardi antwortet: "Diese Medaille hat zwei Seiten. Als Motorsport-Fan bin ich begeistert von dem, was in der Formel 1 vor sich geht. Die ersten Runden des Bahrain-Grand-Prix' waren zum Beispiel absolut fantastisch. Auf der anderen Seite fällt auf, dass mit Jenson Button und Rubens Barrichello nun zwei Fahrer vorne dabei sind, die ohne die Rettung des Honda-Teams durch Ross Brawn wahrscheinlich nicht mal mehr Testfahrer geworden wären."

"Und jetzt sind sie mit dem richtigen Auto plötzlich WM-Kandidaten. Damit sind Fahrer wie Fernando Alonso, Lewis Hamilton oder Felipe Massa entzaubert. Es hieß immer, dass man einen dieser Piloten brauche, um Weltmeister zu werden. Das ist aber falsch. In Wahrheit sind alle Fahrer in der Formel 1 herausragend. Gib ihnen das richtige Auto und die Resultate kommen von selbst. Das meine ich positiv: Es beweist einfach nur, wie hoch das Niveau in der Formel 1 ist."

Zanardi als leidenschaftlicher Rennfahrer in der WTCC

Ivan Nieves fragt: "Hast du einmal mit dem Gedanken gespielt, in die USA zurückzukehren und dort zum Beispiel eine der NASCAR-Serien auszuprobieren?"
Alessandro Zanardi antwortet: "Das kommt für mich absolut nicht in Frage. Ich bin ein Familienvater - und das sehe ich nicht als lästige Pflicht, sondern ich bin es sehr, sehr gerne. Das ist ein Teil meines Lebens. Vielleicht sehe es anders aus, wenn ich mich nur um mich selbst scheren müsste. Aus technischer Sicht wäre es für mich deutlich einfacher, ein NASCAR-Auto zu fahren als einen Tourenwagen. Man bremst und lenkt viel weniger. Es ist viel flüssiger zu fahren. Aber wenn ich mir vorstelle, 37 Rennen und all die Promo-Arbeit bestreiten zu müssen, dann lehne ich dieses Zigeunerleben dankend ab."

"In der WTCC anzutreten, laugt dich als Fahrer nicht aus." Alessandro Zanardi

Ales Horvat fragt: "Was machst du, um vor einem Rennen zu entspannen? Hörst du dir Musik an? Was sorgt dafür, dass du cool bleibst?"
Alessandro Zanardi antwortet: "Ich muss mich nicht sonderlich entspannen. Das, was ich tue, mag ich sehr gerne. In der WTCC anzutreten, laugt dich als Fahrer nicht aus. Es gibt mir vielmehr die Gelegenheit, meiner Leidenschaft nachzugehen - und das in einem extrem professionellen Umfeld. Ich bin stolz, BMW Italien zu repräsentieren. Darüber hinaus habe ich noch viele weitere Aufgaben."

"Ich will ein guter Vater, Ehemann und Freund sein. Außerdem habe ich große Freude daran, mit meinem Handfahrrad bei Marathon-Veranstaltungen anzutreten wie zuletzt in Padua. In dieser Disziplin möchte ich es zukünftig auch ein bisschen ernster angehen. Mal sehen, wohin dieser Weg führt, wenn die Resultate stimmen. Glauben Sie mir, ich langweilige mich nicht und bin ein glücklicher Mensch."

Das nächste Leserinterview kommt bestimmt... in Pau!

Ihre Frage war nicht dabei? Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Alessandro Zanardi nicht alle uns zugesandten Fragen stellen konnten. Allerdings können wir Ihnen schon im Rahmen des kommenden Rennwochenendes der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) in Pau (17. Mai 2009) eine weitere Gelegenheit bieten, Ihre Fragen loszuwerden. Also zögern Sie nicht und senden Sie uns schon jetzt Ihre Leserfragen an Alessandro Zanardi zu!

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