• 18.04.2013 15:24

  • von Stefan Ziegler

Kundenteams fühlen sich von BMW im Stich gelassen

"Wenn es das Auto nicht hergibt": Die BMW-Kundenteams der WTCC fahren nur noch hinterher und beschreiben ihre Situation als "extrem frustrierend"

(Motorsport-Total.com) - "Derzeit befinden wir uns in einer Messerstecherei mit Leuten, die Pistolen haben. Und wir haben nur eine Chance, wenn ihnen die Patronen ausgehen." So beschreibt Tom Coronel (ROAL) das aktuelle Kräfteverhältnis in der WTCC, bei dem die vielen BMW-Kundenteams keine allzu gute Figur machen. Im Gegenteil: Der BMW 320 TC muss im Augenblick sogar um den Einzug in die Top 10 kämpfen.

Titel-Bild zur News: Mehdi Bennani, Fredy Barth

Wer BMW fährt, fährt 2013 in der WTCC meist hinterher - Besserung ist nicht in Sicht Zoom

Ein Blick auf den WM-Zwischenstand spricht Bände: Als bester BMW-Vertreter belegt Coronel mit zwölf Punkten den elften Rang. Franz Engstler (Engstler) wird mir vier Punkten auf Position 13 notiert, Stefano D'Aste (PB) und Darryl O'Young (ROAL) folgen auf den Plätzen 14 und 15 vor Fredy Barth (Wiechers) und Charles Ng (Engstler) mit je einem Punkt. Das ist die gesamte Ausbeute aus vier Rennen.

In der Herstellerwertung ist die deutsche Marke 2013 ohnehin - und erstmals überhaupt - nicht vertreten. Weil man kein Werksengagement mehr unterhalte und weil eine Einschreibung für dieses Klassement Geld koste, wie ein BMW-Sprecher auf Anfrage von 'Motorsport-Total.com' erklärt. Diese 300.000 Euro, das ist die WM-Nenngebühr, habe man lieber in die Optimierung des Autos investiert.

Ein Update, das kaum spürbar ist

Herausgekommen ist ein Motorenupdate, das den Fahrzeugen etwa zehn PS mehr Leistung verleihen soll. Auf der Strecke macht sich diese Neuerung (Kostenpunkt: rund 45.000 Euro pro Motor inklusive Revision) bislang aber nicht bemerkbar. "Ich hatte mehr von der Motorenevolution erwartet", sagt zum Beispiel Mehdi Bennani (Proteam), der seiner Enttäuschung schon nach Monza Ausdruck verliehen hat.

"Das Resultat entspricht nicht unserer Leistung." Kurt Treml

Nach Marrakesch, einer weiteren schnellen Strecke, sieht es nicht viel besser aus. Auf dem Stadtkurs fuhren zwar einige BMW-Autos in die Punkteränge, doch Engstler-Teammanager Kurt Treml weiß das Ergebnis realistisch zu bewerten: "Wir kriegen diese Platzierung nicht aufgrund unserer Leistung, sondern weil es die Anderen in die Wand geworfen haben. Das Resultat entspricht nicht unserer Leistung."

Wiechers-Teammanager Dominik Greiner sieht es ähnlich: "Ein Podestplatz oder ein Top-5-Rang wäre für uns derzeit wie ein Sechser im Lotto. Selbst die Top 10 sind eine große Glückssache. Das ist extrem frustrierend für alle BMW-Teams und ihre Fahrer. Wenn es das Auto halt nicht hergibt", meint er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Greiner weiter: "Selbst ein Lada zieht jetzt an uns vorbei."

BMW hält sich zurück

Und das, so der Deutsche, müsse eigentlich "ein Weckruf" für alle Beteiligten sein. Denn: "Das Image von BMW im Tourenwagen-Sport leidet in diesem Jahr sicherlich sehr." Weil mit guten Ergebnissen nicht zu rechnen ist. "Wir können nur schnellster BMW sein. Alles andere ist unrealistisch", meint Treml. Und damit sei auf Dauer sicher kein Sponsor für ein weiteres Engagement zu begeistern.


Fotos: WTCC in Marrakesch


Etwas Hoffnung setzen die BMW-Kundenteams noch in die Türen aus Kohlefaser, die zumindest die Gewichtssituation etwas günstiger gestalten sollen. "Das hilft uns aber nur bedingt, weil wir über eine Sekunde Rückstand auf die Spitze haben", sagt Treml. "Es wäre einfach eine zusätzliche Investition, die maximal zwei bis drei Zehntel bringt." Also nicht genug, um den BMW 320 TC konkurrenzfähig zu machen.

"Ich hoffe, dass das in München gesehen wird." Dominik Greiner

"Ich hoffe, dass das in München gesehen wird", meint Greiner, schließlich könne man derzeit "kaum Paroli bieten" und fahre hauptsächlich im Hinterfeld. Ein kurioser Zustand, findet Treml: "Wir haben mit BMW zwar die meisten Autos im Feld (acht von derzeit 24; Anm. d. Red.), doch der Hersteller hat uns leider den Rücken gekehrt. Es scheint, als gäbe es kein Interesse mehr an der Tourenwagen-WM."

Was sich vor der Saison 2014 noch einmal verschärfen wird. Denn im kommenden Jahr führt die WTCC bekanntlich ein neues Reglement ein, für das BMW - Stand jetzt - kein Fahrzeug entwickeln wird. "Mit BMW brauche ich nicht zu rechnen", meint Treml. "Die Finanzierung für 2014 muss ich aber schon jetzt angehen. Doch welchen Sponsor kann ich angesichts dieser Ergebnisse überzeugen?"