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  • 04.04.2017 19:19

  • von Roman Wittemeier

Le Mans: Wann kommt die erste Brennstoffzellen-Attacke?

FIA-Präsident Jean Todt und der ACO sind sich einig: Le Mans oll die Motorsportbühne für die Brennstoffzelle werden - Wann ist die Zeit reif?

(Motorsport-Total.com) - Mit einer klaren Aussage zum Thema Mobilität der Zukunft und entsprechender Darstellung im Motorsport hat FIA-Präsident Jean Todt das Thema Brennstoffzelle wieder in den Fokus gerückt. Nach Ansicht des Franzosen ist Wasserstoff der Treibstoff der Zukunft - nicht nur bei Autobahnfahrten, sondern auch in Le Mans. Todt will moderne Hybridantriebe in der Formel 1, batterieelektrische Systeme in der Formel E und die Brennstoffzelle auf der Langstrecke. Ob in LMP- oder GT-Fahrzeugen, lässt der Ex-Ferrari-Teamchef offen.

Titel-Bild zur News: Toyota Fuel Cell

Nicht nur Toyota arbeitet intensiv an Brennstoffzellen-Technik Zoom

"Die Brennstoffzelle ist wahrscheinlich die entscheidende Technologie. Die Fahrzeuge schaffen 600 bis 1.000 Kilometer und sind in drei Minuten wieder voll aufgetankt", sagte der FIA-Boss im Rahmen des Formel-1-Grand-Prix in Australien. Der Le-Mans-Veranstalter ACO hat das Thema längst aufgegriffen. Bei einer Pressekonferenz im vergangenen Juni stellte man die Ideen für die Zukunft dar. Tenor damals: Ab 2021 könnte die Brennstoffzelle in der LMP1-Klasse zum Einsatz kommen.

Die Realität sieht bezüglich des Regelwerkes derzeit jedoch anders aus. Nach dem Abschied von Audi kämpfen die Verantwortlichen händeringend um den Einstieg weiterer Hersteller, die sich dem Wettbewerb gegen Porsche und Toyota stellen. Da aktuell nur Peugeot konkretes Interesse äußert und die Franzosen ein kostengünstiges Engagement wünschen, ist die Tür für die Brennstoffzelle bis mindestens 2023 voraussichtlich verschlossen. Dann aber könnte es losgehen.

Hydrogen Council: Die Industrie gibt jetzt Vollgas

Denn genau bis zum Jahr 2023 soll das bislang größte Hindernis bei der flächendeckenden Vermarktung von Brennstoffzellen-Fahrzeugen aus dem Weg geschafft sein: das bislang armselige Zapfsäulennetz. Beim sogenannten "Hydrogen Council" in Davos zu Beginn dieses Jahres wurde erklärt, dass Shell gemeinsam mit Partnern wie beispielsweise Linde in den kommenden sechs Jahren ein Netz von rund 400 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland aufbauen wird. Das Interesse ist riesig.

Bei dem Event in der Schweiz saßen insgesamt 13 Unternehmen am Tisch, die das Thema Brennstoffzelle mit aller Macht vorantreiben wollen. Neben diversen Energiekonzernen wie beispielsweise Shell und Total waren auch sechs Gobalplayer aus dem Bereich Automotive involviert: Honda, Kawasaki, Daimler, BMW, Hyundai und Toyota. Die beiden letztgenannten haben bereits Serienfahrzeuge im Angebot, die mit Wasserstoff betrieben werden. BMW forciert entsprechende Entwicklungen stark.


Le Mans: Onboardrunde mit dem GreenGT

Den Münchenern wurde lange Zeit ein LMP1-Programm mit Brennstoffzelle nachgesagt. Entsprechende Vorarbeiten gab es tatsächlich, aber man nahm zunächst wieder Abstand. 2018 kommt BMW zunächst mit einem neuen GTE-Auto nach Le Mans. Es erscheint dankbar, dass man einen Schritt in die neue Technologie mit einem Motorsportauftritt aus der 56. Box in Le Mans in die Öffentlichkeit tragen könnte. Ein Start von GreenGT mit einem solchen System war gescheitert.

Hitzeentwicklung der bisher größte Hemmschuh

Was macht die Brennstoffzelle so attraktiv? Mehrere Faktoren sprechen für diese Technologie. Neben der von Jean Todt - etwas übertrieben - dargestellten Reichweite ist vor allem der schnelle Tankvorgang ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Innerhalb von vier Minuten sind die vier bis sechs Kilogramm Wasserstoff abgefüllt, mit denen ein Straßenfahrzeug realistisch rund 600 Kilometer fahren kann. Wasserstoff kann per Elektrolyse lokal an den Tankstellen erzeugt werden.

Hyundai Fuel Cell

Neben Hyundai, Toyota, BMW und Daimler forscht auch Audi intensiv Zoom

An einer entsprechenden Shell-Zapfsäule in Hamburg geschieht genau dies. Die Anlage speichert Sonnenenergie, nutzt anschließend den Strom für die Elektrolyse, mit der Wasserstoff erzeugt wird. Grüner geht es kaum. Bei der Umwandlung in der Brennstoffzelle in den für E-Motoren benötigten Strom entsteht lokal keinerlei CO2-Belastung. Aus dem Auspuff kommt nur Wasser. Allerdings - und da ist der Haken: Es entsteht bei dem Prozess sehr viel Wärme.

"Wir sind noch nicht soweit", sagt ein erfahrener Antriebsspezialist aus der LMP1-Szene. "Das thermische Problem ist noch viel zu groß. Es geht zwar voran, aber es dauert auch noch seine Zeit. Wer heutzutage ein LMP1-Auto mit konkurrenzfähigem Brennstoffzellen-Antrieb bauen möchte, der muss einen Anhänger für all die notwendigen Kühlsysteme mitführen", scherzt der Insider. Wer allerdings bedenkt, wie schnell beispielsweise die Batterieentwicklung in den LMP1-Hybridautos in den zurückliegenden Jahren voranging, wird darin kaum ein großes Hindernis sehen. Man hat schließlich noch bis 2023 Zeit.