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  • 27.01.2017 15:10

  • von Roman Wittemeier

Zukunft der LMP1: Ist kleiner wirklich feiner?

Abschied von den großen Technologiegedanken, Öffnung für neue Hersteller durch Zugeständnisse und Kostensenkungen: Der ACO steckt weiterhin im Dilemma

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Rückzug von Audi aus der Prototypenszene der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) arbeiten die involvierten Hersteller Porsche und Toyota eng mit dem Le-Mans-Veranstalter ACO an zukünftigen Wegen, die einen spannenden und für Werke interessanten Wettbewerb gewährleisten können. In einem Punkt sind sich alle Beteiligten einig: Die LMP1-Klasse braucht das Engagement zusätzlicher Hersteller, um dauerhaft in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Titel-Bild zur News: Porsche Toyota

In der WEC-Saison 2017 treten nur die LMP1-Hersteller Porsche und Toyota an Zoom

Bezüglich der Ideen, die auf den Weg dorthin führen könnten, gehen die Meinungen hingegen teils weit auseinander. Der ACO ist dabei nicht nur getrieben vom Wunsch nach einem größeren Starterfeld, sondern auch von der Tatsache, dass man nach dem Rückzug von Audi einige große Lücken im Budget schließen muss. Die Ingolstädter haben den Franzosen aufgrund ihres großen Auftritts in Le Mans jährlich extrem hohe Einnahmen beschert. Diese fallen nun weg, Porsche und Toyota springen diesbezüglich nicht in die Bresche.

Vor diesem Hintergrund erscheint der ACO anfällig für Ideen von außen. Das angeblich große Interesse des PSA-Konzerns, die Marke Peugeot wieder nach Le Mans zu schicken, hat bei den Verantwortlichen an der Sarthe schon einige 180-Grad-Wendungen verursacht. Im vergangenen Juni gab der ACO auf eine großen Pressekonferenz bekannt, dass man im Bereich Hybrid den nächsten Sprung machen möchte und in nicht allzu ferner Zukunft Antriebskonzepte wie die Brennstoffzelle in Le Mans fahren sollen.

Neue Technologien: Der ACO rudert schon zurück

Davon will man nun nicht mehr viel wissen. Im Gegenteil: Der ACO, der in den vergangenen Monaten vergeblich auch bei Porsche um den Einsatz eines dritten Autos 2017 bat, will nun neue Hersteller wie Peugeot durch eine Eingrenzung der technologischen Möglichkeiten anlocken. Es soll bei maximal 8MJ-Hybrid bleiben, es soll womöglich in Zukunft nur noch ein Hybridsystem verbaut werden dürfen. Neue Hersteller bekommen per Reglement deutlich mehr Freiheiten als die etablierten Teams.

"An unserem Engagement ändert sich nichts, solange das Reglement dabei bleibt, dass wir Hybridtechnologie einsetzen können, die wir in unsere Straßenfahrzeuge einfließen lassen können", sagt TMG-Geschäftsführer Rob Leupen. "Ob wir jetzt mit drei oder zwei ERS-Systemen fahren, ist nicht wichtig. Das ist Wichtige ist die Technologie. Die Batterien werden künftig im Elektroauto gebraucht, sie werden im Hybridfahrzeug gebraucht. Da gibt es sehr viel zu tun."

Toyota ist sehr an einer Limitierung der Kosten gelegen. Technologisch ist Porsche mit seiner Energierückgewinnung am Turbo einen Schritt weiter als die Japaner. Im Lager von TMG könnte man eine Begrenzung auf ein einziges Hybridsystem somit leicht verschmerzen. Anders sieht dies bei Porsche aus. Der 919 mit seiner Rekuperation an Turbo und Bremse müsste in einem solchen Fall zurückgerüstet werden. Dies bedeutet hohen Aufwand, bis hin zu einer möglichen Neukonfiguration mit einem anderen Motor.


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Mark Webber: Beste Zeiten in der LMP1 sind vorbei

"Wenn ich versuche, in die technische Zukunft der LMP1-Klasse zu blicken, dann sind die Trends für mich relativ eindeutig. Wir werden mittelfristig weniger Benzin haben, weniger Reifen und weniger Abtrieb. Ich hatte eine tolle Zeit in den schnellsten Prototypen auf der Erde, und ich habe das wirklich sehr genossen", trauert Mark Webber im Interview mit 'auto motor und sport' der seiner Ansicht nach besten Zeit im LMP1-Sport nach. Dem Australier ist klar: Ab jetzt wird es weniger spektakulär.

Das Spektakel sollen möglichst viele Teilnehmer bringen, nicht einige wenige mit umso besserer Technologie. Diesen Ansatz verfolgt der ACO und stößt damit beispielsweise Porsche vor den Kopf. Das Engagement bis Ende 2018 ist vom Vorstand des deutschen Sportwagenherstellers abgesegnet. Was kommt danach? Aus dem Lager der Zuffenhausener heißt es dazu, dass man sich "die aktuellen Entwicklungen und die Ausrichtung für die Zukunft ganz genau anschaut". Klartext: Ende 2018 könnte auch Schluss sein.


Fotostrecke: 1999-2016: Audi bei den 24h Le Mans

"Es war teuer und der teuerste Motorsport, den wir jemals gemacht haben. Und wir sind ganz einfach zu der Meinung gekommen, dass das Geld, das man dafür ausgeben muss, um hier ganz vorne zu sein, nicht mehr zu dem passt, was wir wirklich in Sachen Zukunftstechnologie anschieben sollten", erklärt der ehemalige Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich rückblickend. "Bei uns wurde es immer so gemacht, zu sagen: 'Okay, kostet viel Geld, ist aber auch die höchste Technologiestufe'. Das kann man rechtfertigen und auch etwas dafür rausholen."