Neel Jani im Siegerinterview: "Es bricht einem das Herz"

(Motorsport-Total.com) - Neel Jani hatte sich am Sonntagnachmittag zusammen mit seinen Teamkollegen Marc Lieb und Romain Dumas moralisch schon auf den zweiten Platz bei den 24 Stunden von Le Mans eingestellt, doch dann schlug das Schicksal in Form eines Technikdefekts beim bis dahin führenden Toyota zu und machte Porsche drei Minuten vor dem Ablauf der 24 Stunden zum Le-Mans-Sieger.

© Porsche

Seit gestern gehört Neel Jani (rechts) zum Kreis der Le-Mans-Sieger Zoom

Nach diesem dramatischen Rennende schlagen zwei Seelen in Janis Brust, wie er im Siegerinterview mit 'Motorsport-Total.com' verrät. Neben der Freude über den größten Erfolg seiner Karriere schwingt auch Mitgefühl mit den Kollegen von Toyota mit. Jani schildert die Schlussphase des Rennens blickt auch auf die Tabellensituation in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC).

Frage: "Neel, ihr seid Le-Mans-Sieger. Deine Frau steht in der Hospitality und wird von allen umarmt. Ist das real?"
Neel Jani: "Verrückt, vor allem so wie das gekommen ist. In der Nacht hatte es auf einmal wieder sehr gut ausgeschaut, als könnten wir das aus eigener Kraft holen. Am Ende hat uns dann die Slow-Zone fast aus dem Rennen geworfen. Das war Pech. Dann hat sich das irgendwie gedreht, ich konnte wieder etwas zufahren und Druck machen."

"Wir haben gehofft, dass vorne vielleicht irgendwas passiert. Es ist dann glücklich ausgegangen und ich habe gedacht: Yes! Aber natürlich fühlt man auch mit den anderen. Die haben auch einen super Job gemacht, eigentlich hätten wir alle verdient zu gewinnen."

Frage: "Was geht da in einem vor, wenn einer 30 Sekunden weg ist und eigentlich genau das gleiche Tempo fährt?"
Jani: "Sie hätten es verdient gehabt. Vor allem hätten diejenigen, die jetzt nicht gewonnen haben, zumindest verdient auch auf dem Podium zu stehen. In der Nacht haben wir die Pace gehabt, und am Tag waren wir in etwa gleich schnell wie sie. Da war ihr Vorteil, dass sie 14 Runden fahren konnten und wir nur 13. Das hat das Rennen so eng gemacht."

Frage: "Was hast du gedacht, als am Ende der Funkspruch kam: 'Push, push!'?"
Jani: "Unglaublich! Es war ja schon die ganze Zeit eine Hetzjagd. Gepusht haben wir alle drei Fahrer sowieso jede Runde. Wir waren ständig am Limit und haben alles riskiert, die ganze Zeit. Nach dem zweiten schleichenden Plattfuß und dem Bozenstopp dachten wir schon: Jetzt ist es wahrscheinlich vorüber. War glaubt denn, dass nach 23:57 Stunden ein Auto kaputt geht?"

"Das bricht einem eigentlich das Herz für Toyota, das muss ich ganz klar sagen. Ich fühle mit den Jungs. Letztes Jahr war das hier für mich persönlich eine der größeren Enttäuschungen. Für Porsche war es natürlich großartig, und jetzt hat sich das Ganze umgedreht. Wir können uns nicht mehr über mangelndes Glück beschweren."

Frage: "Auf dem Weg zur Pressekonferenz musstest du schon deinen Handabdruck abgeben. Wie ist das?"
Jani: "Nach der Pole im vergangenen Jahr war das Rennen schon sehr enttäuschend. Und jetzt waren wir glaube ich seit 30 Jahren die ersten, die von der Pole gewonnen haben. Seit dem Stuck (Hans-Joachim; Anm. d. Red.) 1986 hat niemand mehr gewonnen. Von daher haben wir vielleicht auch einen weiteren Fluch besiegt."

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Fotostrecke: Porsche-Siegerautos in Le Mans

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Frage: "Ihr führt nun ziemlich deutlich in der WM."
Jani: "Ja, die WM schaut auch gut aus für uns."

Frage: "Ihr seid in allerbester Ausgangsposition, beides zu gewinnen. Das ist noch keinem gelungen."
Jani: "Doch, ich glaube Fässler (Marcel; Anm. d. Red.) schon, aber damals (2012; Anm. d. Red.) war die Konkurrenz nicht so groß, da gab es nur Audi. Ich will nicht zu viel beschreien, aber die Ausgangslage ist gut."

Frage: "Hast du einen persönlichen Wunsch? Hast du gesagt: Wenn ich Le Mans gewinne, dann mache ich dies oder das mal?"
Jani: "Nein, denn das Leben geht weiter. Es ist ein schönes und großes Ziel und ein Ding, das ich jetzt habe. Aber das Leben geht weiter, und nach dem Sieg ist vor dem Sieg."