• 22.04.2015 00:25

  • von Pete Fink

Greg Moore: Der Underdog wird 40 Jahre alt

Heute vor 40 Jahren wurde Greg Moore geboren - ein Blick auf die viel zu kurze Karriere eines der größten IndyCar-Talente, das 1999 viel zu früh verstarb

(Motorsport-Total.com) - Der Vertrag mit Roger Penske ist frisch unterschrieben, die Tinte auf dem Papier sozusagen noch gar nicht trocken. Dann kommt der 31. Oktober 1999. Es ist das letzte Saisonrennen des CART-Jahres 1999. Das Marlboro 500 auf dem California Speedway in Fontana. Runde zehn. Greg Moore kommt ausgangs von Kurve zwei von der Strecke ab. Das Auto schlittert durch das Infield-Gras und berührt den Asphalt einer querverlaufenden Zugangsstraße. Plötzlich steigt die blaue Startnummer 99 in die Luft auf, dreht sich in der Luft und schlägt mit der offenen Cockpitseite voran in die Betonmauer ein.

Titel-Bild zur News: Greg Moore

Greg Moore wäre heute 40 Jahre alt geworden ... Zoom

Es ist einer dieser ganz brutalen Horrorcrashes, die einem auch viele Jahre später nie aus dem Gedächtnis verschwinden werden. Wie steht es um Greg Moore? Ein Helikopter fliegt den so schwer Verunglückten ins nahegelegene Loma-Linda-Krankenhaus - doch es ist zu spät. Um 13:21 Uhr Ortszeit wird Greg Moore für tot erklärt. Der so talentierte Kanadier, auf den dem Vernehmen nach bereits einige Formel-1-Teams ein Auge geworfen hatten, stirbt im Alter von nur 24 Jahren. Ein schier unfassbares Szenario.

Es gibt keinen Zweifel: Er war eines der größten Talente des kanadischen Motorsports. Viele Zeitgenossen sagten ihm damals eine vielleicht noch größere Karriere als die eines Jacques Villeneuves voraus. In der Tat: Sein Landsmann Villeneuve hatte 1997 seinen Formel-1-Titel geholt und mit dem vier Jahre jüngeren Moore stand ein logischer Nachfolger quasi parat. Doch die Geschichte dieser äußerst vielversprechenden Motorsport-Laufbahn endet im Oktober 1999 in Fontana viel zu früh in einer Katastrophe.

Durchbruch im Forsythe-Team

Die blauen Players-Farben im Forsythe-Team: Greg Moore in Vancouver Zoom

Greg Moore stammte aus der kanadischen Westküstenregion rund um die Metropole Vancouver. Genauer gesagt, wuchs er im etwas östlich gelegenen Maple Ridge auf. Schon als kleiner Knirps im lokalen Kart-Club hatte er, so erzählt man sich, die Mitgliedsnummer 99. Diese Zahl wurde später in seiner Karriere auch zu seiner Startnummer. Als Kanadier griff Moore natürlich regelmäßig zum Eishockeyschläger und da schadete es sicherlich nicht, dass die 99 zufälligerweise auch die Trikotnummer von Eishockey-Superstar Wayne Gretzky war.

Es ist bekannt, dass es an der kanadischen Westküste vor den Rocky Mountains gerne einmal regnet. Für den jungen Kart-Fahrer Moore war dies wohl der Grund für seine phänomenale Car-Control. Seine Haus- und Hofstrecke war der mittlerweile stillgelegte Westwood Motorsport Park. 1989 gewann er erstmals den nordamerikanischen Enduro-Kart-Titel - im strömenden Regen. 1990 und 1991 wiederholte er diesen Erfolg. Sein Vater und Mentor Ric Moore erkannte früh das außerordentliche Talent des Sohnemanns und investierte Haus und Hof in dessen Karriere.

Diese ging steil bergauf. Schon im Alter von nur 16 Jahren saß Greg Moore in einem Boliden der Formel Ford, holte erst den Rookie-Titel und wurde 1992 der Champion der USAC Formula 2000 West (USAC steht dabei für United States Auto Club). Irgendwie gelang es dem Papa, 1993 das Budget für eine komplette IndyLights-Saison aufzutreiben und brachte ein eigenes Auto an den Start. Bryan Herta dominierte dieses Jahr und der 18-jährige Moore landete mit einer Podiumsplatzierung in Portland auf Gesamtrang neun.


Fotostrecke: Erinnerungen an Greg Moore

Auch 1994 ging er für Greg Moore Racing an den Start, holte drei Saisonsiege und wurde Gesamtdritter. Mit seinem Erfolg zum Jahresauftakt in Phoenix machte er sich um jüngsten Sieger eines von CART sanktionierten Rennens. Dies alles war aber das Vorspiel für den entscheidenden Schritt in Moores Karriere: Gerry Forsythe erkannte sein Talent und verpflichtete ihn für die IndyLights-Saison 1995. Zum ersten Mal mit wirklich konkurrenzfähigem Material unterwegs, pulverisierte Moore die Konkurrenz: Zehn Siege in zwölf Saisonrennen - und ein Forsythe-Vertrag für die IndyCar-Saison 1996.

Eine Story wie aus einem Märchenbuch. Moore wurde also quasi zum direkten Nachfolger des in die Formel 1 abgewanderten Villeneuve, auch wenn dieser damals offiziell unter Forsythe-Partner Barry Green gemeldet war. Auch der Hauptsponsor Players, eine kanadische Zigarettenmarke aus dem British-American-Tobacco-Konzern, blieb auf der Startnummer 99. Der 21-Jährige fuhr 1996 in Queensland, Nazareth und Cleveland dreimal auf das Podium und belegte in der Rookie-Wertung hinter dem damaligen Ganassi-Neuzugang Alex Zanardi Rang zwei.

Einzelkämpfer und Underdog

Zur Saison 1997 wechselte das Forsythe-Team von Ford-Power zu den Mercedes-Triebwerken. Spätestens als Moore dann binnen einer Woche im Juni die IndyCar-Rennen in Milwaukee und Detroit gewann, hatte auch der damalige Mercedes-Sportchef Norbert Haug ein Auge auf den jungen Kanadier geworfen. Nur hatte der blutjunge Einzelkämpfer Moore - über das gesamte Jahr gesehen - keine Chance gegen die IndyCar-Granden aus dem Hause Ganassi (mit Alex Zanardi und Jimmy Vasser) oder Penske (mit Paul Tracy).

So rüstete Forsythe für die Saison 1998 auf und brachte mit Patrick Carpentier ein zweites Team an den Start. Moore krönte einen guten Saisonauftakt mit dem Erfolg im Brasilien-Rennen, in dem er am Ende den bis dato dominierenden Zanardi niederkämpfte. Auch bei seinem zweiten Saisonsieg in Michigan hatte das Ganassi-Duo Vasser/Zanardi in der letzten Runde keine Chance gegen den Kanadier. Doch unter dem Strich war gegen die Ganassi-Boys im Titelkampf auch 1998 kein Kraut gewachsen.

Greg Moore

Fontana 1999: Greg Moore setzt ganz außen zum Überholen an Zoom

Genau das gleiche Spiel entfaltete sich 1999. Die Mercedes-Motoren gerieten im Vergleich zu Honda und Ford zusehends ins Hintertreffen. Bereits 1998 war Moore der einzige Mercedes-Sieger geblieben, so war es auch 1999: Ein Sieg zum Saisonauftakt in Homestead, das war's. Wie Forsythe schien zu diesem Zeitpunkt auch Team Penske nicht mehr konkurrenzfähig zu sein. Paul Tracy war 1998 bereits zu Barry Green gewechselt und die Zeit von Altstar Al Unser Jr. war 1999 endgültig abgelaufen. Gil de Ferran und Greg Moore sollten das Penske-Schiff wieder auf Kurs bringen. Doch dann kam alles anders.

Der schreckliche Fontana-Unfall verhinderte, dass Moore mehr als nur fünf IndyCar-Rennen gewinnen konnte. Auf der Rennstrecke war er einer der größten Draufgänger, abseits der Strecke der unangefochtene Anführer des "Brat-Packs" mit seinen drei engsten Freunden Dario Franchitti, Tony Kanaan und Max Papis. In seiner so kurzen Karriere saß er niemals in einem der Top-Cockpits - und heizte dem IndyCar-Establishment trotzdem furchtbar ein. Er war einer ganz der großen Publikumslieblinge seiner Zeit und man kann sich nur ausmalen, zu welchen Erfolgen die Kombination Roger Penske und Greg Moore wohl geführt hätte.

Heute würde Greg Moore 40 Jahre alt werden. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!