Teams im Zwiespalt: Schnellere Boxenstopps oder Sicherheit?

Neue Vorgaben für die Boxenstopps sorgen im Vorfeld der NASCAR-Saison 2015 für Kopfkratzen: Weniger fest angezogene Radmuttern auf Kosten der Sicherheit?

(Motorsport-Total.com) - Die Boxenstopps werden in der NASCAR-Saison 2015 nur noch wenig mit den jahrzehntelang gewohnten gemeinsam haben. Zum einen löst das neue Überwachungssystem mit 45 HD-Kameras einen Großteil der NASCAR-Offiziellen in der Boxengasse ab. Zum anderen müssen sich die Mechaniker an neue Vorschriften gewöhnen, die sie in ihrer gewohnten Arbeitsweise teilweise einschränken.

Titel-Bild zur News: NASCAR-Radmutter

Die Radmuttern werden in der NASCAR mit einem speziellen Kleber vorfixiert Zoom

Doch es gibt nicht nur ein neues Überwachungssystem und Einschränkungen. In einem anderen Bereich lässt NASCAR den Teams in dieser Saison mehr Freiheiten. So müssen ab sofort nicht mehr zwingend alle fünf Radmuttern eines Rades fest angezogen werden. "Das ist im Grunde nichts anderes, als auf einen Boxenstopp zu verzichten", winkt Joey Loganos Penske-Crewchief Todd Gordon ab und spricht lediglich von "einem weiteren Weg, um im Kampf um einen Rennsieg kreativ agieren" zu können.

Doch dass die neue Definition im Regelwerk auch Risiken mit sich bringt, liegt auf der Hand. "Alle sagen, dass sie vielleicht nur noch drei Radmuttern anziehen werden. Das Problem ist aber, wenn man drei Radmuttern anzieht, sitzen vielleicht nur zwei fest. Das reicht nun mal nicht", sinniert Kevin Harvicks Crewchief Rodney Childers in Vorausschau auf die Saison 2015, in der seine Stewart/Haas-Crew als Sprint-Cup-Titelverteidiger antritt.

Risiko oder Sicherheit?

Eine nicht richtig festsitzende Radmutter hat in aller Regel starke Vibrationen am Rad zur Folge. Nehmen diese Vibrationen bei entsprechendem Renntempo überhand, kann sich das Rad sogar selbstständig machen - ein Sicherheitsrisiko, das niemand eingehen möchte, oder etwa doch?

Matt Kenseth, Jason Ratcliff

Matt Kenseths Crewchief Jason Ratcliff will je nach Position im Rennen entscheiden Zoom

"Ein nicht richtig festsitzendes Rad macht sich in erster Linie auf der Stoppuhr bemerkbar", meint Jason Ratcliff, Crewchief am Gibbs-Toyota von Matt Kenseth, und kann sich vorstellen, dass Teams in der Schlussphase eines Rennens dieses Risiko zugunsten der so wichtigen Track-Position durchaus eingehen. "Das Risiko ist wirklich nicht zu vernachlässigen. Ob ich so entscheiden würde? Das hängt in erster Linie davon ab, auf welcher Position wir uns befinden", so Ratcliff vielsagend.

P3-Strafe bei losem Rad

Um zu verhindern, dass die Praxis von nicht vollständig angezogenen Radmuttern ausartet, hat man bei NASCAR bereits vorgesorgt. Löst sich ein Rad und es lässt sich mittels des neuen Überwachungssystems nachweisen, dass der zuständige Mechaniker dafür verantwortlich war, dann hagelt es Strafen. Im NASCAR-Regelwerk ist ein solcher Fall mit einer P3-Strafe gelistet. Die Konsequenz: 50.000 US-Dollar Geldstrafe, bis zu 15 Punkte Abzug in der Fahrer- und Ownerwertung und die Möglichkeit einer Sperre für den Crewchief.

Jeff Gordon

Löst sich ein Rad durch Schuld der Crew, hagelt es Strafen seitens NASCAR Zoom

Drew Blickensderfer, Crewchief am Petty-Ford von Sam Hornish Jr., sieht es gelassen und glaubt nicht, dass es soweit kommen wird: "Nur drei Radmuttern anzuziehen wird nicht dazu führen, dass jemand ein Rad verliert. Die Vibrationen wären so stark, dass der Fahrer wieder an die Box kommt, bevor es noch schlimmer wird." Die NASCAR-Saison 2015, die in der Nacht vom 14. auf den 15. Februar mit dem Sprint-Unlimited eröffnet wird und am 22. Februar mit dem 57. Daytona 500 den ersten Sprint-Cup-Meisterschaftslauf sieht, wird es zeigen...