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  • 22.07.2012 22:28

  • von Pete Fink

Edmonton: Castroneves ringt Sato nieder

Der "Spiderman" meldet sich zurück: Helio Castroneves gewinnt in Edmonton vor Takuma Sato - Will Power wird Dritter, Hunter-Reay verteidigt die Tabellenführung

(Motorsport-Total.com) - Und da waren es plötzlich Drei: Helio Castroneves gewann am Sonntagabend das Honda Indy Edmonton und mischt sich damit massiv in den IndyCar-Titelkampf anno 2012 ein. Der "Spiderman" machte mit seinem zweiten Saisonsieg nach St. Petersburg in der Gesamtwertung eine Menge Boden gut und zog sogar an seinem Penske-Teamkollegen Will Power vorbei, der auf dem Flugplatzkurs von Edmonton hinter Takuma Sato (Rahal-Honda; 2.) Dritter wurde.

Titel-Bild zur News: Takuma Sato

Helio Castroneves gegen Takuma Sato: Der "Spiderman" behält die Oberhand

Das bedeutet: Das Penske-Duo Castroneves und Power sitzt nun dem Tabellenführer Ryan Hunter-Reay mit einem Rückstand von 23, beziehungsweise 26 Punkten dicht im Nacken. Nach zuletzt drei Saisonsiegen in Folge blieb für den Andretti-Piloten auf dem City Centre Airport Circuit nur Rang sieben. Im Gegensatz zu Milwaukee, Iowa und Toronto halfen Hunter-Reay in den 75 Edmonton-Runden die strategisch so wichtigen Gelbphasen dieses Mal nicht. Der simple Grund: Es gab keine!

Für Sieger Castroneves schloss sich damit auch ein Kreis: "Jetzt ist die Rechnung endlich beglichen", jubelte der wie immer hoch emotionale Brasilianer in der Victory Lane. 2010 verlor er seinen vermeintlich ersten Edmonton-Sieg durch eine äußerst kontroverse Entscheidung der damaligen IndyCar-Rennleitung. Damals hatte Castroneves angeblich seinen Teamkollegen Power geblockt, was der 37-jährige IndyCar-Routinier bis heute vehement bestreitet.


Fotos: IndyCars in Edmonton


Am Ende musste sich der Penske-Chevrolet mit der Startnummer drei gegen den massiven Druck Satos erwehren, der nach der großen Enttäuschung von Indianapolis dieses Mal Platz zwei ins Ziel brachte. "Wir haben eine schwierige Zeit hinter uns", freute sich der Japaner, der damit sein bislang bestes IndyCar-Resultat nach Hause fuhr. "Das ist ein richtig starkes Comeback, ich bin überglücklich."

Tagliani dominiert zu Beginn

Dabei sah es zunächst überhaupt nicht nach einem Duell Castroneves gegen Sato aus. Lokalmatador Alex Tagliani war es, der die ersten zwei Renndrittel eindeutig bestimmte, bevor sein Herta-Honda im Finale an stark abbauenden Reifen scheiterte. Tagliani kam sogar noch hinter Graham Rahal (Ganassi-Honda) nur als Fünfter ins Ziel. Auch für den 39-Jährigen bedeutete dies das beste Saisonergebnis.

Alex Tagliani

Alex Tagliani kontrollierte 50 Runden lang das Kampfgeschehen Zoom

Gleich beim Start quetschte sich Tagliani mit einem beinharten Manöver von seinem Startplatz drei aus an Ryan Briscoe (Penske-Chevrolet) vorbei. Am Ende von Runde eins hatte er auch Polesitter Dario Franchitti (Ganassi-Honda) kassiert, während Briscoe in der Folge noch von Sato und Castroneves geschnupft wurde. Power, der nur von Startplatz 17 ins Rennen ging, war zu diesem Zeitpunkt bereits 13.

Nur Castroneves, Power und Ryan Hunter-Reay (Startplatz 11) waren auf den härteren Blacks ins Rennen gegangen. Hunter-Reay hielt sich zu Beginn wie immer dezent zurück und fuhr hinter Rubens Barrichello (KV-Chevy), Rahal, Simon Pagenaud (Schmidt-Honda) und Justin Wilson (Dale-Coyne-Honda) zunächst auf Rang zehn. Pagenaud verlor in der Anfangsphase schnell ein paar Plätze und lieferte sich jenseits der Top 10 ein prickelndes Mittelfeld-Duell mit dem zweiten kanadischen Lokalmatador James Hinchcliffe (Andretti-Chevrolet), Sebastien Bourdais (Dragon-Chevy) und dem von hinten drängelnden Power.

Während in den Top 10 die Positionen zementiert waren, ging es dahinter munter zur Sache. In Runde 16 streifte der aggressive Australier mit seinem rechten Hinterreifen sogar leicht die Betonmauer und setzte sich auf Rang elf fest. Noch weiter hinten erlebte Scott Dixon, der neben Power als 18. gestartet war, ein paar Aussetzer an seinem Ganassi-Honda und fiel zwischenzeitlich sogar auf Platz 20 zurück. Noch schlimmer erging es Tony Kanaan, dessen KV-Chevy nie auf eine vernünftige Balance kam. Kanaan setzte notgedrungen als Einziger auf drei Stopps und kam am Ende chancenlos als 18. ins Ziel.

Power auf dem Vormarsch

Zwischen den Runden 22 und 27 absolvierte das Feld die ersten Stopps, im Rahmen derer Castroneves an Franchitti und Sato vorbeizog. Natürlich wurde es dabei einige Male eng an der Boxenausfahrt. So zog zum Beispiel Power direkt vor der Nase Hunter-Reays auf die Strecke zurück, worüber sich der Tabellenführer bitter beschwerte. "Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, dann hätte ich auch geschrieen", zeigte Power Verständnis für den Wutausbruch des Konkurrenten.

Will Power

Von 17 auf 3 ohne Gelbphase: Will Power wieder einmal bärenstark Zoom

Hunter-Reay marschierte nach dem Rennen in dieser Sache sogar zu Renndirektor Beaux Barfield, der keine Strafe gegen den Australier verhängt hatte. Die beiden großen Verlierer der ersten Stopps hießen Barrichello (13.), der aus den Top 10 herausgekegelt wurde, und Bourdais (15.), gegen den eine Drive-Through-Penalty wegen Blockierens ausgesprochen wurde. Beide spielten in der Folge überhaupt keine Rolle mehr. Sato hingegen knöpfte sich in Runde 37 mit einem Überraschungsangriff Franchitti vor und fuhr nun schon auf Rang drei.

So lagen in Runde 44, also bereits nach Rennhalbzeit, noch alle 25 gestarteten Teilnehmer in der Führungsrunde. Erster Ausfall mit einem gebrochenen Stoßdämpfer war James Jakes (25.) im zweiten Dale-Coyne-Honda, während sich Simona de Silvestro im einzigen Lotus bis Runde 45 der Überrundung erwehren konnte. Am Ende wies die 23-jährige Schweizerin als 23. zwei Runden Rückstand auf, sah aber immerhin ohne Defekt die Zielflagge.

Castroneves konnte seine Reds in der Attacke gegen Leader Tagliani nicht zur Entfaltung bringen und hing auf Rang zwei fest. Power hingegen kämpfte sich Position für Position durch das Mittelfeld und kassierte in Runde 45 seinen Penske-Teamkollegen Briscoe. Der Australier war damit hinter Tagliani, Castroneves, Sato, Franchitti und Rahal bereits Sechster. Bis ab Runde 48 die Serie der zweiten Stopps anstanden, hatte der schnelle Penske-Pilot den Anschluss an das Spitzenquintett herstellen können.

Castroneves lässt Sato verhungern

Dabei fiel die letztliche Rennentscheidung: Castroneves tankte in Runde 50, Tagliani und Sato kamen einem Umlauf später an die Box. Als das Duo wieder auf die Strecke ging, hatte Castroneves die Nase vor den beiden. Neuer Vierter war Power, der erst in Runde 52 beim Service war. "Ich drehte eine unglaubliche Outlap", berichtete Castroneves nach dem Rennen, während Sato klar zu verstehen gab, dass "Team Penske heute die beste Boxenstrategie zeigte."

Takuma Sato

Takuma Sato brachte in Edmonton einen zweiten Platz nach Hause Zoom

Tagliani wurde in den Runden danach zu einem leichten Opfer von nacheinander Sato, Power und Rahal. Lediglich den sehr unauffälligen Franchitti konnte der Kanadier knapp hinter sich halten. Und weil an der Penske-Box von Will Power nicht ganz klar war, ob sein Chevy-Motor auch genügend Sprit in den Tank bekommen hatte, setzten sich Castroneves und Sato vorne schnell um fünf Sekunden ab.

Der Japaner saß ab Runde 60 im Heck des Penske-Chevys, der erst zu diesem Zeitpunkt die Freigabe zum Einsatz des Push-to-Pass-Buttons bekam. Daher hatte Castroneves von den insgesamt 120 Sekunden noch doppelt soviel Zeit übrig und hielt Sato strategisch geschickt auf Distanz. Immer wieder robbte sich der Rahal-Honda auf einen Abstand von unter 0,5 Sekunden an den "Spiderman" heran, der aber jede Attacke kontern konnte und Sato so auf Platz zwei quasi verhungern ließ.

"Ich bin einfach nur überglücklich", lautete der verdiente Sieger-Jubel, während sich Teamkollege Power nach seiner starken Fahrt "mit Platz drei zufrieden" gab. Nur eines blieb auch dem Australier nicht verborgen: "Helio macht die Meisterschaft spannend." Hinter Rahal (4.), Tagliani (5.) und Franchitti (6.) kämpfte sich Hunter-Reay (7.) in den Schlussrunden noch an Briscoe (8.) vorbei. Wilson und Dixon rundeten die Top 10 ab. In 14 Tagen gastieren die IndyCars auf dem Rundkurs von Mid-Ohio.