• 28.02.2012 07:00

  • von Pete Fink

Kenseth siegt im Daytona-Chaos - Montoya mit Feuercrash

Matt Kenseth gewann eine chaotische Marathonveranstaltung von Daytona - kurioser Unfall von Juan Pablo Montoya löst Flammenmeer aus

(Motorsport-Total.com) - In diesem Marathonrennen war wirklich alles drin: Erst 30 Stunden Regenverzögerung und das erste Monday-Nightrace der NASCAR, dazu ein genauso übler wie kurioser Feuercrash von Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet) plus drei Big Ones und am Ende fast zwingend eine Green/White/Checkered-Verlängerung.

Titel-Bild zur News: Juan Pablo Montoya

Schrecksekunde: Juan Pablo Montoya krachte in einen Jet Dryer

Der Sieger hieß letztlich Matt Kenseth, der im Zielsprint von seinem Roush-Teamkollegen Greg Biffle und Dale Earnhardt Jr. im einzig verbliebenen Hendrick-Chevrolet verfolgt wurde. Beim letzten Restart zwei Runden vor dem Ende setzte sich Kenseth vor Biffle, dahinter machte Dale Earnhardt Jr. Druck. Dieses Trio blieb in einer Linie bis ausgangs der letzten Kurve.

Biffle hatte bis dato keinerlei Anstalten gemacht, seinen Teamkollegen anzugreifen, weshalb Earnhardt dahinter zu verhungern drohte. Als der Hendrick-Pilot schließlich selbst die Initiative ergriff und ausscherte, war es zu spät. Earnhardt konnte sich zwar noch außen an Biffle vorbeischieben, vorne war Kenseth jedoch zu weit enteilt. Nach 2009 war es der zweite Daytona-Sieg für den NASCAR-Champion des Jahres 2003.


Fotos: NASCAR: Daytona 500, Montag


Es war ein Schachspiel. "Ich habe darauf gewartet, dass Junior mich pushen würde, aber irgendwie kam es nicht dazu", argumentierte der drittplatzierte Biffle. Der Grund war simpel: Earnhardt konnte nie direkt an die Stoßstange Biffles aufschließen, was das Tandem-Racing initiiert hätte. So interpretierte es auch der Hendrick-Pilot: "Ich wartete bis zur letzten Minute, um ihm eine Chance zu geben, Matt anzugreifen. Irgendwann musste ich dann selbst etwas machen."

Biffle zeigte sich vor allem über das bärenstarke Ford-Triebwerk verwundert, das die blau-gelbe Startnummer 17 unter der Motorhaube zu haben schien: "Mir kam es so vor, als habe Matt mehr PS als ich zur Vefügung", unkte der Roush-Pilot. Dabei litt Sieger Kenseth im Rennverlauf an den klassischen Überhitzungsproblemen. "Aber Greg und ich waren am Ende ein unglaublich starkes Gespann", freute sich der nunmehr zweifache Daytona-500-Champion.

Montoya löst Feuerchaos aus

Die große Schrecksekunde der insgesamt 37-stündigen Marathonveranstaltung lieferte jedoch Juan Pablo Montoya. In Runde 157 löste der Inception-Toyota von David Stremme nach einem Motorschaden die siebte von insgesamt zehn Gelbphasen aus. Montoya kam im Zuge dieser Gelbphase gleich zweimal an die Box, weil er "eine seltsame Vibration" verspürte. Seine Ganassi-Crew untersuchte die Hinterachse an der Startnummer 42 und schickte den Kolumbianer wieder hinaus.

Juan Pablo Montoya

Juan Pablo Montoyas Ganassi-Wrack nach dem Feuercrash Zoom

Dann wurde es genauso kurios wie gefährlich: Auf der Gegengerade versprühte der Montoya-Chevy urplötzlich Funken. Das Auto kam ohne jegliche Fremdeinwirkung ins Schlingern, bog unvermittelt nach rechts ab und krachte mit der Fahrerseite voraus in einen langsam dahinfahrenden Jet Dryer, der rund 750 Liter Kerosin an Bord hatte. Vermutlich erlitt Montoya einen Getriebeschaden, der die Hinterachse blockierte.

Der Aufprall war so heftig, dass die 42 komplett zerstört wurde. Montoya konnte seinem Wrack humpelnd entsteigen, Duane Barnes, der Fahrer des Jet Dryers, ebenfalls. Glücklicherweise, denn das Kerosin der Turbinen entzündete sich und löste ein riesiges Flammenmeer aus, das über Turn 3 hinweg weit über den gesamten Speedway zu sehen war. Ein Großeinsatz der anwesenden Feuerwehren konnte den Truck erst nach mehreren Minuten löschen.


Der Feuercrash von Juan Pablo Montoya

In der NASCAR ist es durchaus üblich, die Jet Dryer während einer Gelbphase auf die Strecke zu schicken, um den Belag von kleineren Teilen und Gummiabrieb zu säubern. Eigentlich werden die Fahrzeuge mit der hinten quer montierten Turbine vor allem dazu benutzt, die Strecke nach Regenfällen schneller zu trocknen. Diese waren im Fall Daytona 2012 bekanntlich so umfangreich, dass die Steuermänner der Trucks vermutlich mehr 2,5 Meilenrunden gedreht haben als die Sprint-Cup-Piloten.

Johnson und Jeff Gordon mit frühem Ende

Nach diesen ausgiebigen Regenfällen nahm das Feld mit einer fast 30-stündigen Verspätung gegenüber der ursprünglich geplanten Startzeit die Jagd um den so prestigeträchtigen Daytona-Titel auf. Doch wer dachte, dass es die NASCAR-Asse nach der langen Regenverzögerung ruhig angehen lassen würden, der sah sich gewaltig getäuscht. Bereits eingangs der zweiten Runde wurde Jimmie Johnson (42.) von Elliott Sadler (Childress-Chervolet, 27) quergestellt. Dies geschah weit vorne im Pulk und der erste Big One des Abends nahm Gestalt an.

Danica Patrick, David Ragan, Jimmie Johnson

Jimmie Johnson crasht früh, Danica Patrick (10) in Mitleidenschaft Zoom

Der dunkelblaue Hendrick-Chevrolet mit der Startnummer 48 krachte direkt vor Start und Ziel frontal in die Streckenbegrenzung und erlitt unmittelbar danach noch einen schweren Treffer an der A-Säule durch den Front-Row-Ford von David Ragan (43.). In das anschließende Kuddelmuddel wurden Kurt Busch (Phoenix-Chevrolet; 39), Trevor Bayne (Wood-Ford; 35) und Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet; 38.) verwickelt.

"Unglaublich", ätzte Kyle Busch (17.) via Bordfunk. "Da sitzen wir 36 Stunden lang tatenlos herum und dann schaffen wir es, in der ersten Runde zu crashen." Wenig später erwischte es Patricks Teamkollegen Ryan Newman (21.) nach einem Reifenschaden ausgangs Turn 2. Beim anschließenden Besuch in der Boxengasse wurde Newman zu allem Übel noch von A.J. Allmendingers Penske-Dodge (34.) getroffen.

Generell war es war kein guter Florida-Abend für ehemalige Daytona-Champions, denn nach Johnson, Bayne und Newman wurde auch Jeff Gordon (40.) früh aus dem Rennen geworfen, als dem Kalifornier in Runde 81 der Hendrick-Motor hochging.

Zwei späte Big Ones

Biffle hatte das Feld viele Runden lang angeführt, doch den Halbzeit-Bonus nach 100 Runden schnappte ihm Martin Truex Jr. (Waltrip; 31.) weg, der von seinem Toyota-Markenkollegen Denny Hamlin (4.) in Front geschoben wurde. Ein stattlicher Zuschuss von immerhin 200.000 US-Dollar. Statistisch klar war damit auch, dass Truex das Daytona 500 nicht gewinnen würde, denn in den vergangenen Jahrzehnten lag niemals ein Halbzeitsieger auch am Ende vorne.

Tony Stewart, Ricky Stenhouse

Kyle Busch (18) und Tony Stewart (14) in einem späten Big One Zoom

Nach der zweistündigen Rennunterbrechung durch den Montoya-Crash waren noch 40 Runden zu fahren. Die Streckenarbeiter hatten den extrem heiß gewordenen Asphalt an der Unfallstelle tatsächlich wieder in einen rennfähigen Zustand versetzen können, was bis zum Ende einen problemlosen Ablauf garantierte. Dann wurde es natürlich immer hitziger.

In Runde 187 drehte Joey Logano (Gibbs-Toyota; 9.) den direkt vor ihm fahrenden Jamie McMurray (Earnhardt/Ganassi-Chevy; 31.) um. Der zweite Big One des Abends nahm unter anderem Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet; 29.) und Brad Keselowski (Penske-Dodge; 32.) aus dem Rennen, während NASCAR-Champion Tony Stewart (16.) dem Chaos um Haaresbreite entkommen konnte. Doch "Smoke" sollte es nicht bis zur Zielflagge schaffen.

Härtetest Phoenix

Vier Runden vor Schluss wurde Roush-Youngster Ricky Stenhouse (20.) von seinem Ford-Markenkollegen David Gilliland (23.) in den rot-schwarzen Stewart-Chevy geschoben. Dabei kreiselte auch Shootout-Sieger Kyle Busch von der Strecke. So kam es zur letztlich entscheidenden Green/White/Checkered-Verlängerung über zwei fliegende Runden, die Kenseth als letztlich souveränen Sieger sah.

Unter dem Strich bewahrheitete sich in Daytona die Vermutung, dass die Triebwerke der Ford Motor Company der Sprint-Cup-Konkurrenz derzeit um eine Nasenlänge voraus sind. Zu einfach konnten sich Kenseth am Ende und Biffle im gesamten Rennverlauf immer wieder in eine gute Ausgangsposition manövrieren und das Geschehen von der Spitze aus kontrollieren.

Matt Kenseth

Matt Kenseth und sein Roush-Team feiern in der Victory Lane Zoom

Aber: Wie in jedem Jahr ist Daytona aufgrund seiner Besonderheiten kein Maßstab für die wahren Kräfteverhältnisse im Sprint-Cup-Feld. Die NASCAR-Karten werden erst am kommenden Wochenende in Phoenix aufgedeckt, wenn das erste Einmeilenoval ansteht. In der Wüste von Arizona dürfte dabei zumindest eines sicher sein: Eine 37-stündige Marathonveranstaltung wegen Regens wird Saisonrennen Nummer zwei nicht.