• 31.01.2009 12:34

  • von Pete Fink

Die Geschichte des Daytona 500 (2)

Von der Erfindung des "Draftings" bis zur legendären Massenkeilerei des Jahres 1979 - hier Teil 2 des Daytona-Specials auf 'Motorsport-Total.com'

(Motorsport-Total.com) - Die Geschichte des Daytona 500 ist natürlich auch unmittelbar verbunden mit dem Namen Richard Petty. Der "King" trat bereits in der ersten Ausgabe 1959 an und wurde mit einem geplatzten Motor als 57. gewertet. Sein Daytona-Debüt dauerte gerade einmal acht Runden. Doch in den kommenden 22 Jahren sollte Petty das Daytona 500 nicht weniger als sieben Mal gewinnen - ein Rekord, an den bis heute kein Konkurrent heranreichen konnte.

Titel-Bild zur News: Daytona 1976: Richard Petty David Pearson

Daytona 1976: Richard Petty (v.) und David Pearson kollidieren in Runde 200

Pettys Vater Lee, der Sieger des ersten Daytona 500, und Sohn Richard waren selbstverständlich auch bei der zweiten Daytona-Auflage 1960 mit von der Partie. Sie beendeten das zum ersten Mal mit bewegten TV-Bildern übertragene Rennen als Dritter und Vierter. Aber natürlich waren die Fernsehstationen CBS und ABC dabei nicht landesweit und live auf Sendung, dies geschah erst 1979.#w1#


Fotos: Die Daytona-Geschichte in Bildern


Doch das Daytona-Rennen von 1960 sollte einen weiteren wichtigen Meilenstein der NASCAR-Geschichte hervorbringen: Das "Drafting", oder deutsch formuliert, das Windschattenfahren. Der Name des eher zufälligen Erfinders lautete Junior Johnson, der wohl auch heute noch der legendärste aller der NASCAR-Piloten ist, die nie einen Meistertitel erringen konnten.

1960 wird das Drafting entdeckt

Richard Petty Junior Johnson

Zwei echte Daytona-Legenden: Richard Petty (li.) und Junior Johnson Zoom

Johnson erhielt ganz kurzfristig das Angebot, für Ray Fox einen Chevrolet zu fahren, der den damals herrschenden Pontiacs jedoch hoffnungslos unterlegen war. Als er im Training einmal von Pontiac-Pilot Cotton Owens überholt wurde, entdeckte er den Windschatteneffekt. Johnsons Wortlaut in seiner Originalbeschreibung: "Ich setzte mich direkt hinter seine Stoßstange und blieb ganz einfach dort. Nachdem ich wieder an die Box gefahren war, kam Cotton Owens zu mir und fragte mich: 'Hey Junge, hast du die Kiste tatsächlich zum Laufen gebracht?'"

Was ihm zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht klar war: Er hatte gerade das Drafting entdeckt. Johnson blieb das gesamte Rennen über den dominierenden Pontiacs auf den Fersen. Er tankte, wenn die Pontiacs tankten, und er ließ die Reifen wechseln, wenn die Pontiacs beim Service waren. Zehn Runden vor dem Ende fiel schließlich auch der letzte Pontiac aus und Johnson siegte mit großem Vorsprung.

1962 schaffte Glen "Fireball" Roberts in seinem Stephens-Pontiac dann den ersten Daytona-Totalerfolg: Roberts gewann sein Qualifikationsrennen (heute das Gatorade 125), das Daytona 500 und im Sommer das Firecracker 250. Ende Mai 1964 verunglückte Roberts in Charlotte schwer und erlag am 2. Juli seinen Verletzungen.

1964 eine Menge an Prominenz

Daytona 1966 Cale Yarborough und Richard Petty

Daytona 1966: Cale Yarborough und Richard Petty führen das Feld ins Rennen Zoom

In diesem Jahr gewann Richard Petty das erste seiner sieben Daytona-Rennen. Es umfasste eines der legendärsten Starterfelder der Daytona-Geschichte, denn die 46 Fahrer umfassende Starterliste quoll 1964 geradezu über von großen Namen aus allen Bereichen des Motorsports.

Mit A.J. Foyt, Johnny Rutherford und Parnelli Jones nahmen etwa drei Indy-500-Gewinner das Rennen auf. Dazu war die US-Sportwagenlegende Dan Gurney genauso am Start wie der französische Formel-1-Fahrer Jo Schlesser, der Onkel des späteren Dakar-Gewinners Jean-Louis.

Neben Sieger Petty fuhren unter anderem die NASCAR-Legenden Buck Baker, Ned Jarrett, David Pearson, Bobby Isaac, Cale Yarborough, Junior Johnson, Marvin Panch, Fireball Roberts, Tiny Lund, Buddy Baker oder der Gründervater der Earnhardt-Dynastie Ralph Earnhardt, sowie Wendell Scott, der erste farbige NASCAR-Pilot überhaupt.

Doch keiner sollte letztlich eine wirkliche Chance gegen die Startnummer 43 haben, den bärenstarken 1964er Plymouth von Richard Petty, der mit seinem nagelneuen und revolutionären Hemi-Motor der so namhaften Konkurrenz um die Ohren fuhr.

Erst Petty, dann Mario Andretti

Daytona 1967: Mario Andretti

Daytona 1967: Der 27-jährige Mario Andretti gewinnt das Great American Race Zoom

Dieses genauso legendäre wie kontrovers diskutierte Triebwerk wurde zur Saison 1965 von France verboten, was zu einem kompletten Rückzug der Dodge-Fraktion führte. General Motors war zu diesem Zeitpunkt in der NASCAR nicht werksseitig engagiert und damit war der Weg frei für die Ford Motor Company: Fred Lorenzen gewann das Daytona 500 vor weiteren zwölf Fords oder Mercurys. Das ist natürlich ebenfalls ein ewiger Rekord.

Es war ein regenverhangenes Rennen, das wegen Dunkelheit nach 133 der 200 Runden abgebrochen wurde. Genauso grau präsentierte sich das gesamte Jahr: Weil 1965 auch an den anderen Strecken angesichts der Ford-Dominanz Langeweile pur herrschte, blieb France gar nichts anderes übrig, als die Hemi-Motoren wieder zuzulassen. Damit krönte 1966 auch Richard Petty sein NASCAR-Comeback und gewann überlegen sein zweites Daytona 500.

1967 waren die Werke dann wieder vollständig versammelt: Über 80 Fahrzeuge wollten sich für das Daytona 500 qualifizieren. 50 von ihnen wurden zugelassen, aber der Sieger war ein Eindringling. Mario Andretti stahl allen NASCAR-Heroen die Show und gewann unter Gelber Flagge vor Fred Lorenzen und James Hylton, um den es übrigens auch 2009 wieder Gerüchte gibt. Denn angeblich will Hylton 2009 im zarten Alter von mittlerweile 74 Jahren noch einmal in Daytona an den Start gehen.

Für den damals erst 27 Jahre alten Andretti war sein Daytona-Sieg eine der Initialzündungen zu seinem späteren Weltruhm: 1969 gewann er das Indy 500 und 1978 die Formel-1-Weltmeisterschaft. Andretti gilt heute noch als einer der größten Motorsport-Allrounder, aber seinen Daytona-Erfolg hatte er auch dem starken Holman-Moody-Team zu verdanken, die zusammen mit David Pearson 1968 und 1969 zwei NASCAR-Titel holten.

WingCars - der Daytona und der Superbird

Daytona 1970 Pete Hamilton Plymouth Superbird Wing Cars

Daytona 1970 und die Wing Cars: Pete Hamilton im Plymouth Superbird Zoom

Hinter Richard Petty ist Cale Yarborough mit seinen vier Daytona-Siegen der zweiterfolgreichste NASCAR-Pilot auf dem 2,5 Meilen Superspeedway. Yarborough gewann 1968 das erste seiner vier Daytona 500, damals übrigens zum ersten Mal vor über 100.000 Zuschauern an der Strecke. 1977, 1983 und 1984 sollte er noch drei Triumphe folgen lassen können.

In dieser Zeit nahm der rasante Aufstieg der NASCAR noch einmal an Fahrt auf: Überall in den USA wurden superschnelle Superspeedways eröffnet, unter denen 1969 mit Talladega ein zweites Oval vom Schlage des Daytona International Speedways hinzu kam. Talladega hat eine Rundenlänge von 2,66 Meilen und besitzt mit 33 Grad ein noch steileres Banking als Daytona.

Es war auch die Zeit der legendären "Wing-Cars", unter denen der Dodge Charger Daytona und der Plymouth Superbird zu Weltruhm gelangten. Pete Hamilton gewann 1970 in eben so einem Superbird das Daytona 500. Es siegte übrigens der falsche "Bird", denn sein Teamkollege und Chef Richard Petty fiel bereits nach sieben Runden mit einem Motorschaden aus.

Der Winston-Cup und die Ölkrise

A.J. Foyt Daytona 1972

Regelmäßig am Start: A.J. Foyt bei seinem Daytona-Sieg in der Saison 1972 Zoom

Doch unter den Regieanweisungen Pettys rang Hamilton David Pearson, den ewigen Petty-Konkurrenten, in der Schlussrunden nieder. Petty selbst rückte 1971 dieses Bild schnell wieder zurecht, bevor 1972 nach Mario Andretti ein zweiter Formelpilot die NASCAR-Asse schockierte: A.J. Foyt gewann 1972 im legendären Purolator-Mercury mit der Startnummer 21 der Wood Brothers das Daytona 500.

Zu diesem Zeitpunkt war in der NASCAR die "Modern Era" bereits angebrochen. Die Werke hatten sich zurückgezogen, die Sponsoren hielten Einzug und der Winston-Cup löste die bis dato Grand National genannte Top-Liga der NASCAR ab.

Aber es war auch die Zeit der Ölkrise, was Richard Petty weder 1973 noch 1974 davon abhielt, zwei am Ende recht einfache Abstaubersiege einzufahren, nachdem zuvor die jeweils Führenden Buddy Baker (1973) und Donnie Allison (1974) ausgefallen waren.

Daytona positionierte sich in diesem schwierigen Umfeld zunehmend als Klassiker. Eines der größten NASCAR-Dramen überhaupt geschah 1976, und die beiden Hauptdarsteller waren zwei bestens bekannte Duellanten: Richard Petty und David Pearson. Sie dominierten das Rennen völlig und in den letzten 46 Runden wechselte die Führung ständig hin und her.

Das Pearson/Petty-Drama von 1976

David Pearson Richard Petty Daytona 1976

Unglaublich aber wahr: David Pearson (hi.) gewinnt noch vor Richard Petty (v.) Zoom

Die Schlussrunde ging schließlich in die NASCAR-Geschichtsbücher ein. Eingangs der letzten Runde lag Petty einige Wagenlängen vor Pearson. Der nutzte den Windschatten und saugte sich eingangs Turn 3 an Petty heran. Beide durchquerten Seite an Seite Turn 4, bevor es am Kurvenausgang zu einer Berührung kam.

"Ich weiß nicht genau, was danach geschehen ist", erklärte Pearson unmittelbar nach dem Rennen. "Petty fuhr unter mir, dann brach sein Auto aus. Ich wurde in die Wand gedrängt, kam zurück und touchierte ihn. Dann begannen wir uns zu drehen."

So war es auch: Petty krachte zuerst in die Außenmauer und drehte sich anschließend nur wenige Meter vor der Ziellinie im Gras des Infields. Pearson wiederum kollidierte im Bereich der Boxeneinfahrt leicht mit einem dritten Auto, brachte es jedoch irgendwie fertig, seinen Wood-Ford wieder in die richtige Richtung zu manövrieren und die Kupplung zu treten.

Auch lief Pearsons Motor noch und so stotterte er über die Ziellinie, während die Petty-Mechaniker im Infield verzweifelt versuchten, den "King" über die Ziellinie zu schieben. Das war selbstverständlich verboten: Pearson gewann und Petty wurde als Zweiter mit einer Runde Rückstand gewertet.

1979 - Das Daytona 500 landesweit und live...

Cale Yarborough 1967

Der stämmige Cale Yarborough - hier ein Foto aus der Saison 1967 Zoom

Noch spektakulärer und berühmter waren die Ereignisse des Jahres 1979. Dieses Daytona 500 machte die NASCAR mit einem Schlag zu einem landesweiten Mega-Event, denn dieses Rennen war das erste, das von Küste zu Küste live und in voller Länge übertragen wurde. Gewonnen hatte wieder einmal Richard Petty, doch das interessierte niemanden.

Denn es kam zu dem berühmten Boxkampf zwischen Cale Yarborough und den Brüdern Donnie und Bobbie Allison, der auch in den Wochen und Monaten nach dem Daytona 500 des Jahres 1979 die US-Schlagzeilen füllte. Was war genau passiert?

Yarborough, damals dreifacher NASCAR-Champion in Folge, war früh im Rennen nach einer Kollision mit Donnie Allison zwei Runden zurückgefallen. Er hatte jedoch beide Runden jeweils durch ein Überholmanöver auf der Gegengerade wieder zurückgewinnen können.

... und die Zuschauer sehen einen Boxkampf

Cale Yarborough Bobbie Allison Donnie Allison 1979

1979: Cale Yarborough gegen Bobbie Allison (m.) und Donnie Allison (u.) Zoom

Dann die Schlussrunde: Donnie Allison führte, Yarborough kam aus Turn 2 heraus innen auf der Gegengerade herangeflogen. Allison blockierte natürlich und drängte Yarborough zweimal mit zwei Rädern in Richtung Schlamm. Yarborough verlor die Kontrolle und es kam zur unvermeidlichen Kollision: Beide Autos krachten in die Mauer, Petty staubte wieder einmal ab.

Soweit, so gut, aber nun begann das eigentliche Drama: Bobby Allison fuhr weiter hinten im Feld und stoppte, weil er sich vom Wohlbefinden seines Bruders überzeugen wollte. Offensichtlich - die Schilderungen der Beteiligten gehen an dieser Stelle naturgemäß weit auseinander - hatte er auch ein paar passende Worte für Yarborough übrig, doch jener hatte zu diesem Zeitpunkt eine ganz kurze Sicherung am brennen.

Yarborough - in seiner Jugend ein recht stämmiger und erfolgreicher American Footballspieler - war schwer angesäuert, hob die Fäuste und nahm es mit beiden Allison-Brüdern gleichzeitig auf. Das Problem an der Sache: Dieses Daytona 500 war das erste NASCAR-Rennen, welches vom Fernsehsender CBS landesweit in den USA live übertragen wurde. NASCAR war in ganz USA angekommen, und die Serie präsentierte sich gleich zum Auftakt von ihrer allerbesten Seite.

Teil 3 des Daytona-Specials auf 'Motorsport-Total.com' schildert den weiteren Weg des "Great American Race" mit dem tragischen Tod von Dale Earnhardt Sr. bis hin zur NASCAR-Neuzeit.