• 11.11.2014 13:44

Skoda schafft dreifachen Hattrick

Zum dritten Mal in Folge sichert sich Skoda drei Titel in der APRC - Mit einem Sieg in China setzte Werksfahrer Jan Kopecky der Festtagstorte das Sahnehäubchen auf

(Motorsport-Total.com) - Eigentlich hätte man sich die lange Reise sparen können, die Transportkosten und den bürokratischen Aufwand für das Einführen von Rallyeautos in die Volksrepublik China. Tatsächlich traten zusätzlich zu den rund 100 Teilnehmern aus der chinesischen Rallyemeisterschaft nur noch acht Teams der APRC den Weg in die Provinz Zhejiang im Osten Chinas an. Schon vor dem Start stand Jan Kopecky nach den Erfolgen seiner Vorgänger Chris Atkinson (2012) und Gaurav Gill (2013) als neuer Fahrer-Championfest. Pavel Dresler hatte die Beifahrer-Krone sicher und Skoda den Titel in der Markenwertung.

Titel-Bild zur News: Jan Kopecky, APRC Rallye China

Skoda-Werksfahrer Jan Kopecky wird zum Sieg der APRC-Rallye in China gratuliert Zoom

Aber gerade in China wollte sich das Skoda-Werksteam präsentieren. Schließlich ist das Reich der Mitte weltweit längst der wichtigste Markt für die VW-Tochter aus Tschechien. In der chinesischen Meisterschaft setzt der heimische Importeur gleich drei Fabia ein. 2007 fing der Hersteller aus Mlada Boleslav hier mit 27.000 verkauften Autos an, im Vorjahr waren es bereits 227.000.

Sieben Modelle hat Skoda in China auf dem Markt, die in drei Fabriken auch dort produziert werden. Zuletzt wurden die Modelle Rapid Sportback und der neue Octavia eingeführt, seitdem jagt ein neuer Verkaufs-Rekord den nächsten: Bester April, bester Mai, bestes erstes Quartal. Schon jetzt wird jeder vierte Skoda weltweit in China verkauft, bis 2018 soll es jeder dritte sein und die Gesamtzahl auf eine halbe Million steigen.

Rückblick mit ein bisschen Wehmut

Bei aller Fokussierung auf die Zukunft blickte Sportchef Michal Hrabánek aber an diesem Wochenende in Longyou auch ein bisschen wehmütig zurück. Es war das letzte Mal, dass seine Mannschaft mit dem Skoda Fabia S2000 über eine Startrampe rollte, denn seine Ingenieure sollen sich in der Sportabteilung in Mlada Boleslav künftig voll auf den Nachfolger konzentrieren.

Jan Kopecky beim Start der SS2 bei der APRC Rallye China

Jan Kopecky am zweiten Wettkampftag bei der APRC Rallye China Zoom

Im Frühjahr 2015 soll der neue Skoda Fabia R5 mit 1,6-Liter-Turbo den Super 2000 mit Zweiliter-Saugmotor ablösen. Nach sechs Jahren geht eine Ära zu Ende. "Ich war zwar anfangs schon optimistisch, aber auch ich habe nicht damit gerechnet, dass wir mit dem Fabia S2000 einmal so erfolgreich sein würden", gesteht der Sportchef.

Der unter seiner Ägide entwickelte Super 2000 debütierte 2007 und gewann 17 internationale und 27 nationale Titel. Selbst in seiner letzten Saison 2014 fuhr der Fabia neben den schon erwähnten Asien-Pazifik-Erfolgen und vier Landesmeisterschaften mit Esapekka Lappi auch den Europameister-Titel ein. Der Finne hatte an diesem November-Wochenende nach einem Unfall auf Korsika schon Zeit zum Feiern, da fingen Jan Kopeckys harte Arbeitstage auf der anderen Seite des Planeten erst an.

Strecke hatte es in sich: Nieselregen, "Sträßchen", Betonblöcke

Am Abend vor dem Start fiel Regen in dünnen Schnüren stetig auf den Startort Longyou und seine Umgebung. Das Nieseln hörte auch während der ersten Etappe nicht auf, verwandelte die Schotterpisten entlang sanfter Hügel und Felder in Schlammkuhlen und betonierte Sträßchen in seifige Rutschbahnen. Gerade der Beton hat es in sich. Mit gutem Willen sind die Sträßchen auf dem Land als zweispurig zu bezeichnen, aber viel Platz zum Driften bleibt den Rallyecracks nicht, denn nicht selten sind die Straßen am Rand mit massiven Betonblöcken begrenzt, die jedes Rallyeauto umgehend in einen Klumpen Altmetall verwandeln.

Jan Kopecky bei der vierten Sonderprüfung - es geht den Berg hoch, APRC Rallye China

Jan Kopecky bei der vierten Sonderprüfung - es geht den Berg hoch Zoom

Die Rallye in China ist der einzige Asien-Pazifik-Lauf, der auf gemischten Belägen gefahren wird. Die Bandbreite reichte von Schottersträßchen, die so eng sind, dass selbst die schnellsten Fahrer nicht über einen Schnitt unter 60 km/h kommen, bis zu betonierten Straßen, auf denen die Fabia-Motoren bei Tempo 172 ständig in den Drehzahl-Begrenzer rennen.

"Das war ein schockierender Augenblick"

In seiner frühen Zeit als Asphalt-Spezialist abgestempelt, zeigte Kopecky, dass er auch unter schwierigen Bedingungen und losem Untergrund ein Könner ist. Anfangs hielt er sich auf den engen Strecken noch zurück und überließ seinem Teamkollegen Gaurav Gill die Führung. Doch der Inder traf wie viele andere Teilnehmer auf der ersten Etappe einen am Streckenrand lauernden Stein, der die Lenkung verbog. Gill konnte zunächst weiterfahren, aber zwei Prüfungen später brach die Lenkung, und sein Fabia bog schlagartig mit etwa 100 Stundenkilometern von der Strecke ab.

Jan Kopecky bei der fünften Sonderprüfung, APRC Rallye China

Jan Kopecky bei der fünften Sonderprüfung, APRC Rallye China Zoom

"Das war ein schockierender Augenblick. Wir hatten Glück, dass wir nicht noch einen Abhang runtergestürzt sind", bekannte der Mann aus Neu-Delhi. Weil die Fahrzeugfrontzu stark beschädigt war, musste der letztjährige APRC-Champion vorzeitig die Segel streichen und das Vorhaben aufgeben, in China seinen dritten Saisonsieg einzufahren und damit in der Saisonbilanz mit Teamkollege Kopecky gleichzuziehen.

Der wiederum hatte das Glück des Tüchtigen: Auch an seinem Fabia stand das Lenkrad nach einem Treffer am selben Stein schief, aber Radaufhängungen und Lenkgestänge hielten bis zum nächsten Service. Der Tscheche übernahm nach Gills Ausfall das Kommando, setzte auf den 13 Wertungsprüfungen insgesamt neun Bestzeiten und fuhr gegen den ebenfalls schnellen Japaner Yuya Sumiyama in einem Subaru Impreza routiniert nach den Erfolgen in Australien, Neukaledonien und Japan seinen vierten Saisonsieg nach Hause. Selbst eine am Sonntagmorgen zeitweilig streikende Servolenkung brachte den langjährigen Skoda-Werksfahrer nicht aus der Ruhe.

Auch 2015 präsent

Der 32-jährige Kopecky ist nach dem Gewinn der Europameisterschaft 2013 der erste Rallyefahrer, der in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zwei unterschiedliche kontinentale Titel gewann. "Das war für mich eine großartige Erfahrung, so viel Schotter habe ich zuvor fast mein Leben lang nicht unter die Räder bekommen", sagte er begeistert.

Aber nicht nur aus sportlichen Gründen empfand der neue APRC-Meister sein diesjähriges Arbeitsumfeld als sehr bereichernd. "Es war toll, so viele neue und exotische Länder kennenzulernen. Ich mochte Japan sehr, wo alles so perfekt organisiert ist und die Menschen so nett sind. Mir gefiel Australien, das so wild ist, dass du auf jedem Kilometer einen anderes Tier entdecken kannst, das du zuvor noch nie gesehen hast."

Der Skoda-Sportchef macht kein Geheimnis daraus, dass er seinen frisch gebackenen Asien-Pazifik-Meister an Bord behalten will. Nur ist noch nicht klar, wie das Programm der Werksmannschaft 2015 aussehen wird. Vor Jahresmitte wird der neue Fabia R5 kaum einsatzbereit sein, aber Michal Hrabánek verkündet: "Angesichts der Bedeutung des chinesischen Marktes werden wir sicher in irgendeiner Form auch im nächsten Jahr hier präsent sein."

Seinen Fahrer würde es freuen. Jan Kopecky und Pavel Dresler genossen bei ihrem ersten China-Besuch nicht nur die herausfordernden Rallye-Strecken, sondern vor allem den ganz normalen chinesischen Straßenverkehr: "Es gibt zwar hier auch Regeln, aber jeder fährt wie er will. Trotzdem funktioniert es irgendwie. Das ist schon erstaunlich," sagt der APRC-Meister. Jan Kopecky ist sich sicher: "Ich denke, ich werde wiederkommen."