• 09.10.2011 16:05

  • von Pete Fink

Hintergrund: Warum Bowyer zu Waltrip wechselt...

Von Richard Childress zu Michael Waltrip? Was steckt hinter dem Wechsel von Clint Bowyer, der auf den ersten Blick einen saftigen Rückschritt bedeutet...

(Motorsport-Total.com) - Ohne einen potenten Sponsor im Rücken läuft in diesen NASCAR-Tagen gar nichts. Diese Binsenweisheit wurde am Kansas-Wochenende einmal mehr untermauert, als Clint Bowyer seinen Wechsel zu Michael Waltrip Racing öffentlich machte. Was sich in den vergangenen Wochen bereits andeutete, wurde passend zum Bowyer-Heimrennen fixiert.

Titel-Bild zur News: Michael Waltrip, Clint Bowyer

Michael Waltrip und Clint Bowyer: Ab 2012 machen sie gemeinsame Sache

Auf den ersten Blick ist dies ein gewaltiger Rückschritt für den 32-Jährigen, denn schließlich fuhr der dreifache Chase-Teilnehmer seine gesamte Karriere über bei Richard Childress Racing, einem der vier Topteams der NASCAR. Demgegenüber hat das noch junge Waltrip-Team noch nicht einmal eine einzige Playoff-Qualifikation vorzuweisen. Doch die Sponsorendollars machten diesen Wechsel möglich.

Alles begann damit, dass die Verantwortlichen bei 5-Hour-Energy auf Bowyer zukamen. Der "Country-Boy" ist ein bekennender Fan dieses Energydrinks, der Konzern wiederum wollte von der Nationwide-Serie (als Sponsor bei Rusty Wallace Racing) in den Sprint-Cup aufsteigen. Die auserwählte Gallionsfigur hieß Bowyer, einer der großen jungen Sympathieträger in NASCAR-USA.

Der war einigermaßen überrascht. "In so einer Situation war ich noch nie", schilderte Bowyer. "Noch nie hat mich ein Sponsor kontaktiert und zu mir gesagt: Du bist unser neues Asset. Können wir irgendwo gemeinsam ein Programm aufbauen?" Eigentlich machte er in der Vergangenheit eher schlechte Erfahrungen mit sich verabschiedenden Sponsoren. Zum Beispiel als sich Jack Daniels von Bowyers Childress-Team und aus der NASCAR zurückzog.

13 Millionen zu wenig?

Clint Bowyer

Richard Childress ist der NASCAR-Ziehvater von Clint Bowyer Zoom

Natürlich war Richard Childress trotzdem der erste Anlaufpunkt. Denn dort kristallisierte sich heraus, dass der bisherige Bowyer-Hauptsponsor General Mills ab 2012 als zweiter Sponsor an den Childress-Chevy von Jeff Burton wechseln wolle. In der Konsequenz stand Bowyer zum zweiten Mal binnen weniger Jahre ohne finanzielles Backing da. Dann kam 5-Hour-Energy und eigentlich sollte man annehmen können, dass damit alles gut werden würde.

Doch weit gefehlt. "Wir haben mit Richard darüber gesprochen, aber ein Vertrag kam nicht zustande", sagte Bowyer. "Und zu diesem Zeitpunkt wurde mir klar: Okay, dann muss ich eben irgendwo anders hingehen. Das hat zu meinem Abschied geführt, was sehr schade ist, denn ich verdanke Richard eine Menge. Ich arbeitete in einer kleinen Autowerkstatt in Kansas, als er mich anrief. Er hat mein ganzes Leben verändert, aber jetzt ist es an der Zeit, weiter zu ziehen."

Über die genauen Details wird in den US-Medien derzeit viel spekuliert. Angeblich bringt 5-Hour-Energy pro Saison 13 Millionen US-Dollar mit, angeblich forderte Bowyer ein Salär jenseits der fünf Millionen per anno. Childress selbst, so die Gerüchteküche, habe sogar seine internen Bücher geöffnet und vorgerechnet, dass diese Konstellation nicht ausreichend für den Betrieb eines vierten Teams sei.

Zudem ist bekannt, dass Bowyer und sein neuer Sponsor im Sommer Gespräche mit Roush-Fenway Racing unternahmen, für den Fall, dass dort Carl Edwards seinen Hut in Richtung Joe Gibbs Racing nehmen würde. Dies zerschlug sich bekanntlich und am Watkins-Glen-Wochenende, Mitte August, kam es dann offenbar zu ersten Kontakten zwischen Bowyer und Michael Waltrip Racing.

Vieles auf einmal

Martin Truex Jun.

Nur Gesamtplatz 20: Martin Truex Jr. ist noch der bestplatzierte MWR-Pilot Zoom

MWR wiederum war mit Martin Truex Jr. und David Reutimann unter hohen Zielvorgaben in die Saison gestartet. Doch früh war absehbar, dass das Team wieder nicht in der Lage war, einen Chase-Platz zu erobern. "Wir haben erwartet, dass wir in dieser Saison um den Chase mitfahren werden", stellte MWR-Vizechef Ty Norris klar. "Doch so kam es nicht. Aber für all unsere Sponsoren wie NAPA oder Aarons brauchen wir genau das. Wir konnten nicht einfach herumsitzen und nichts tun. Also haben wir einige Umstellungen gemacht und dann kam alles fast gleichzeitig zusammen."

Unter anderem das Engagement von Scott Miller, dem Childress-Rennchef. "Clint kannte bei uns nicht gerade viele Leute", bestätigt Norris. "Für ihn war die Anheuerung von Scott schon ein wichtiger Grund." Dies bestätigt Bowyer: "Scott ist ein guter Freund. Das hat mich in meiner Entscheidungsfindung schon bestärkt."

Auch das Toyota-Lager spielte mit. Dort arbeiten - schon seit einigen Monaten - das kalifornische Stammhaus von Toyota Racing Development und deren NASCAR-Flagschiff Joe Gibbs Racing enger zusammen. Der neue Plan sieht auch vor, dass das Waltrip-Team in diese Zusammenarbeit mit einbezogen wird. Was Bowyer natürlich ebenfalls gefallen hat.

Der beste Teamchef aller Zeiten?

Michael Waltrip

Michael Waltrip wurde einst als "der schlechteste Fahrer aller Zeiten" betitelt... Zoom

"Ich sehe MWR als ein junges und progressives Team an", sagte der 32-Jährige. "In einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld wissen sie Toyota und nun 5-Hour-Energy hinter sich. Beide Konzerne geben viel Geld aus und schieben die Sache an. Das ist für die gesamte Operation eine Chance, Boden gut zu machen." Mit der neuen Gallionsfigur Bowyer natürlich.

Bleibt nur noch eine klitzekleine Sache aufzuklären. Nach einem Bristol-Rennen 2008 kritisierte Bowyer seinen neuen Chef Michael Waltrip heftig mit den Worten: "Er ist der schlechteste NASCAR-Pilot überhaupt." Natürlich war auch diese Phrase Gegenstand der Pressekonferenz von Kansas. Wohl wissend, dass diese Worte natürlich in der Hitze des Gefechts gefallen waren.

"Hast du wirklich vom schlechtesten Fahrer aller Zeiten gesprochen? Oder meintest du die aktuelle Ära?", witzelte Waltrip. Bowyer entgegnete schlagfertig: "Es war ja klar, dass mich die Worte von damals irgendwann einmal einholen werden. Aber keine Sorge: Michael hat mir versprochen, dass er nun der beste Teamchef aller Zeiten wird..."