• 28.10.2014 10:35

  • von Pete Fink

Hätte Earnhardt Gordon gewinnen lassen müssen?

Dale Earnhardt Jr. gewinnt in Martinsville und verwehrt Jeff Gordon damit das Homestead-Ticket: Keine Teamorders bei Hendrick Motorsports

(Motorsport-Total.com) - Es ist das große aktuelle Thema im Sprint-Cup: Hätte Dale Earnhardt Jr. in den Schlussrunden von Martinsville seinen direkten Verfolger und Hendrick-Teamkollegen Jeff Gordon gewinnen lassen sollen oder nicht? Eine knifflige Frage, denn für Gordon wäre ein Martinsville-Sieg gleichbedeutend gewesen mit dem erfolgreichen Bestehen der Eliminator-Round (Martinsville, Texas und Phoenix). Der Kalifornier hätte damit sein Ticket für das Erreichen der "Final-Four" von Homestead sicher in der Tasche gehabt.

Titel-Bild zur News: Dale Earnhardt Jun., Jeff Gordon

Dale Earnhardt Jr. und Jeff Gordon: Wer hätte in Martinsville gewinnen müssen?

Es ist die berühmt-berüchtigte Frage nach den Teamorders, die so alt ist, wie der Motorsport selbst. Und es ist die Frage danach, ob es auch in der NASCAR ein "Let Michael pass for the Championship" geben könnte. Auch wenn es, im Unterschied zur so früh in der Saison geschehenen Schumacher/Barrichello-Situation, in diesem Fall um sehr viel mehr ging. Denn man stelle sich nur eines vor: Was passiert, wenn Gordon in Texas und Phoenix crasht und damit eben nicht in Homestead um den Titel 2014 fahren kann?

Wie groß wäre in diesem Fall der allgemeine Aufschrei? Wie stichelnd wären die Analysen der Konkurrenz, der Medien und der Fans, wenn Gordons ewiger "Drive for Five" anno 2014 am Sonntagabend in Martinsville gescheitert wäre? Ein heikles Thema, das in NASCAR-Kreisen gerade intensiv diskutiert wird. Nachvollziehbarerweise übrigens, denn in der Frage Gordon oder Earnhardt muss es quasi zwei Lager, zwei Meinungen geben.

Doch was sagen die Beteiligten selbst? Die bemühen sich um Klarstellung. Keine Teamorders bei Hendrick Motorsports. "Ja und Nein", sagte etwa Gordon auf die Frage, ob er es denn gerne gesehen hätte, wenn Earnhardt rechts ran gefahren wäre. "Klar hätte ich diesen Sieg gerne gehabt, aber du willst das nicht erreichen, in dem ein Kollege auf die Seite fährt. Dale Jr. hat die Chance gesehen, dieses Rennen zu gewinnen und man kann niemandem einen Vorwurf machen, dass er alles gibt, um einen Sieg zu landen.

Klare Absage von Rick Hendrick

Rick Hendrick

Rick Hendrick und seine vier Asse: Johnson, Kahne, Earnhardt und Gordon Zoom

Ganz ähnlich klang die Aussage des Siegers. "Es gibt nichts was ich mehr will, als dass Hendrick Motorsports den Titel jedes Jahr gewinnt", sagte Earnhardt. "Egal, wer im Auto sitzt. Bis zum Fallen der Startflagge geben wir alles, dass das auch so passiert. Aber wenn die Startflagge fällt, dann fahren wir alle um den Pokal." Sprich: Um den Rennsieg, denn um mehr kann es im Fall des ausgeschiedenen Earnhardts nicht mehr gehen.

Das letzte Wort in diesem Fall hat der Boss selbst. Rick Hendrick, der Teambesitzer von Hendrick Motorsports, der mit Earnhardt, Gordon, Jimmie Johnson und Kasey Kahne vier Top-Piloten in seinem Lager hat. Der allerdings auch weiß, dass 2014 nur noch Gordon die Titelkohlen aus dem Sprint-Cup-Feuer holen kann. Seine Meinung könnte deutlicher nicht sein: "Wenn du damit anfängst, dann zerstörst du den Wettbewerb in deiner eigenen Organisation", sagt Hendrick. "Das geht einfach nicht."


NASCAR in Martinsville

Das Beispiel Richmond und Michael Waltrip Racing aus dem vergangenen Jahr zeigt, dass Teamorders in der NASCAR nicht gerne gesehen sind. Auf der Strecke ein bisschen Blocken, damit der Teamkollege gewinnt, ja. Aber das war's dann auch. Jede einzelne Mannschaft, so der allgemeine Tenor, also eben nicht nur der Pilot, auch die Mechaniker, Ingenieure etc. arbeiten hart, um irgendwann das Vergnügen zu bekommen, nach einem erfolgreichen Rennen in der Victory Lane zu stehen. Wie eben im Fall Earnhardt, weil auch ein Rick Hendrick vier motivierte Teams braucht.

Auch dies ist ein klassisches Merkmal im NASCAR-Sport. Das hat Hendrick Motorsports am Sonntagabend in Martinsville wieder einmal bewiesen. Auch wenn es sich (vielleicht) im Nachhinein herausstellen könnte, dass damit eine Meisterschaft verloren geht. Hut ab. Doch eines ist auch klar: Ein Jeff Gordon sollte ganz einfach in der Lage sein, sich ohne Schützenhilfe in die Top 4 von Homestead zu fahren. Und wenn nicht? Pech gehabt. Auch im Multi-Millionen-Business NASCAR. Kaum zu glauben, aber wahr.