• 10.11.2014 14:08

  • von Pete Fink

Die vier Finalisten 2014: Kevin Harvick (1)

Kevin Harvick, Joey Logano, Denny Hamlin und Ryan Newman fahren am Sonntag um den NASCAR-Titel 2014 - 'Motorsport-Total.com' stellt sie vor

(Motorsport-Total.com) - Eines steht bereits jetzt fest: Das neue Chase-Format von NASCAR-Chef Brian France hat es wirklich in sich. Kein Playoff-Rennen ohne eine Vielzahl von Dramen und einige faustdicke Überraschungen. Wer hätte zum Beispiel zu Chase-Beginn gedacht, dass Hendrick Motorsports keinen seiner vier Piloten ins Finale bringt? Oder wer hätte darauf gewettet, dass der sieglose Ryan Newman mit seinem Childress-Chevy nach Homestead fährt?

Titel-Bild zur News: Kevin Harvick

Kevin Harvick: Schafft der Phoenix-Sieger in Homestead den ganz großen Wurf? Zoom

Bei den Buchmachern hätte es vermutlich eine satte Quote gegeben, wenn man die Namen Kevin Harvick, Joey Logano, Denny Hamlin und eben Newman auf seinem Tippzettel gehabt hätte. Kein Jimmie Johnson, kein Jeff Gordon, kein Brad Keselowski, kein Dale Earnhardt Jr. So werden die Diskussionen über das, was auf und neben der Strecke passiert ist, wohl noch ein paar Wochen weitergehen. Genauso wie die Diskussionen über das neue Chase-System an sich, doch das ist eine ganz andere Geschichte.

Teil eins unserer Miniserie beschäftigt sich mit Kevin Harvick (Stewart/Haas-Chevrolet). Der 38-jährige Kalifornier ist der routinierteste und bislang erfolgreichste Finalteilnehmer. Spätestens mit seiner brillanten Phoenix-Vorstellung hat sich Harvick auch in eine gewisse Favoritenposition gefahren, denn die Startnummer 4 war die gesamte Sprint-Cup-Saison 2014 über vorne dabei, nur kamen ihm immer wieder technische Gebrechen oder diverse Malheurs an der Box in die Quere. Vier Saisonsiege (zweimal Phoenix, Darlington und Charlotte) sind daher eigentlich sogar zu wenig.

Wo bitte kommt der "Happy-Closer" her?

Harvick landete 2010, 2011 und 2013 dreimal auf Gesamtrang drei. In jedem der drei Fälle hatte er in Homestead sogar noch minimale Titelchancen. Holt der kantige Kalifornier nun zum ganz großen Wurf aus? Meisterschaftserfahrung besitzt er ebenfalls, denn 2001 und 2006 holte er jeweils den damaligen Busch-Titel (heute Nationwide). 2000 gewann er den Rookie-Titel der zweiten NASCAR-Liga, 2001 wurde er im Cup zum "Rookie of the Year". Dazu kam 2000 die Auszeichnung als beliebtester Pilot der zweiten NASCAR-Liga.

Was Harvick besonders auszeichnet, ist seine Alles-Oder-Nichts-Nervenstärke. Gleich dreimal (2009, 2010 und 2013) gewann er das Budweiser-Shootout (heute Sprint-Unlimited), 2007 siegte er im Allstar-Race. Der bislang größte Einzelerfolg seiner Karriere gelang ihm, als er Mark Martin im Finale des Daytona 500 des Jahres 2007 um Haaresbreite niederrang. Aktuell kann er auf 27 Rennsiege in seinen 501 Sprint-Cup-Starts verweisen. Diese kamen seit Februar 2001 zustande, Harvick ließ in dieser Zeit kein einziges Rennen aus.

Kevin Harvick Mark Martin

Daytona 2007: Kevin Harvick schlägt Mark Martin um Haaresbreite Zoom

Mit "Happy-Harvick", "Mr.-Where-Did-He-Come-From?" und "The Closer" hat er sich in seiner NASCAR-Karriere gleich drei Spitznamen besorgt. "Happy-Harvick" war dabei ironisch gemeint, denn in seinen frühen Jahren erlaubte sich der frühere Hobby-Wrestler durchaus den einen oder anderen Temperamentsausbruch. Auch heute (siehe zuletzt das Texas-"Harvicking") scheut er sich nicht vor etwaigen Konfrontationen. Seine große Spezialität war es, wie aus dem Nichts aufzutauchen und in die Victory Lane zu fahren ("Mr.-Where-Did-He-Come-From?"). Der Begriff "The Closer" ist wiederum entliehen aus dem Baseball-Sport. So wird ein Pitcher genannt, der sich darauf spezialisiert hat, in engen Spielen ganz am Ende den Sack endgültig zu zumachen.

Childress als großer Förderer

Bei den US-amerikanischen NASCAR-Fans erfreut sich Harvick seit Jahren großer Beliebtheit. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass er derjenige war, den Teambesitzer Richard Childress nach dem tragischen Unfalltod von Dale Earnhardt Sr. im Daytona 500 des Jahres 2001 als dessen Nachfolger präsentierte. Der junge Harvick meisterte diese extrem schwierige, ja fast unmenschliche Aufgabe mit Bravour: In seinem erst dritten Rennen holte er sich im März 2001 in Atlanta seinen ersten Cup-Erfolg.

Apropos Childress: Natürlich war Richard Childress die ganz wichtige Figur der Harvick-Karriere. Er gab ihm 2000 die Chance in der zweiten NASCAR-Liga, er holte ihn ein Jahr später - zwangsweise - in den Cup. Harvick dankte es seinem frühen Förderer, indem er insgesamt 14 Jahre für RCR fuhr. Zwischenzeitlich (2004 bis 2011) betrieb er mit Kevin Harvick Inc. auch ein eigenes Truck- und Nationwide-Team, das später dann in RCR aufging. Einer seiner größten Kumpels im NASCAR-Zirkus ist Tony Stewart.

Tony Stewart, Kevin Harvick

Man versteht sichbestens: Tony Stewart, Delana und Kevin Harvick Zoom

Nach den drei dritten Gesamtplätzen für RCR überzeugte Stewart seinen Kumpel, dass es nun vielleicht an der Zeit für einen Tapetenwechsel sei. "Smoke" hatte Harvick mit seinem Titel 2011 gezeigt, dass es auch als Hendrick-Kundenteam möglich ist, eine Meisterschaft zu holen. Und das Beispiel Matt Kenseth (Wechsel von Roush zu Gibbs) unterstrich, dass auch im Fall einer weit fortgeschrittenen NASCAR-Karriere eine Luftveränderung sehr positive Auswirkungen haben kann.

Neubeginn bei "Smoke"

Mark Martin wiederum empfahl der Stewart/Haas-Mannschaft noch Rodney Childers (ehemals Waltrip) als Crewchief für die neuformierte Startnummer 4. Mit Budweiser zog zudem ein ganz wichtiger Großsponsor mit. Ende 2012 gab es die ersten Gerüchte um einen Harvick-Wechsel, was Childress wiederum in die unangenehme Situation brachte, seinen langjährigen Teamleader zu verlieren. Harvick übernahm eine ganz ähnliche Rolle quasi übergangslos bei Stewart/Haas.

Privat ist er seit 2001 mit Delana Harvick verheiratet, die ebenfalls aus dem unmittelbaren NASCAR-Umfeld stammt. Ihr Papa John Linville fuhr in den 1980er-Jahren selbst in der damaligen Busch-Serie. Die beiden lernten sich im Jahr 2000 in Michigan kennen, als Delana als PR-Managerin für Randy LaJoie arbeitete. Das Ehepaar hat einen Sohn Keelan, auch heute noch ist sie an (fast) jedem Rennwochenende auf dem Harvick-Kommandostand zu sehen. Nebenbei ist die Familie mit der Firma KHI Management auch in der UFC (Ultimate Fighting Championship) tätig.

Kevin Harvick

"Freaky Fast" könnte das große Motto der Harvick-Saison 2014 sein Zoom

In Homestead startete Harvick bisher 13 Mal. Ein Sieg steht dabei noch nicht zu Buche, wohl aber fünf Top-5-Platzierungen und 11 Top-10-Ergebnisse. Seine Statistik ist trotz Siegmangel bärenstark: 2003 und 2008 landete er jeweils auf Rang zwei, 2009 und 2010 wurde Harvick in Südflorida Dritter. Ebenfalls auffällig: In all seinen 13 Homestead-Starts kam der Kalifornier immer in der Führungsrunde ins Ziel. Kein Zweifel: Kevin Harvick zählt am kommenden Sonntagabend zu den Top-Favoriten. Sollte der NASCAR-Titel 2014 nach 2011 wieder an Stewart/Haas Racing gehen, wäre dies keine Überraschung.

Die Harvick-Statistik:

501 Sprint-Cup-Starts
27 Siege
113 Top-5-Platzierungen
228 Top-10-Platzierungen
14 Pole-Positionen
6.509 Führungsrunden
95.620.191 US-Dollar an Preisgeldern
2010, 2011 und 2013 jeweils Gesamtdritter
2001 und 2006 Nationwide-Champion