Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Marcel Schrötter

Über zehn Jahre in der Moto2 mit wenigen Highlights - Für die MotoGP hat es einfach nicht gereicht - Die Supersport-WM wird für Marcel Schrötter auch kein Spaziergang

Liebe MotoGP-Fans,

Titel-Bild zur News: Marcel Schrötter

In über zehn Jahren gelang Marcel Schrötter kein Grand-Prix-Sieg Zoom

47,584 Sekunden Rückstand. Nein, dieser Fahrer spielte beim unfassbar spannenden und spektakulären Kampf um den MotoGP-Sieg in Australien keine Rolle. Dieser Fahrer ist auch gar nicht in der Königsklasse dabei, sondern fährt in der Moto2 hinterher.

Die Rede ist natürlich von Marcel Schrötter. Wenn man bei einer Renndistanz von 25 Runden fast 50 Sekunden verliert, dann sagt das alles. Der Deutsche sprach selbst vom "schlechtesten Rennen" dieser Saison.

Nun wissen wir seit einigen Wochen, dass die Grand-Prix-Karriere von Schrötter zu Ende geht. Valencia wird sein 227. und letztes Rennen in der Motorrad-WM sein. Gewonnen hat er bisher keines davon und es sieht leider nicht danach aus, dass ihm das noch gelingen wird.

Talent möchte ich ihm absolut nicht absprechen. Erinnern wir uns an seine Wildcard-Einsätze 2008 und 2009 in der 125er-Klasse zurück, wo er absolut überzeugen konnte. Mit Platz fünf in Valencia 2009 machte er mit einem Topergebnis auf sich aufmerksam.

Nicht die Erfolge von Bradl, Cortese und Folger

Die Hoffnungen waren groß, dass er eines der damals noch zahlreichen großen Talente Deutschlands ist. Aber während Stefan Bradl, Sandro Cortese und Jonas Folger große Erfolge erobert haben, gelang das Schrötter in über zehn Jahren eigentlich nie so wirklich.

Klar, in der 125er-Klasse und zu Beginn der Moto3 hatte er kein konkurrenzfähiges Material zur Verfügung. Als er dann im Sommer 2012 zu Bimota in die Moto2 wechselte, wurde er ins kalte Wasser geworfen. Gut war dieses Motorrad auch nicht.

Marcel Schrötter

Im Sommer 2012 wechselte der Deutsche zu Bimota in die Moto2 Zoom

Vor einigen Wochen habe ich mit Schrötter über seine zehneinhalb Jahre in der Moto2-Klasse gesprochen. So blickt er selbst zurück: "Ich habe damals in der Moto3 aufgehört, weil es eine Katastrophe war und habe die Chance in der Moto2 bekommen."

"Ich bin da eigentlich viel zu früh reingekommen, ohne aus der kleinen Klasse die Erfahrung zu haben, wirklich vorne mitzukämpfen. Ich hatte keine Tests und musste an den Rennwochenenden, wo man eh nicht viel zum Fahren kommt, lernen."

"Da war 2012 mit einem Motorrad, das niemand anderer hatte, rasch wieder vorbei. Dann hatte ich ein Jahr Kalex mit relativ guten Ergebnissen, aber nicht konstant, weil mir generell noch viel gefehlt hat. Aber es gab gute Anzeichen."

Die Zeit vergeht

"Dann kam der Teamwechsel zu Tech 3. Es vergingen auch wieder ganz schnell zwei Jahre. Das erste Jahr war super, aber das zweite Jahr war ganz, ganz schlecht. Es gab ein paar Veränderungen vom Motorrad. Dunlop hat die Reifen vorne gewechselt und wir hatten damit Mühe."

"Dann war ich ein Jahr bei einem spanischen Team und seither bin ich bei Intact, einem Team, für das ich schon immer fahren wollte. Intact wechselte zu Suter. Klar, im ersten Moment glaubt man an das Projekt. Aber wir haben ziemlich schnell realisiert, dass es ein schwieriges Pflaster war."

Marcel Schrötter

Zwei Jahre fuhr Schrötter das Mistral-Chassis des Tech-3-Teams Zoom

"Schade, weil das Motorrad auch gute Punkte hatte. Aber es war einfach nicht auf dem Niveau von Kalex. Vom Gefühl her ist dann wieder ein Jahr verloren. Es gab in meiner Karriere einfach ein paar Jahre, die nicht verloren waren, aber wo es einfach schwierig war, etwas zu zeigen."

Auf dem Sachsenring auf dem Podium

"Ich hatte trotzdem immer wieder Highlights. 2018/19 wurde der Trend immer besser. Ich hatte Polepositions und Podiums. Dann kam Corona, was auch wieder alles durcheinander warf. So vergeht einfach die Zeit."

Marcel Schrötter

Sachsenring 2019 Marcel Schrötter feiert Platz 3 beim Heimrennen Zoom

Fünfmal stand Schrötter in der Moto2 auf dem Podest. Ein Highlight war sicherlich Rang drei auf dem Sachsenring 2019. Auch in diesem Jahr kämpfte er beim Heimrennen in der Spitzengruppe mit und wurde Vierter. Für seine kämpferische Leistung wurde er von den Fans gefeiert.

Genau so wollen wir Schrötter sehen! Aber man muss leider sagen, dass er das im Endeffekt viel zu selten gezeigt hat. Deshalb ergab sich auch nie eine realistische Chance auf einen Platz in der MotoGP. Auch bei anderen Moto2-Teams oder in der Superbike-WM ging keine Türe auf.

Zukunft Supersport mit MV Agusta

Deshalb heißt seine Zukunft Supersport-WM. Sandro Cortese, Randy Krummenacher und Dominique Aegerter haben mit ihren WM-Titeln gezeigt, dass man dort der Karriere neuen Schwung verleihen kann.

Bei unserem Gespräch in Spielberg wünschte sich Schrötter für die Zukunft ein gutes Team. Aber ob MV Agusta das ist, ist ein großes Fragezeichen. In dieser Saison schaffte es kein MV-Fahrer auf das Podest. In der Markenwertung ist MV Agusta Letzter.

Bahattin Sofuoglu

In der Supersport-WM zählt die MV Agusta F3 800 RR nicht zu den Topmotorrädern Zoom

Der letzte Sieg von MV Agusta gelang Anfang 2017. Und man muss bis 2016 zurückblicken, als Jules Cluzel damals mit dem italienischen Motorrad um den Weltmeistertitel mitgekämpft hat. Schrötter steht bestimmt nicht vor einer einfachen Aufgabe.

Zudem wird in der Supersport-WM im Mittelfeld auch extrem aggressiv gefahren und hart gekämpft. Ob er sich in diesem Umfeld durchsetzen kann, wird sich zeigen. Ich wünsche ihm für die Zukunft auf alle Fälle nur das Beste und viel Erfolg.

Ihr,


Gerald Dirnbeck

Wie ist deine Meinung? Sag es mir doch auf Facebook unter "Racing inside mit Gerald Dirnbeck". Dort gibt es meine Texte, Insiderinfos, Meinungen und Einschätzungen zu aktuellen Themen. Und natürlich die Möglichkeit, diese Kolumne zu diskutieren!