• 23.07.2010 14:31

Stoner: "Die Reifen sind katastrophal"

Casey Stoner kritisiert im Interview die Reifenpolitik von Bridgestone - Die beiden Mischungen ergeben keinen Sinn und stellen ein Sicherheitsrisiko dar

(Motorsport-Total.com) - Die Saison 2010 lief bisher nicht nach dem Geschmack von Casey Stoner und Ducati. Kein Sieg bei Saisonhalbzeit ist für den Weltmeister von 2007 eine magere Ausbeute. Im Gespräch äußert sich der Australier negativ über Alleinausrüster Bridgestone, sucht aber keine Ausreden.

Titel-Bild zur News: Casey Stoner

Casey Stoner ist mit den Bridgestone-Einheitsreifen nicht zufrieden

Frage: "Wie findest Du Laguna Seca?"
Casey Stoner: "Diese Strecke war speziell im vergangenen Jahr harte Arbeit für mich. Generell ist es schwierig, denn wir fahren hier viele Runden. Ohne lange Geraden, wo man sich ausruhen kann, ist es physisch sehr anstrengend. Speziell wenn es ein schöner, heißer Tag ist, ist es eine schwierige Strecke, auch um eine passende Abstimmung zu finden. Es wird auch interessant sein zu sehen, wie sich die Reifen verhalten werden, denn es gibt nur wenige Rechtskurven. Normalerweise ist es schwierig, genug Temperaturen in die Reifen zu bekommen."#w1#

Frage: "Ist der erste Saisonsieg nicht schon längst überfällig?"
Stoner: "Natürlich müssen wir gewinnen, aber ich kann einfach nicht mehr tun derzeit. Bei den vergangenen Rennen waren wir einfach ein paar Zehntel pro Runde zu langsam. In Assen hatten wir zwar den Speed, aber ich hatte meine eigenen Probleme mit den Armen. Auch in Barcelona waren wir gut dabei, aber mir ist leider ein kleiner Fahrfehler unterlaufen. Zuletzt in Deutschland waren Dani Pedrosa und Jorge Lorenzo einfach etwas zu schnell und sind uns davongefahren. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich muss weiter arbeiten und wir werden sehen, ob wir die Lücke schließen können."

Frage: "Was kannst Du über die asymmetrischen Reifen von Bridgestone sagen?"
Stoner: "Wir haben sie jetzt die meiste Saison über eingesetzt und sie waren schrecklich, um ehrlich zu sein. Ich kann nicht lügen, sie waren bisher einfach schrecklich. Ich denke jeder andere Fahrer kann sich darüber genauso beschweren. Bereits im vergangenen Jahr hatten wir unsere Probleme damit. Damals haben sie aber gesagt, dass auf beiden Seiten die gleiche Mischung verwendet wird. Mit Bridgestone ist es aber nicht so leicht. Ich arbeite mit ihnen jetzt schon ein paar Jahre zusammen."

"Ich habe oft verstanden, dass bei gleichen Mischungen, manchmal waren sie sehr, sehr hart, sich eine Seite viel schneller aufwärmte. Wie sie dann die asymmetrischen Reifen gebracht haben, hatte ich nie ein gutes Gefühl dafür. Sie lassen sich nie vernünftig aufwärmen. Ich weiß nicht, ob es an der Verbindung im Reifen liegt, aber wir können nie die Seite, die man weniger benutzt, vernünftig aufwärmen. Egal wie weich sie auch ist, es ist kaum möglich sie vernünftig zum Arbeiten zu bringen. Bei kaltem Wetter kann es daher interessant sein."


Fotos: Ducati, MotoGP am Sachsenring


Frage: "Wo liegen die Unterschiede zwischen dem weichen und dem harten Hinterreifen bei asymmetrischen Pneus?"
Stoner: "Normalerweise ist bei den weichen Reifen die weiche Seite immer gleich. Aber die beiden Sätze unterscheiden sich total voneinander. Sie sind von der Konstruktion, dem Aufbau und der Art des Gummis einer komplett anderen Familie zuzuordnen. Was überhaupt keinen Sinn macht: In den letzten paar Rennen war der weiche Satz dafür gebaut, um mehr Hitze und Belastung auszuhalten. Wir haben eine harte Mischung für hohe Temperaturen, aber die weichen Reifen haben trotzdem der Hitze besser standgehalten. Das ergibt alles keinen Sinn.

Frage: "Du meinst es ist also besser, wenn man Reifen mit komplett gleichem Gummi hat?"
Stoner: "Nicht immer. Der weiche Reifen in dieser Saison war meistens sehr hart. Man kann mit dieser Mischung auf jeder Strecke das Rennen bestreiten. Überhaupt kein Problem, egal wie heiß es ist. Für mich ist das einfach lächerlich. Wenn die Temperaturen niedrig sind, wird es nämlich gefährlich. In den letzten vier Rennen war die harte Mischung so extrem, wie ich sie in meiner Bridgestone-Zeit nie erlebt habe. Ich fahre ständig mit den weichen Reifen, denn es ist einfach unmöglich die harten Pneus zum Arbeiten zu bringen. Die weiche Mischung sollte eigentlich die harte sein, und sie sollten noch weichere produzieren."

Frage: "Hast Du mit Bridgestone darüber gesprochen?"
Stoner: "Jeder hat das versucht, aber es ist ein Einheitsreifen."

Frage: "Aber sie haben doch in der Vergangenheit gute Reifen produziert..."
Stoner: "Genau das sagen sie auch. Nun können wir keine neuen Reifen entwickeln, weil es viel Zeit verschlingt. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation werden sie nichts ändern. Sie verwenden das, so wie jeder andere auch als Entschuldigung, dass sie nichts ändern können."

Bridgestone will nichts ändern

Frage: "Es gibt aber noch den Sicherheitsaspekt."
Stoner: "Wir haben in der Sicherheitskommission darüber gesprochen. Sie haben gesagt, dass sie etwas verändern werden, aber die Entwicklung ist gestoppt. Sie können nicht einfach neue Reifen produzieren, denn was passiert dann mit den vorhandenen? Wir haben Bridgestone gesagt, dass es unmöglich sein soll, dass man mit der weichen Mischung ein Rennen bei heißen Temperaturen beenden kann. In den letzten zehn Runden muss man damit viel herumrutschen, oder es unmöglich sein, ins Ziel zu kommen."

"Ich habe vor zwei Rennen gehört, dass wir frische Reifen bekommen, aber wir benutzen immer noch welche vom Jahresanfang. Der Gummi ist also nicht konstant neu. Auf dem Sachsenring bin ich mit einem neuen Satz gestartet, aber ich konnte keine Hitze in der linken Flanke aufbauen. Für den Neustart habe ich dann einen Reifen aufgezogen, mit dem ich schon im Training unterwegs war. Damit hatte ich sofort ein besseres Gefühl. Meine Rundenzeiten waren dann auch gleich viel besser. Das passiert aber auch bei anderen Reifenherstellern. Sie möchten soviel Geld und Ressourcen wie möglich sparen, aber das zeigt keine negativen Auswirkungen. Ihre Reifen können 50 bis 60 Runden ohne Probleme abspulen. Ich denke sie sind mit ihren Profiten zufrieden. Wir werden ihre Einstellung daher nicht verändern können."

Honda ein neuer Abschnitt der Karriere

Frage: "Wie siehst Du die Reaktionen auf Deinen Wechsel zu Honda?"
Stoner: "Natürlich war es nach den Jahren der erfolgreichen Partnerschaft mit Ducati eine schwierige Entscheidung. Es ist mein Leben und meine Entscheidung und es wird ein neuer Abschnitt in meiner Karriere. Für mich wird es interessant."

Frage: "Kann Dein zukünftiger Teamkollege Dani Pedrosa noch die WM gewinnen, oder interessiert Dich das nicht?"
Stoner: "Speziell mit dieser Motorenrestriktion wussten wir zu Beginn des Jahres, dass es gegen Saisonende sehr interessant werden wird. Man wird sehen, wie sich die Dinge entwickeln, aber Dani ist sehr gut gefahren. In Barcelona war ich hinter ihm, aber er hatte nicht genug Tempo. In Mugello und auf dem Sachsenring war er extrem schnell. Lorenzo hat bisher keine Fehler gemacht, und wenn er so weitermacht hat er eine gute Chance."

Valentino Rossi vor Casey Stoner

Auf dem Sachsenring schnappte sich der Ducati-Star Weltmeister Valentino Rossi Zoom

Frage: "Erwartest Du wieder einen harten Kampf mit Valentino Rossi?"
Stoner: "Es könnte mit Vale, aber auch mit jedem anderen sein. Es kommt immer auf den Tag an, wer die härtesten Konkurrenten sind. In Barcelona hatte ich zwar kein richtiges Duell mit Dani, aber ich habe versucht ihn zu überholen. Ich habe in dieser Saison schon mit mehreren Fahrern gekämpft. Unser Ziel ist es, ganz vorne zu sein."

Frage: "Du hast in Deutschland lange mit Valentino gekämpft. Hast Du jetzt wieder genug Vertrauen zum Vorderteil des Motorrades?"
Stoner: "Ich habe Vertrauen zur Maschine, aber wir haben nicht genug Grip. Hätten wir mehr Haftung, würde uns das ein paar Zehntel bringen und wir wären in einer guten Position. Mit dem alten Motor konnte ich praktisch nur auf den Geraden überholen. Mit dem aktuellen Aggregat kann ich am Kurvenausgang näher an den Konkurrenten bleiben und ein Überholmanöver für die nächste Kurve probieren. Deshalb kann ich nun viel leichter überholen. Ich kann praktisch jeden attackieren, wo ich nur will. Das Motorrad ist gut, wir brauchen nur mehr Grip."