• 21.05.2017 22:26

  • von Maria Reyer & David Emmett

Pedrosa auf Platz drei: Tolle Aufholjagd nach schlafloser Nacht

Dani Pedrosa erklärt, warum er vor dem Start in Le Mans eine schlaflose Nacht hatte und wie es zum aggressiven Manöver gegen Cal Crutchlow kam - Neuer WM-Zweiter

(Motorsport-Total.com) - Dani Pedrosas Formkurve zeigt auch in Frankreich steil bergauf. Der Spanier konnte in Le Mans sein drittes Podium in Folge einfahren - wenn auch mit etwas Glück. Der Honda-Pilot schaffte beflügelt durch seinen Sieg in Jerez die Aufholjagd vom 13. Startplatz, obwohl er deshalb sogar eine schlaflose Nacht durchmachen musste. Am Ende spült ihn der dritte Platz hinter Maverick Vinales und Johann Zarco sogar auf den zweiten WM-Rang und plötzlich auch in den engeren Favoritenkreis für den Titel. (Zum Ergebnis!)

Titel-Bild zur News: Daniel Pedrosa

Neuer WM-Zweiter: Dani Pedrosa raste auch in Le Mans aufs Podest Zoom

"Das war eine wirklich schwierige Situation vor dem Start. Ich habe die ganze Nacht lang überlegt, wie ich es durch die erste Schikane schaffen soll. Weil diese Schikane wirklich eng ist und wenn du im Mittelfeld da durch musst, ist es einfach, jemanden zu berühren oder einen Fehler zu machen", beschreibt Pedrosa seine Gedanken nach dem schlechten Abschneiden im ersten Qualifying-Abschnitt. Um 0,048 Sekunden verpasste er auf dem dritten Platz den Einzug in das Q2.

Der 31-Jährige bewies Kampfgeist und Mut, denn er stürmte nach einem guten Start in der ersten Runde bis auf die siebte Position nach vorne. "Gestern hatte ich eine gute Pace, das hat mir Zuversicht gegeben. Ich wusste aber auch, dass ich da durch muss. Darauf war ich sehr fokussiert. Mein Start war gut und ich schaffte es heil durch die erste Kurve." Danach war er sehr erleichtert und konnte befreit fahren.

Aggressiv gegen Crutchlow: Brite nicht verärgert

"Ich war glücklich, weil ich nach der ersten Runde nicht so weit hinter der Spitze lag, wie ich das eigentlich erwartet hatte. Dann habe ich mich auf die Pace fokussiert." Pedrosa, der bereits im Vorjahr eine Aufholjagd von Platz elf auf Position vier schaffte, lag in den ersten neun Runde hinter Andrea Dovizioso auf der Ducati. Er tat sich schwer, den Italiener zu überholen, bis schließlich in Runde zehn ein Manöver glückte.

"Es war etwas schwierig, als ich hinter Dovizioso gefahren bin. Er fährt sehr gut und seine Leistung aus den Kurven und beim Bremsen war gut. Ich hatte also nicht viel Raum, um ein Manöver gegen ihn zu starten. Ein paar Runden später konnte ich ihn schließlich überholen." Ungewohnt aggressiv ging Pedrosa eine Runde später schließlich auch an Markenkollege Cal Crutchlow vorbei. Die beiden Fahrer berührten sich sogar.

"Das Manöver gegen Cal war am Limit. Ich habe gesehen, dass eine kleine Lücke aufgeht, als er einen Fehler gemacht hat. Ich bin auf der Innenseite der Kurve reingestochen. Da ich mich auf die rechte Seite lehnte, konnte ich ihn nicht mehr wirklich sehen. In diesem Moment hat er die Tür zugemacht, als er auf seine Linie zurückgefahren ist. Dann haben wir uns berührt, glücklicherweise ist keiner von uns beiden gestürzt. Es war nicht meine Absicht, ihn zu berühren", rechtfertigt sich Pedrosa.

Pedrosa: "Vale hat mir ein nettes Geschenk gemacht"

Der Brite sah den Vorfall in seiner Nachbetrachtung ähnlich: "Das ist eben Racing. Ich hege deswegen keinen Groll. Um ehrlich zu sein, hat er mich wahrscheinlich gar nicht gesehen, weil er sich auf die Innenseite reingelehnt hat", bestätigt Crutchlow Pedrosas Aussage. "Ich bin weit rausgekommen und hatte geringen Kurvenspeed, aufgrund des Vorderreifens. Hätte ich ihn mit voller Wucht erwischt, wäre er auf die Strecke gefallen, weil er so leicht ist", lacht der Brite und droht halb ernst: "Mal sehen, was in den nächsten Rennen passiert."

Nachdem beide Piloten auf ihren Hondas sitzen geblieben sind, holte Pedrosa sukzessive Zeit auf seinen Teamkollegen Marc Marquez auf - bis dieser sich in Runde 18 durch einen Sturz verabschiedete. "In den letzten Runden hatte ich mehr Probleme, ein bisschen Chattering auf der Front. Ich weiß nicht genau warum", meldet Pedrosa, der auf dem Medium-Vorderreifen und dem Soft-Hinterreifen ins Rennen ging.


MotoGP in Le Mans

Auf der vierten Position liegend konnte er schließlich nicht mehr viel Zeit auf die Yamahas vor ihm gutmachen. "Die wurden am Ende noch schneller. Am Ende hat mir Valentino noch ein nettes Geschenk gemacht", freut er sich über den dritten Platz. Rossi kam in der letzten Runde zu Sturz und Pedrosa erbte daher noch dessen Position. "Es ist ein tolles Gefühl, heute auf dem Podium zu stehen, nachdem ich gestern nur 13. wurde."

Gutes Gefühl auf dem Bike: Pedrosa plötzlich aggressiver

Pedrosa ist nun mit drei Podestplätzen, einem fünften Rang und einem Ausfall (in Argentinien) neuer WM-Zweiter, 17 Punkte hinter Vinales. Seine Formsteigerung liegt nicht in einem speziellen Training begründet, erklärt er in der Pressekonferenz. "Wenn du ein gutes Gefühl hast und mit dem Bike klarkommst, kannst du damit spielen und die Kurven so fahren, wie du es gerne machst. Wenn du das Bike nicht beherrscht und es nicht das macht, was du willst, dann ist es schwieriger zu kontrollieren. Es ist dann einfach schwieriger, so zu fahren, wie du gerne würdest", versucht der Spanier zu erklären.

"Wenn du ein gutes Gefühl hast, auch auf den Reifen, dann gibt dir das die Chance, aggressiver zu sein. Du kannst selbst entscheiden und bist kein Passagier. Es gibt kein spezielles Training dafür", fügt er hinzu. "Das Gefühl auf dem Bike verbessert sich eben ständig. Wir hoffen einfach, dass wir so weitermachen können."

Pedrosa hat es nach seinem Triumph in Jerez in die Top-5-Piloten geschafft, deren Siegesserie am längsten anhält. Von China 2006 bis Spanien 2017 sind bereits zehn Jahre und 358 Tage vergangen. Mit über 15 Jahren hält auch in dieser Liste Rossi den Rekord. Allerdings konnte er Rossi dahingehend schlagen, weil er bisher in zwölf darauf folgenden MotoGP-Saisons mindestens ein Rennen gewinnen konnte. Er legte den besten Saisonstart seit 2014 hin und könnte mit dem nächsten Sieg, es wäre sein 54., den großen Mick Doohan einholen.


Fotos: Daniel Pedrosa, MotoGP in Le Mans