• 06.05.2015 11:19

  • von Sebastian Fränzschky & David Emmett

Magneti Marelli: Bedienung zu kompliziert?

Stefan Bradl stürzt in Jerez durch einen defekten Sensor - Ducati-Pilot Andrea Iannone ruiniert sich sein Rennen, weil er den falschen Knopf drückt

(Motorsport-Total.com) - Seit der vergangenen Saison müssen die MotoGP-Teams die Elektronik-Hardware von Magneti Marelli beziehen. Besonders bei Honda stieß der Wechsel auf wenig Begeisterung. HRC kritisierte das Magneti-Marelli-System, weil es zu teuer und zu kompliziert sei. Ab der kommenden Saison müssen die Factory-Teams auch die Software von Magneti Marelli beziehen. Dieser Wechsel dürfte bei Honda erneut auf wenig Begeisterung stoßen, denn die Japaner verfügen momentan über die effektivste Elektronik.

Titel-Bild zur News: Marc Marquez

Magneti Marelli rüstet seit 2014 alle Teams mit einheitlicher Hardware aus Zoom

Dass die Magneti-Marelli-Elektronik Verbesserungslücken hat, wurde beim Rennwochenende in Jerez deutlich. Forward-Pilot Stefan Bradl flog im Freien Training in der Aufwärmrunde ab, weil ein Sensor der Traktionskontrolle nicht richtig funktionierte. Anstatt in ein Notprogramm zu schalten oder dem Fahrer einen Fehler zu signalisieren, leitete die Elektronik die volle Leistung ans Hinterrad der Open-Yamaha und brachte Bradl zu Sturz. Glücklicherweise blieb der Deutsche unverletzt. Das ohnehin angekratzte Selbstvertrauen dürfte durch den unverschuldeten Abflug einen weiteren Dämpfer erlitten haben.

Und auch am Renntag kam es zu einem Zwischenfall. Ducati-Werkspilot Andrea Iannone ruinierte sich sein Rennen, weil er vor dem Start den falschen Knopf drückte. Als der Italiener die Launch-Control aktivieren wollte, wechselte er ungewollt zum Regen-Setup und musste den Grand Prix mit dem falschen Mapping fahren. Dennoch gelang es Iannone, das Rennen auf Position sechs zu beenden, nachdem er beim Start weit zurückfiel.

Was lief bei Iannone schief?

Ducati-Teammanager Paolo Ciabatti versucht, zu erklären, was schief ging: "Wir haben am linken Stummel die Schalter, die Marelli auch den Open-Teams bereitstellt. Wir verwenden diese Schalter seit dem vergangenen Jahr, weil wir denken, dass es für uns von Vorteil ist. Über die Schalter können sehr viele Funktionen abgerufen werden. In der Mitte gibt es einen gelben Knopf - den Mode-Button. Oben gibt es einen blauen Knopf, der die Launch-Control aktiviert."

Paolo Ciabatti

Paolo Ciabatti: "Beim Fahren hat man keine Zeit, um das Mapping zu wechseln" Zoom

"Um das Mapping zu wechseln, muss man fünf Sekunden lang den gelben Knopf gedrückt halten. Wenn man gerade das Setup für trockene Bedingungen verwendet und den Knopf gedrückt hält, wechselt man automatisch zum Regen-Setup. Die Launch-Control aktiviert man, indem man den Knopf eine Sekunde lang drückt", schildert Ciabatti. "Das Kombiinstrument bestätigt das dem Fahrer."

Iannone drückte sozusagen den falschen Knopf zu lange. Nach dem Rennen nahm der Ducati-Pilot den Fehler auf seine Kappe. "Es hat Andreas Rennen ruiniert. Er hätte ein sehr gutes Rennen zeigen können. Wenn man bedenkt, dass er das komplette Rennen mit dem Regen-Setup fuhr, dann muss man festhalten, dass er ein sehr starkes Rennen fuhr", würdigt Ciabatti die Leistung seines Fahrers.

Rückkehr zum Trocken-Setup unmöglich

Normalerweise ist der Wechsel zwischen Trocken- und Regen-Setup die Aufgabe der Mechaniker. Die Fahrer wechseln lediglich zwischen unterschiedlichen Mappings für die jeweiligen Bedingungen. Mit der Zeit passen sich die Mappings beim Fahren an. Iannones Motorrad lief sozusagen gegen Rennende besser. Doch perfekt war das Setup der Elektronik zu keinem Zeitpunkt.

Der Ducati-Teammanager erklärt, wie sich die Elektronik in solch einem Fall anpasst: "Das System reguliert sich selbst nach. Zu Beginn ist es sozusagen richtig schlecht, doch mit der Zeit wird es besser. Doch festzuhalten ist, dass dieses Setup auf einer anderen Raddimension basiert und für Reifen mit einer anderen Konstruktion geschrieben wurde."


Fotos: MotoGP-Test in Jerez


"Wir verbringen Wochenende für Wochenende sehr viel Zeit damit, das Mapping zu optimieren. Wenn man sich darauf verlassen würde, dass es sich selbst optimiert, würden wir nicht so viel Zeit damit verbringen", betont Ciabatti, der von Iannones Leistung im Rennen begeistert war: "Wenn man die Bedingungen bedenkt, dann muss man festhalten, dass er ein außergewöhnlich starkes Rennen fuhr."

"Beim Fahren hat man keine Zeit, um das Mapping wieder zu wechseln. Normalerweise wechselt der Fahrer nie zwischen Regen- und Trocken-Setup sondern zwischen verschiedenen Mappings für die jeweiligen Bedingungen. Doch in Jerez trat dieser Fall ein", bedauert der Ducati-Teammanager. "Wir versuchen nun, auszuschließen, dass sich dieser Vorfall wiederholt."