• 07.08.2017 15:28

  • von Maria Reyer & David Emmett

Lorenzo über Brünn-Debakel: "Perfekte" Siegchance verspielt

Jorge Lorenzo holt in Brünn nur einen Zähler, obwohl er das Rennen zu Beginn sogar anführen konnte - Bikewechsel wird zum Desaster - Dovizioso Sechster

(Motorsport-Total.com) - Ducati kam mit einer neuen Verkleidung nach Brünn, die Superstar Jorge Lorenzo mehr Selbstvertrauen geben sollte. Nach dem Grand Prix von Tschechien steht zwar fest, dass dies gelungen ist. Jedoch konnten die Italiener ihre gute Pace im Rennen aufgrund taktischer Fehler nicht in ein Podium umwandeln. Lorenzo selbst meint sogar: "Heute wären die perfekten Bedingungen für den ersten Ducati-Sieg gewesen." Am Ende holte er knapp noch einen Zähler mit Rang 15, Teamkollege Andrea Dovizioso wurde Sechster.

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo fühlte sich in Brünn bereit für seinen ersten Sieg auf Ducati Zoom

"Wir hatten nicht die beste Strategie", erkennt der Italiener. "Es ist sehr schwierig, weil du bereits ein oder zwei Stunden vor dem Rennen über das zweite Bike entscheiden musst." Ducati machte den Fehler, beide Ersatzbikes auf Regen abzustimmen, obwohl die Strecke in Brünn bereits nach wenigen Runden stark abtrocknete. Während Sieger Marc Marquez schon Ende der zweiten Runde zum Bikewechsel abbog, musste in der roten Box erst noch geschraubt werden.

"Im Vorjahr hat die Strecke sehr langsam aufgetrocknet. Das war auch am Freitag oder im Moto3-Rennen so. Nur bei uns war es anders", muss Dovizioso frustriert zur Kenntnis nehmen. Er ging als einer der letzten Fahrer an die Box. "Aus zwei Gründen: Erstens war das Bike vorher nicht bereit. Und zweitens, weil ich vorher nicht das Gefühl hatte, reinfahren zu müssen." Ferner entschloss sich die Ducati-Mannschaft für den weichen Trockenreifen, ebenfalls eine Fehlentscheidung.

Lorenzo folgt Boxensignal: Ersatzbike noch nicht bereit

"Natürlich haben wir ein paar Fehler gemacht. Davon abgesehen, hatte ich eine wirklich gute Pace - obwohl ich mit dem weichen Reifen und keiner optimalen Einstellung unterwegs war. Ich konnte ohne das beste Paket von Platz 16 auf sechs fahren, das ist wirklich wichtig", freut er sich dennoch. In der WM-Wertung hat Dovizioso nun 21 Punkte Rückstand auf Marquez.

Auch Lorenzo muss sich eingestehen: "Unsere Entscheidung, auf ein Trocken-Set-up zu wechseln, kam zu spät. Marquez hatte das schon vorher geplant, das war sein Vorteil." Lorenzo kam in Runde vier an die Box. "Ich wollte nur ein oder zwei Runden mehr fahren, bevor ich sowieso in die Box gekommen wäre. Drei Kurven vor der Boxeneinfahrt habe ich dann ein Signal erhalten auf dem Dashboard, das mir den Bikewechsel angezeigt hat." Daraufhin hat der Mallorquiner reagiert. Er bog sofort in die Boxengasse ab - um dort nur wenig später zu sehen, dass sein zweites Bike noch nicht bereit war.

"Ich dachte, dass das Bike bereit sei - das war es jedoch nicht. Vielleicht hat das Team ein Risiko genommen und dieses Signal schon eine Runde zu früh gesendet, weil sie gesehen haben, wie schnell Marquez war", spekuliert Lorenzo. "Als ich das Signal gesehen habe, wollte ich sofort reinkommen. Sie wissen ja, wo ich mich auf der Strecke befinde. Aber wir sind ein Team. Viele Male passieren mir Fehler, manchmal eben auch dem Team."

"Habe gespürt, dass ich diese Chance hatte"

Nach seinem fulminanten Start und drei Führungsrunden fand sich der Ex-Weltmeister nach seinem Stopp nur auf dem 19. Rang wieder. "Als ich rausgefahren bin, habe ich mich seltsam gefühlt. Sie haben mir danach gesagt, dass mein Set-up halb trocken und halb nass eingestellt war. Daher konnte ich in den 18 verbleibenden Runden nicht schneller fahren."

Wären die Verhältnisse ähnlich schlecht gewesen wie beim Moto2-Rennen, dann hätte Lorenzo mit dem Sieg spekuliert. "Ich übertreibe nicht. Ich habe heute wirklich gespürt, dass ich diese Chance hatte", lässt er die Pressevertreter wissen. "Das Bike hat mir so viel Selbstvertrauen gegeben. Auch bei mehr Wasser auf der Strecke war ich sehr schnell. Aber wir hatten einfach Pech, dass genau in den 40 Minuten des MotoGP-Rennens die Strecke auftrocknete."


MotoGP in Brünn

Die Verkleidung hätte dabei gar nicht so eine große Rolle gespielt, gibt er an. "Ich denke nicht, dass das sehr viel Unterschied gemacht hat im Regen. Am Freitag war ich im Regen sehr schnell - ohne die Flügel. Ich habe nicht gepusht. Ich habe sogar zwei Runden zu früh aufgehört. Ich hätte noch viel schneller sein können. Ich habe mich gut gefühlt, aber ich wollte kein Risiko eingehen im ersten Training." Am nassen Freitagvormittag war der Ducati-Pilot auf dem dritten Platz zu finden. Auch im Warm-up fühlte er sich gut, was für Lorenzo sehr untypisch ist. In der Vergangenheit hatte er größte Probleme im Regen.

Zumindest hätte es für ein Top-10-Ergebnis reichen können, wäre sein Bike beim Wechsel bereit gewesen. Hätte er sogar um den Sieg fahren können? "Es wäre wirklich schwierig geworden, weil Marc sehr stark ist. Er ist einfach der Beste bei solchen Bedingungen. Er hat sehr schnell gewechselt und die Reifen schnell auf Temperatur gebracht. Ich bin da nicht der Beste", muss der Spanier einsehen. "Das ist die Wahrheit. Ich brauche immer mehr Zeit, um die Bedingungen auf der Strecke zu verstehen. Da verliere ich einige Sekunden." Im Ziel fehlten Lorenzo 40 Sekunden auf die Spitze.