• 23.03.2012 14:16

Jarvis: "Wir wollen spannende Rennen sehen"

Yamaha hat auch in diesem Jahr keinen Hauptsponsor gefunden - Teamchef Lin Jarvis spricht im Interview über die Zukunft der MotoGP

(Motorsport-Total.com) - Yamaha-Teamchef Lin Jarvis geht von einer spannenden MotoGP-Saison 2012 aus. Im Hintergrund muss er sich aber auch um die Zukunft des Sports kümmern. Themen wie Claiming-Rule, Kosteneffizienz und die Gestaltung des zukünftigen Kalenders stehen auf der Agenda von Dorna, FIM und MSMA. Wie schwierig die wirtschaftliche Lage ist, zeigt ein Blick auf die neue Yamaha M1. Es wurde auch für 2012 kein Hauptsponsor gefunden. Im Interview spricht Jarvis über die Zukunft des Sports und was er von seinen Fahrern Ben Spies und Jorge Lorenzo erwartet.

Titel-Bild zur News: Lin Jarvis

Lin Jarvis wünscht sich spannende Rennen und eine kostengünstige Meisterschaft

Frage: "Wie stark schätzt du Jorge und Ben in diesem Jahr im Titelkampf ein?"
Lin Jarvis: "Wenn man eine neue Saison beginnt, dann ist es zunächst wichtig, dass beide Fahrer in guter Form sind. Sie müssen gesund und ohne Verletzungen sein. Aus dieser Sicht hatten beide einen guten Winter. Ich sah sie bei beiden Sepang-Tests und sie sind in Topform. Ich glaube, sie haben jeden Grund dazu, dem ersten Rennen zuversichtlich entgegen zu blicken."

Frage: "Bei den Tests habt ihr wieder versucht Honda zu jagen. Machst du dir Sorgen?"
Jarvis: "Am Ende des zweiten Sepang-Tests waren wir bei der absoluten Zeit leicht hinter Honda. Es weiß aber niemand, wie sich die Saison schlussendlich im technischen Bereich darstellen wird. Wir haben zwei Tests auf der gleichen Strecke absolviert, beide in Sepang, aber in der Saison gibt es 18 verschiedene Kurse. Wir haben zwei Dinge in diesem Jahr gesehen. Auf der einen Seite der Wechsel auf 1.000 Kubikzentimeter. Das ist die fundamentalste Änderung. Dann gibt es noch die Änderungen bei den Reifen, die auch sehr wichtig sind."

"Alle begannen mit der Entwicklung ihrer Motorräder anhand des neuen Reglements. Die neuen Reifen sorgen für eine andere Charakteristik, mit denen die Fahrer und die Hersteller umgehen müssen. Obwohl Honda beim letzten Test schneller war als wir, hatten sie ihre eigenen Probleme. Jetzt beginnt der Test in Jerez und es gibt viele verschiedene Strecken. Es wird interessant sein zu sehen, wie jedes Motorrad ist und welche Stärken und Schwächen es auf den jeweiligen Strecken hat."

Frage: "Werden die neuen 1.000er für engere und aufregendere Rennen sorgen als die 800er?"
Jarvis: "Das ist schwierig vorherzusagen. Die Regeländerung bringt aber alle zum gleichen Startpunkt. Deshalb glaube ich, dass die Motorräder zu Saisonbeginn näher beisammen liegen werden. Werden die Rennen spannender? Ich weiß es nicht. Wir müssen abwarten. Die 1.000er sind anders, die Motorräder sind schwerer und kräftiger. Die Reifen sind auch anders. Ich freue mich auf die Saison und glaube, dass wir tolle Rennen erleben werden."


Fotos: Präsentation der Yamaha M1


Frage: "In den Medien wird viel über das Verhältnis zwischen der MSMA und der Dorna bezüglich der Regeln für 2013 diskutiert. Gibt es die Möglichkeit, dass ihr aussteigt, oder gibt es eine gemeinsame Grundlage?"
Jarvis: "Das ist eine starke Aussage. Es gibt viele Diskussionen. Es ist wichtig zu sagen, dass es Ende vergangenen Jahres einige unterschiedliche Meinungen zwischen den Teilnehmern und dem Promoter gegeben hat. Die Situation hat sich seit Beginn diesen Jahres geändert. Jetzt ist die Zusammenarbeit besser."


Interview mit Lin Jarvis

"Es gibt nun ein besseres Verständnis. Wir sind hier gemeinsam, haben aber unterschiedliche Sichtweisen und Meinungen. Wir müssen aber eine Meisterschaft sehen, in der der Promoter wachsen und ein gutes Business machen kann. Es müssen auch die Hersteller präsent sein und Privatiers müssen teilnehmen können. Wichtig ist, dass wir in den kommenden Monaten gute Gespräche führen und die richtigen Pläne für die Zukunft schmieden. Wir müssen sicherlich Änderungen vornehmen, die auf der Kostensenkung basieren. Jeder ist sich der aktuellen wirtschaftlichen Situation bewusst. Wir müssen einen Sport schaffen, der tolles Racing schafft und eine weltweite Bühne hat, aber gleichzeitig leistbar ist."

Frage: "Die MotoGP ist die einzige Weltmeisterschaft in der Yamaha noch präsent ist. Erhöht das den Stellenwert für Yamaha?"
Jarvis: "Ja ich glaube schon. Die wirtschaftlichen Bedingungen sind im Moment sehr hart. Leider hat das dazu geführt, dass sich Yamaha von einigen anderen Serien zurückgezogen hat. MotoGP ist die einzige Weltmeisterschaft für uns. Sie war schon immer sehr wichtig für uns und ich glaube, das erhöht die Wichtigkeit und die Bedeutung weiter. Wenn sich Yamaha über den Rennsport promoten will, dann ist die MotoGP die Königsklasse und die Serie, an der wir teilnehmen."

Frage: "Was wünscht sich Yamaha in Zukunft von der MotoGP?"
Jarvis: "Es ist wichtig, dass man zukünftige Pläne gemeinsam mit dem Promoter, der FIM und den anderen Herstellern macht, damit der Sport zukunftsfähig ist. Wir wollen aufregende Rennen sehen und wir wollen weltweite Veranstaltungen sehen. Aus verschiedenen Gründen wurde der Sport von Südeuropa dominiert, wo wir in jüngster Zeit viele Rennen hatten. Ich möchte lieber eine globale Situation sehen. Wir wollen Rennen in Südamerika und Asien, aber wir wollen die starken Rennen in Europa behalten. Der Sport soll eine aufregende Show bieten, aber gleichzeitig leistbar bleiben. Er soll auch attraktiv für weitere Sponsoren und kommerzielle Partner werden, nicht nur aus kommerzieller Sicht, aber auch für die Aufmerksamkeit die man bekommt, wenn man große Marken hat. Es soll ein guter, solider, mittelfristiger Plan werden."


Die neue Yamaha YZR M1

Frage: "Du hattest gesagt, dass du mit Bens Resultaten im Vorjahr nicht ganz zufrieden warst. Was erwartest du von ihm in dieser Saison?"
Jarvis: "Ich wurde so zitiert, aber manchmal wird man falsch interpretiert, wenn Passagen aus einem langen Interview genommen werden. Meine Einschätzung seiner Performance ist, dass er gegen Jahresende das Potenzial hatte, in der WM etwas weiter vorne zu sein. Es war seine erste volle Saison in unserem Werksteam. Soweit ich jetzt in Sepang gesehen habe, ist er physisch und mental stärker geworden. Die Erfahrung aus dem Vorjahr wird sich auch als nützlich erweisen. Er hat in Assen ein Rennen gewonnen, was toll war. Ich erwarte, dass er in diesem Jahr mehr Rennen gewinnen wird. Er hat sein Potenzial in der MotoGP noch nicht ausgeschöpft."

Frage: "Jorge war im Vorjahr ein Titelanwärter. Was erwartest du diesmal von ihm?"
Jarvis: "Wenn man seine letzten drei Jahre ansieht, dann war er Zweiter, Erster und Zweiter. Jetzt ist also wieder Platz eins dran. Ich glaube, er hat das Potenzial dazu. Für mich gibt es derzeit zwei Fahrer, die über allen anderen stehen. Das sind Casey Stoner und Jorge Lorenzo. Jorge hat die Kapazitäten um den WM-Titel in diesem Jahr zu gewinnen. Ich habe keine Zweifel. Wir müssen abwarten, wie sich das Motorrad und der Wettbewerb entwickeln wird. Es ist eine lange Saison und viel kann passieren. Ich erwarte aber, dass Jorge viele Rennen gewinnen wird."

Frage: "Die Tech-3-Fahrer haben bei den Testfahrten gute Resultate gezeigt. Wie schätzt du ihre Chancen ein?"
Jarvis: "Das wird sehr interessant. Andrea ist der Neuling im Trech-3-Team. Er kommt von Honda zu Yamaha und musste im Winter auch noch mit seiner Schulterverletzung, die er sich beim Motocross zugezogen hat, umgehen. Beim letzten Sepang-Test war er Dritter. Das zeigt, dass er sich gut umgestellt und den Speed hat. Cal ist beim letzten Test ebenfalls konkurrenzfähige Zeiten gefahren. Ich glaube, Tech 3 wird in diesem Jahr starke Resultate zeigen und vielleicht sogar ein Rennen gewinnen."

Frage: "Findest du die CR-Teams gut, oder sind sie eine Straßenblockade für die anderen Fahrer?"
Jarvis: "Das ist noch zu früh zu sagen. Wir haben erst einmal mit einigen CRT-Fahrern getestet. Beim Test in Jerez werden alle dabei sein und wir werden die Konkurrenzfähigkeit der CRTs besser einschätzen können. Ich finde, es ist begrüßenswert, weil aufgrund der wirtschaftlichen Situation die Starterfelder immer kleiner wurden. Von der Performance erwarte ich nicht, dass CR-Teams um das Podium oder Siege kämpfen werden können. Ich erwarte es nicht, obwohl es passieren könnte. Ein CRT hängt von zwei Faktoren ab: von der Performance und dem Potenzial des Motorrades, sowie vom Fahrer."

"In Zukunft ist wichtig, dass nicht nur die Teams auf einem Toplevel sind, sondern auch die Fahrer, weil die Sicherheit in der MotoGP sehr wichtig ist. Wir wollen auch mehr Teilnehmer, aber es ist wichtig, dass sie auf einem Topniveau sind."