Hofmann: "Für MotoGP sehe ich sehr schwarz!"

Alex Hofmann erläutert im ausführlichen Interview seinen Rausschmiss bei D'Antin und übt scharfe Kritik am Team - MotoGP-Traum vorerst ausgeträumt

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Grand Prix von Portugal, den er mit dem Ersatzmotorrad aus der Boxengasse in Angriff genommen und schlussendlich an aussichtsloser Position liegend aufgegeben hatte, überschlugen sich gestern die Ereignisse um den einzigen deutschen MotoGP-Fahrer - und erst um 1:21 Uhr morgens wurde bekannt gegeben: D'Antin trennt sich mit sofortiger Wirkung von Alex Hofmann!

Titel-Bild zur News: Alex Hofmann

Enttäuscht: Alex Hofmann wird in den verbleibenden Rennen nicht am Start sein

Tags darauf erläutert der Wahlschweizer in einem ausführlichen Exklusivinterview mit 'Motorsport-Total.com' die Hintergründe der Trennung und warum er glaubt, dass dabei politische Interessen im Vordergrund standen. Am Telefon bekamen wir einen offensichtlich niedergeschlagenen Rennsportler zu hören, der äußerst verärgert darüber ist, was sich seit seinem schweren Trainingsunfall in Laguna Seca und der anschließenden Verletzungspause abgespielt hat.#w1#

Hofmann erfuhr in einem Einzeiler von der Entlassung

Frage: "Alex, erzähl doch einfach mal, was gestern ab dem Zeitpunkt passiert ist, als du in Estoril vom Motorrad abgestiegen bist!"
Alex Hofmann: "Eigentlich nicht viel. Ich muss gestehen, ich will mir momentan keine Gedanken darüber machen, was wirklich dahinter steckt. Es ist halt hart für mich, den Vorwurf der Nichtmotivation auf mir sitzen zu lassen. Der ist einfach nicht angebracht, nachdem ich für Herrn D'Antin auch im letzten Jahr in einer aussichtslosen Lage immer mein Bestes gegeben habe. Im Endeffekt ist nicht viel passiert, außer dass sich das Team zusammengesetzt und die Entscheidung getroffen hat, mich aus den letzten vier Rennen zu nehmen. Sie berufen sich auf eine Klausel, auf die ich nicht näher eingehen will - das tut auch nichts zur Sache. Heute Früh war das Thema dann fürs Erste gegessen."

"Es war in Portugal einfach das überlaufende Fass." Alex Hofmann

Frage: "Ich muss da natürlich nachhaken: Kannst du auf diese Klausel eingehen?"
Hofmann: "Nein, das kann ich nicht machen, aber das tut wie gesagt nichts zur Sache. Was soll ich sagen? Es ist eine Situation, die nicht befriedigend ist, nicht befriedigend war schon davor. Es war in Portugal einfach das überlaufende Fass."

Frage: "Die Pressemitteilung kam bei uns in der Redaktion mitten in der Nacht an. Wie hast du davon erfahren?"
Hofmann: "Ich habe von einem Teammitglied ein Papier überreicht bekommen, einen Einzeiler. Das wurde mir gestern ins Motorhome gebracht."

Frage: "Noch am Nachmittag?"
Hofmann: "Gestern Abend."

Frage: "Hat sich das alles schon vor Estoril abgezeichnet oder kam es für dich völlig überraschend?"
Hofmann: "Seit dem Laguna-Seca-Crash gab es schon gewisse Anzeichen, auch wenn ich an dem Tag gewiss der Unschuldigste war und derjenige, der nichts falsch gemacht hat. Aber danach war es schon ein relativer Kampf - vor Misano musste ich schon kurz mal auf mein Recht pochen, um da überhaupt an den Start zu gehen und mich durchzusetzen. Da gab es schon Interessen, eher andere Leute draufzusetzen."

Noch kann "The Hoff" nicht ganz auspacken...

"Aber wie gesagt: Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich nicht viel sagen. Vielleicht wird irgendwann der Tag kommen, an dem ich ein bisschen ausrollen kann, was da alles politisch gelaufen ist, aber zum jetzigen Zeitpunkt muss ich meine Interessen wahren und gucken, dass wir dieses Jahr mein Recht zu Ende bringen."

"Ich bin generell kein Rennfahrer, der immer nur nickt und zu allem Ja und Amen sagt." Alex Hofmann

Frage: "Ich lege dir jetzt mal eine Aussage in den Mund: Du hast das Gefühl, dass die Planung für 2008 schon anders war, also kam D'Antin diese Sache gerade recht bequem..."
Hofmann: "Das kam gewiss dazu. Beide Parteien waren nicht wirklich zufrieden. Ich bin generell kein Rennfahrer, der immer nur nickt und zu allem Ja und Amen sagt. Das war nie meine Art - es war nie meine Art, so Rennsport zu machen. Es waren einfach Riesenlücken in der Auffassung vom Rennsport da - und die gab es schon länger. Ich habe mein Ziel MotoGP immer in den Augen gehabt und musste in die Richtung sehr viel ertragen, aber irgendwann kam einfach der Zeitpunkt, an dem es zu viel wurde. Für das nächste Jahr haben sie mich nicht mehr vorgesehen, daher ist es dann für das Team relativ leicht - die vier Rennen mehr oder weniger machen dann auch keinen Unterschied mehr."

Frage: "Du warst ja auch in Laguna Seca schon verärgert über das Team. Gab es davor schon Unstimmigkeiten oder ist alles erst durch den Unfall ins Rollen gekommen?"
Hofmann: "Jeder Mensch hat seinen Ruf, Teams haben auch ihren Ruf. Jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt, weiß, wovon ich da beim Team D'Antin rede. Es war wirklich das Team, um weiter in der MotoGP zu bleiben und meinen Traum zu verwirklichen, aber ich habe es mir gewiss nicht ausgesucht. Stimmungstechnisch habe ich schon in einige saure Äpfel gebissen. In schwierigen Situationen zeigt sich erst der Teamrückhalt, zeigen sich die Interessen."

"Da war Laguna Seca einfach ein Knackpunkt, wie sich das Management verhalten hat. Es geht nicht mal um den Ersatzmann, sondern es geht darum, dass gesagt wurde: 'Wir nehmen die Lederkombi von Herrn Hofmann ohne nachzufragen aus der Box raus und stecken den anderen Fahrer rein, bevor er überhaupt operiert ist!' Das sind so ein paar Geschichten, die da gelaufen sind und die natürlich nicht dazu beigetragen haben, dass wir uns besser verstehen."

Enttäuschung ist natürlich riesengroß

Frage: "Du klingst niedergeschlagen. Wie geht es dir im Kopf, wie steckst du das weg?"
Hofmann: "Ich bin natürlich riesig enttäuscht! Ich habe ja auch schon viele E-Mails zur Motivation bekommen. Ich bin für die Fans fast mehr enttäuscht als für mich selber, weil für mich einfach das Fass voll war und der Spaß nicht mehr wirklich regiert hat. Aber ich habe trotzdem nach all den Verletzungen und nach all den Problemen immer wieder 100 Prozent gegeben, habe mich - während die anderen im Sommerurlaub waren - jeden Tag zu Ärzten und Physiotherapeuten geschleppt, um so schnell wie möglich zurückzukommen, um weiter an diesem Traum festzuhalten."

Alex Hofmann

So fing alles an: Schwerer Sturz nach der Kollision mit Sylvain Guintoli in den USA Zoom

"Dementsprechend finde ich es superschade, was passiert ist, auch superschade für die Fans, denn ich bin mir sicher, dass dieses Jahr noch das eine oder andere gute Rennen herausgekommen wäre, wenn meine Hand und meine körperliche Verfassung wieder hundertprozentig gewesen wären und wenn ich mal ein gutes Wochenende gehabt hätte."

Frage: "Wie geht es deiner Hand eigentlich jetzt?"
Hofmann: "Sagen wir so: Ich bin mir ziemlich sicher, dass man bei manchen Krankenversicherungen noch die Auszeit nehmen könnte, aber wir Rennfahrer haben da ja andere Maßstäbe und andere Ziele. Aber die Hand macht sich sehr gut - und jetzt habe ich ja die letzte Ruhe, um mich drum zu kümmern und das wieder hundertprozentig hinzukriegen. Im Winter stehen natürlich wieder Operationen an. Im Rahmen für das, was in Laguna Seca passiert ist, ist es aber sehr gut gelaufen."

Frage: "Bist du nach wie vor in Therapie?"
Hofmann: "Ja, natürlich. Die volle Bewegung ist noch nicht da, die Kraft ist noch nicht da. Deswegen reden wir noch nicht von 100 Prozent, aber es war gut genug, um auf dem Motorrad eine ordentliche Arbeit abzuliefern - aber gewiss nicht optimal."

Frage: "Hast du dich nach dem Unfall eigentlich mal mit Sylvain Guintoli unterhalten?"
Hofmann: "Er hat versucht, sich zu erklären, aber das war vier Wochen später in Brünn - und ich muss gestehen, zu dem Zeitpunkt wollte ich davon wirklich nichts mehr wissen."

Frage: "Er hat sich also nie entschuldigt?"
Hofmann: "Es kam eine SMS nach dem Unfall damals."

Schlechte Karten auf einen MotoGP-Platz 2008

Frage: "Du hast gesagt, die MotoGP ist dein Traum - der ist für dieses Jahr ausgeträumt. Gibt es für nächstes Jahr Kontakte, diesen Traum doch weiterzuverfolgen?"
Hofmann: "Momentan ist sicher erst einmal angesagt, durchzuatmen und die Aktion hier zu Ende zu bringen und einfach mal zu prüfen, was ich aus diesem Jahr noch machen kann. Da hängt natürlich ein bisschen was dran. Darüber hinaus werde ich mir wirklich meine Zeit nehmen und ganz klar prüfen, wie es weitergeht. Ganz oben steht bei mir, für die Zukunft im Motorradrennsport unterzukommen - wo ich mich wieder wohl fühle, wo ich Spaß habe, weil das jetzt gewiss nicht das Ambiente war, um absolut erfolgreich zu sein. Ich bin mir auch sicher, dass ich das in Zukunft zeigen werde. Aber das tut nichts zur Sache."

"Für MotoGP sehe ich momentan sehr schwarz." Alex Hofmann

"Es geht darum, dass ich den Rennsport wieder mit Leidenschaft und Spaß ausüben möchte. Da würde ich gerne gucken, in welche Richtung das geht. Für MotoGP sehe ich momentan sehr schwarz - außer es tut sich noch was auf, wovon wir momentan nichts wissen. Und selbst wenn es der Fall ist, bin ich mir sicher, dass es wieder einer der Plätze wäre, um die Startaufstellung zu füllen. Das werde ich mir dann natürlich dreimal überlegen."

Frage: "Du stehst mit dem alpha-Technik-Team bezüglich des Superbike-Projekts für BMW in Kontakt. Was ist da der Stand der Dinge?"
Hofmann: "Der Kontakt besteht, aber wir müssen natürlich erstmal die Zeit finden, dass man sich zusammensetzt, ob beide Parteien Spaß und Interesse dran hätten, da zusammenzuarbeiten. Mehr ist da noch nicht passiert. Das ist in weiter Ferne."

"Aber wie gesagt: Mir geht es erst einmal darum, alles zu verarbeiten und ein bisschen durchzuschnaufen, weil was da in dieser kurzen Zeit passiert ist, hätte ich mir nicht in den schlimmsten Albträumen ausgemalt. Meistens kommt es anders als man denkt. Darüber hinaus ist das ganz klare Ziel, Motorsport zu machen, aber in einem Umfeld, in dem alle Leute am gleichen Strang ziehen und die Politik nicht über dem Sport regiert. Das ist mein höchstes Interesse."