Interview: Was steckt hinter der Superstars-Serie?

Großer Name, (noch) kleine Bekanntheit: Berater Falk Eigler erklärt, was die Superstars-Serie eigentlich ist und wie sie in den nächsten Jahren wachsen will

(Motorsport-Total.com) - Wenn in Deutschland das Wort "Superstars" fällt, dann denken viele spontan an Dieter Bohlen und seine Castingshow. Doch unter dem gleichen Namen gibt es auch eine hochinteressante Rennserie, die sich gerade anschickt, der DTM und der WTCC Konkurrenz zu machen: die derzeit vor allem italienisch dominierte Superstars-Serie.

Titel-Bild zur News: Falk Eigler

Falk Eigler ist heute als deutscher Berater der Superstars-Serie tätig

Der erfahrene deutsche Motorsportmanager Falk Eigler, früher unter anderem Teamchef in der Formel 1, in der DTM und bei Joest, kümmert sich seit 2007 vor allem um die Expansion der Superstars-Serie auf dem deutschen und europäischen Markt. Obwohl er schon viele Facetten des internationalen Motorsports hautnah miterlebt hat, ist er vom Potenzial der Superstars-Serie überzeugt. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärt der Nürnberger, was eigentlich hinter dem von FG Sport (Flammini) geleiteten Projekt steckt und wie es in den nächsten Jahren weiter wachsen soll.

Frage: "Falk, du wurdest von der Superstars-Serie als Berater engagiert. Was hast du davor über die Superstars-Serie gewusst?"
Falk Eigler: "Gar nichts! Man muss aber auch dazusagen: Das ist mehr als drei Jahre her. Daniel Audetto, der damalige Technische Direktor des Formel-1-Teams Super Aguri, hat mir empfohlen, mich einmal mit dieser - seinerzeit von seinem Sohn Gregory gemanagten - Rennserie zu befassen. Also habe ich mir 2007 in Misano zum ersten Mal ein Superstars-Rennen live angesehen."

DTM und WTCC als Refernzserien

Frage: "Dabei hast du offensichtlich ein gewisses Potenzial gesehen, sonst hättest du es ja nicht gemacht. Klar ist, dass die Superstars-Serie nie Formel-1-Niveau erreichen wird, aber wie weit kann die Reise denn gehen? Der Name legt die Latte ja schon recht hoch..."
Eigler: "Ich denke, dass die Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC; Anm. d. Red.) ein Maßstab ist. Diese bietet aber gewisse Nachteile gegenüber der Superstars-Serie, vor allem in Kostenfragen und auch in der Art der Autos."

"Wenn man will, kann man auch mit der DTM Vergleiche ziehen, nur sind wir in Sachen Markenvielfalt und Spannung deutlich besser aufgestellt. Was allerdings sowohl bei der DTM wie auch bei uns noch auszubauen ist, sind die internationale Verbreitung und die internationale Medienpräsenz."

Frage: "Lese ich aus deiner Antwort richtig heraus, dass eine Mischung aus den Vorzügen von DTM und WTCC der Idealzustand wäre? Also die technische Finesse der Autos eher von der DTM, die Zugänglichkeit eher von der WTCC?"
Eigler: "Nein, hinsichtlich der Technik ist die DTM überhaupt kein Vorbild. Die Superstars-Serie hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln relativ hohe PS-Zahlen und gute Rundenzeiten realisiert werden. Das soll so bleiben und nicht kostenintensiver gestaltet werden."

Frage: "Mit welcher aktuellen Rennserie würdest du die Superstars-Serie am ehesten vergleichen, vor allem von den Autos her?"
Eigler: "Was die Technik betrifft, in etwa mit den australischen V8-Supercars. Ansonsten sind die Serien nicht vergleichbar, denn in Australien sind mit Ford und Holden nur zwei Marken vertreten. Wir hatten 2010 bereits neun Fahrzeugmarken und wissen, dass 2011 noch eine weitere hinzukommen wird."

Motorwechsel in der Superstars-Serie

Es gibt auch mal einen Motorwechsel aus nächster Nähe zu sehen... Zoom

Frage: "Welche?"
Eigler: "Lexus."

Frage: "Bleiben wir doch gleich beim Thema: Welche Hersteller habt ihr sonst noch an Bord?"
Eigler: "In der provisorischen Nennliste für 2011 scheinen derzeit 19 Teams mit 43 Fahrzeugen von zehn verschiedenen Marken auf. Bei diesen Marken handelt es sich um Audi, BMW, Cadillac, Chevrolet, Chrysler, Jaguar, Lexus, Maserati, Mercedes und Porsche mit dem Panamera. Die Keimzelle der Superstars-Serie haben einst BMW-Teams gebildet. Das war sowohl der 5er wie auch der M5. Dann kamen Marken wie Jaguar, Mercedes, Chrysler dazu - und in den letzten zwei Jahren hat es sich mit Marken wie Chevrolet, Cadillac, Maserati, Porsche und jetzt Lexus rapide erweitert."

Marken: Der DTM weit überlegen

Frage: "Mit so vielen Marken unterscheidet ihr euch stark von anderen Rennserien..."
Eigler: "Die DTM beispielsweise ist viele Jahre lang mit nur zwei Marken gefahren und freut sich wie ein Schneekönig, dass ab übernächstem Jahr eine dritte dazukommt. Darüber können wir milde lächeln, denn wir hatten bisher neun Marken und werden ab 2011 zehn haben. Damit ist wohl auch das Maximum erreicht, denn mir fällt auf Anhieb gar keine weitere Marke in der Kategorie ein, die noch dazukommen könnte."

Frage: "Handelt es sich dabei um echte Werksteams oder zumindest Semi-Werksteams?"
Eigler: "Zum Teil werksunterstützte Teams. Dabei handelt es sich um die Teams Audi Italia und BMW Italia."

Frage: "Welche Autos treten denn bei euch an, aus technischer Sicht betrachtet?"
Eigler: "Es handelt sich um Serienlimousinen mit der jeweils höchst verfügbaren Motorisierung, sprich acht Zylinder mit drei bis sieben Liter Hubraum. Im Technischen Reglement gibt es außerdem einen Kit-Bereich, in dem mögliche Tuningvarianten festgeschrieben sind."

"BMW und Mercedes-AMG beispielsweise haben solche Fahrzeuge im Programm. Diese Modelle werden als Basis genommen. Dann erfolgt der Umbau nach unseren Sicherheitsbestimmungen: Die ganze Innenausstattung wird ausgeräumt und es kommt stattdessen ein Überrollkäfig und ein Sicherheitstank hinein. Anschließend sind nur noch geringfügige und streng reglementierte Änderungen an Fahrwerk und Bremsen möglich."


Fotos: Superstars-Saisonfinale, Backstage


Frage: "Kommen wir zu den Fahrern. Hattet ihr in den vergangenen Jahren auch einige bekannte Namen dabei? Und wenn ja, welche?"
Eigler: "Der ehemalige Formel-1-Fahrer Gianni Morbidelli war von Anfang an dabei und hat der Serie in den vergangenen drei Jahren seinen Stempel aufgedrückt. Ebenfalls seit vielen Jahren dabei ist Kristian Ghedina, den man eher aus dem Skisport kennt, der inzwischen jedoch auch ein respektabler Rennfahrer ist. Mit seiner Popularität hat er sehr geholfen, die Superstars-Serie speziell in Italien bekannt zu machen."

"Ansonsten gab es viele italienische Fahrergrößen, die in Deutschland weniger bekannt sind. Deren Biografien sind aber teilweise sehr beeindruckend. Und aktuell haben wir natürlich den zweifachen FIA-GT-Weltmeister Thomas Biagi, der dieses Jahr Meister wurde, und den dreifachen Grand-Prix-Sieger Johnny Herbert, den viele noch als Teamkollege von Michael Schumacher bei Benetton kennen."

Herbert ist und bleibt Aushängeschild

"Johnny ist ein sehr gutes Aushängeschild für die Superstars-Serie. Fabrizio Giovanardi möchte ich auch nicht unerwähnt lassen. Insofern halte ich das Fahrerfeld für eine gute Mischung aus Privatiers, erfahrenen Profis aus höherklassigen Rennserien und jungen Talenten wie unseren aktuellen Vizemeister Luigi Ferrara."

Frage: "Steht schon fest, ob Johnny Herbert und Thomas Biagi, die beiden derzeitigen Stars der Serie, weitermachen werden?"
Eigler: "Soweit ich weiß ja."

Frage: "Gibt es andere große Namen, die hinzukommen könnten und die man auch in Deutschland kennt?"
Eigler: "Wir arbeiten daran, einen deutschen Fahrer zu gewinnen, der in etwa mit Herbert und Biagi auf einer Stufe steht."

Frage: "Als Motorsport-Purist wäre es dir wahrscheinlich am liebsten, eigene Superstars hochzuziehen und nicht alte Stars aus anderen Serien zu holen, die nur ihre Karriere ausklingen lassen, oder?"
Eigler: "Theoretisch stimmt das, aber ich bin Realist und weiß, dass es notwendig ist, ein, zwei Zugpferde dabei zu haben, die die Welt kennt. Um bekannt zu werden, muss jemand das schon seit Jahren machen."

Johnny Herbert

Ex-Formel-1-Pilot Johnny Herbert ist sozusagen der "Superstar" der Serie Zoom

"Das Problem ist ja, dass die jungen Talente anfangs natürlich noch unbekannt sind. Bis sie dann richtig bekannt werden, vergehen viele Jahre - und dann zählen sie schon wieder zu den Älteren. Insofern sollte man, ähnlich wie in der DTM, eine gesunde Mischung haben: einige Ex-Formel-1-Fahrer, einige altbekannte Tourenwagen-Haudegen und dazu noch nachkommende Talente, die aus dem Formelsport zu uns wechseln. Ansatzweise haben wir das schon verwirklicht."

Frage: "Was macht die Superstars-Serie für den Live-Zuschauer vor Ort besonders interessant, auch im Vergleich zur Formel 1 oder zur DTM?"
Eigler: "Die Formel 1 als Vergleich heranzuziehen, ist weit hergeholt. Bei der Superstars-Serie ist das Live-Erlebnis für die Zuschauer aber ein ganz anderes, weil sie viel näher rankommen."

Keine dominanten Teams

"Die Rennen sind durch die Chancengleichheit der Autos enorm spannend und actionreich. Wir haben ja Autos von komplett unterschiedlicher Herkunft, die sich auf der Straße in ihrer Leistung stark unterscheiden - sei es vom Fahrwerk oder vom Motor her. In der Superstars-Serie werden sie so eingeregelt und angeglichen, dass letztendlich der Fahrer den Ausschlag gibt. Es gibt kein bestimmtes Fahrzeug, das alle Rennen gewinnt, und es gibt keines, das nie eine Chance hat. Dadurch haben wir sehr spannende und ausgeglichene Rennen."

"Außerdem ist jeder, der die Superstars-Serie zum ersten Mal vor Ort erlebt, von der Geräuschkulisse beeindruckt. Es sind ausschließlich V8-Motoren mit ihrem typischen Grollen, das im Gegensatz zur Formel 1 jedoch von Marke zu Marke verschieden ist. Man kann die einzelnen Autos durchaus am Klang erkennen. Alle zusammen ergeben ein beeindruckendes 'Konzert'."

"Dazu kommt, dass sich die Gestaltung des Fahrerlagers komplett von anderen Rennserien wie beispielsweise der DTM unterscheidet. Wir verstecken die Autos und die Teams nicht in den Boxen, sondern wir bauen im Fahrerlager ein 'Superstars-Dorf' auf - eine Art Marktplatz, auf dem die Teams mit ihren Trucks und mit ihren offenen Zelten stehen. Die Fans können dazwischen flanieren und haben komplette Einsicht in die Arbeit der Mechaniker an den Autos."

Frage: "Und man kommt für sehr wenig Geld sehr nahe ran, nicht wahr?"
Eigler: "Ja. Die Eintrittspreise bewegen sich im Bereich von 15 bis 20 Euro. Die Fahrerlager-Karten werden von Veranstaltung zu Veranstaltung verschieden gehandhabt. Mancherorts kosten sie gar nichts, mancherorts bis zu zehn Euro. Aber mit ungefähr 25 Euro hat man in der Regel einen Tribünenplatz und Zugang zum Fahrerlager."

Rennaction in der Superstars-Serie

Gute Rennaction ist in der Superstars-Serie nichts Ungewöhnliches Zoom

Frage: "Wo können sich deutsche Motorsport-Fans über die Superstars-Serie informieren?"
Eigler: "Erstens natürlich am besten live, speziell in Hockenheim (11.September 2011) und Spa-Francorchamps (7. August; Anm. d. Red.). In den europäischen Ländern erfolgt die TV-Abdeckung unter anderem durch 'Sky', 'Motors TV', 'Car Channel', 'Sport 5' und 'Nuvolari TV'. Mit WIGE Media haben wir den gleichen TV-Vermarkter wie die DTM. Und natürlich in Fachmedien wie bei 'Motorsport-Total.com' sowie über die offizielle Internetseite eurosuperstars.com."

Frage: "Derzeit haftet der Superstars-Serie noch ein sehr italienisches Image an, aber der Plan ist, europaweit zu expandieren. Wie?"
Eigler: "In erster Linie durch Auftritte in neuen Ländern. Das ist schon dieses Jahr passiert, unter anderem mit den Rennen in Hockenheim. Neu sind Spa-Francorchamps und Donington. Mit diesen drei Rennen sind wir in Mittel- und Nordeuropa präsent. In Südeuropa bleibt Portimão Bestandteil des Kalenders und Valencia kommt neu hinzu."

Konzentration auf Europa

Frage: "Dafür wurden die Südafrika-Rennen in Kyalami gestrichen. Die Internationalisierung bleibt also vorerst auf Europa beschränkt, richtig?"
Eigler: "Ja. Das ist aus Kostengründen auch vernünftig."

Frage: "Ist es denn geplant, auch Teams anzulocken, die nicht aus Italien stammen?"
Eigler: "Lieber heute als morgen! So viel kann ich schon verraten: In unserer provisorischen Nennliste für 2011 stehen auch ein Team aus Spanien und eines aus der Schweiz. Es entwickelt sich."

Frage: "Du kennst die Serie nun schon seit einigen Jahren. Gibt es Superstars-Momente, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?"
Eigler: "Da gibt es viele, aber was für mich jedes Mal ein Höhepunkt ist, ist die Action auf der Strecke. Es werden teilweise sehr harte Kämpfe geführt - nicht immer nur zwischen zwei Konkurrenten, sondern oft auch unter Kampfgruppen, die aus fünf oder sechs Autos bestehen."

"Da balgt man sich von Anfang bis Ende mit ständig wechselnden Positionen! Das ist in vielen anderen Rennserien in der Form nicht gegeben, weil sich dort die Positionen aufgrund der Technik oft schon früh sortieren. In der Superstars-Serie dauern die Rad-an-Rad-Kämpfe bis zur letzten Runde. Oft fällt die Entscheidung auch erst ein, zwei Kurven vor der Ziellinie."

Superstars-Mechaniker beim Pizzaessen

Das italienische Flair kann (und will) die Superstars-Serie nicht leugnen Zoom

"Da ist einerseits also der sportliche Bereich, den ich eindrucksvoll finde, und andererseits ist es noch das Ambiente. Das Fahrerlager-Ambiente ist wirklich einmalig, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass die Serie derzeit noch stark von Italienern geprägt wird. Dieses mediterrane Flair bleibt hoffentlich, auch wenn in Zukunft auch Deutsche, Engländer und Franzosen stärker mitmischen."

Frage: "Möchtest du abschließend noch etwas anfügen?"
Eigler: "Ich möchte vielleicht noch einmal die relativ simple technische Machbarkeit betonen. Ein Superstars-Auto rennfertig auf die Räder zu stellen, ist kostengünstig. Chancengleichheit im Rennen und Erlebnis für die Zuschauer stehen bei der Superstars-Serie im Vordergrund. Nicht zuletzt sind die Autos der Superstars-Serie auch Traumautos wie beispielsweise Porsche und Maserati. Und nicht jeder, der zum Beispiel einen BMW oder Mercedes besitzt, kann sich gleich einen BMW M3 oder einen Mercedes-AMG kaufen. Bei uns fahren solche Traumautos im Rennen gegeneinander."

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